Was bringt einen Menschen zum Blühen?

Veranstaltung über positive Psychologie zum ersten Mal in Rumänien

Die britische Expertin Vanessa King leitete die erste Werkstatt über positive Psychologie in Rumänien im Rahmen der Konferenz über Glück.
Foto: Aida Ivan

Begegnet man Psychologen, reagiert man meistens auf eine ganz bestimmte Weise – man will weg von ihnen. Und möglichst schnell. Zwar sind die Seelenärzte dafür bekannt, dass sie Störungen an einer Person suchen, um sie an die Oberfläche zu bringen. Seit langer Zeit werden Depression, Angst, Schizophrenie und verschiedene Geistesstörungen intensiv untersucht. Das reicht aber nicht aus, meint einer der führenden amerikanischen Psychologen, Martin Seligman. Der ehemalige Präsident der American Psychological Association (dt. Amerikanischer Verein für Psychologie) betont die Wichtigkeit des  Paradigmenwechsels  innerhalb der Psychologie und weist auf  andere Ziele der Psychologie hin, die im Laufe der Zeit vergessen wurden – auch bloß das normale Leben zu verbessern, nicht nur Geschädigte zu behandeln.
Welche sind die Bedingungen und Prozesse, die zur optimalen Funktion eines Menschen führen? Oder was macht das Leben lebenswert? Solche Fragen stehen im Mittelpunkt der neuen Forschungsrichtung. Der relativ neue Zweig der Psychologie fokussiert auf Begriffe wie Lebensfreude und Achtsamkeit, denen erst seit ein paar Jahrzehnten Aufmerksamkeit gewidmet wird. Positive Psychologie basiert auf wissenschaftlichen Studien, die in verschiedenen Ecken der Welt mit objektiven Methoden durchgeführt wurden.

Zum ersten Mal in Osteuropa

Mit solchen Fragen konnte sich auch das Bukarester Publikum Anfang Oktober in der Rumänischen-Amerikanischen Universität auseinandersetzen. Die erste Konferenz in Osteuropa zum Thema Glück wurde in der rumänischen Hauptstadt von der Asociaţia Iniţiativa pentru Fericire (Initiative für Glück) veranstaltet. Zu den internationalen Gästen, die im Rahmen der zweitägigen Veranstaltung gesprochen haben, zählte auch die britische Expertin Vanessa King, die am amerikanischen Institut für Positive Psychologie in der Elitehochschule Pennsylvania studiert hat, das von Martin Seligman geleitet wird. Abgeschlossen wurde die Konferenz  mit der ersten Werkstatt zum Thema „Positive Psychologie“ hierzulande. Präsentiert wurden u. a. Ergebnisse der jüngsten Studien im Bereich der positiven Psychologie.

Vorgeschlagen hat King eine neue, umfangreichere Perspektive auf die Psychologie: „Zu den Aufgaben der Psychologie zählt nicht nur die Behandlung von Geisteskrankheiten“, machte  sie klar. Prioritär sei auch, das Leben im Allgemeinen fruchtbarer und erfüllender zu machen und die Begabungen der Menschen zu identifizieren und ernähren. „Anstatt Krankheiten zu heilen, kann man sie vorbeugen, anstatt das Leid zu senken, kann man versuchen, das allgemeine Wohlfühlen zu steigern, anstatt Schwäche zu korrigieren, Stärke zu fördern“, verdeutlichte sie.
Studien beweisen, dass Menschen, die gedeihen, bessere Beziehungen haben, sie sind gesünder, genießen das Leben mehr, engagieren sich und helfen den anderen mehr. Außerdem leben sie auch länger. Das ist aber nichts Neues. Was interessant ist, das ist die Theorie, dass Menschen im gewissen Ausmaß „Tricks“ lernen können, um glücklich zu sein. Vorgestellt wurde das von Martin Seligman entwickelte Modell zum Wohlbefinden, das aus positiven Emotionen, Beschäftigung, Beziehungen und Bedeutung besteht. Herausgefunden durch Studien wurde, dass Beziehungen und Aktivitäten viel relevanter als das Einkommen und die Umgebung sind. Die wissenschaftlichen Untersuchungen haben auch auf die Frage geantwortet, ob Erfolg zum Glück führt oder umgekehrt. Festgestellt wurde, dass meistens Glück zuerst kommt und Erfolg auslöst.

Das Niveau der Lebenszufriedenheit ist in Rumänien ziemlich niedrig. Das zeigt ein weltweiter Bericht (World Happiness Report 2013), der das Land auf Platz 90 von 156 positioniert, nach Ländern wie Kirgisistan, Kosovo oder Pakistan. Vielleicht wissen die Rumänen nicht, dass Lebenszufriedenheit manchmal bewusst gepflegt werden soll. Auch wenn man anders von der Natur ausgestattet wurde, kann jeder wirkungsvolle Strategien entwickeln, um das eigene Glück zu nähren.