Weiterhin hohe Korruption an rumänischen Universitäten wahrgenommen

Deutsches Headhunting-Unternehmen veröffentlicht akademischen Korruptionsindex

Zum zweiten Mal hat die Berliner Unternehmensberatung Milata KG ein sogenanntes Academic Corruption Perception Ranking (ACPR) veröffentlicht, eine Umfrage unter Hochschulabsolventen zum Phänomen der Korruption an Universitäten. Mit einer Gesamtpunkteanzahl von 139 steht Rumänien eher schlecht da, eine größere Wahrnehmung der Korruption wird nur aus Italien mit 145 Punkten, Spanien mit 170 Punkten und der Ukraine mit 176 Punkten gemeldet. Insgesamt beteiligten sich an den von der deutschen Niederlassung des britischen Meinungsforschungsinstituts YouGov durchgeführten Umfragen 5725 Hochschulabsolventen aus elf europäischen Staaten, das sind Großbritannien, Schweden, Frankreich, Polen, Ungarn, Deutschland, Tschechien, Rumänien, Italien, Spanien und die Ukraine.
Befragt wurden die Teilnehmer zu der Aufnahmeprozedur, der Noten- und der Diplomvergabe, den Promotionsbedingungen und der Rekrutierung wissenschaftlichen Personals.

Das niedrigste Auftreten von Korruption wird aus Großbritannien (44 Punkte) und Schweden (63 Punkte) berichtet, das höchste, wie bereits erwähnt, aus Italien, Spanien und der Ukraine, Rumänien liegt knapp vor Italien. Mit 115 Punkten belegt Deutschland einen Mittelplatz in der Statistik, weniger Korruption wird beispielsweise in Ungarn (107 Punkten) und Polen (88 Punkten) wahrgenommen. Die häufigsten Korruptionsfälle sollen bei der Vergabe der Noten wahrgenommen worden sein, weniger Fälle unlauteren Vorgehens gäbe es bei der Vergabe von Doktortiteln, so die durchschnittliche Wahrnehmung in allen elf Ländern. Im Mittelfeld befinden sich die Bereiche Universitätszulassung, Rekrutierung von wissenschaftlichem Personal und Vergabe von Abschlussdiplomen. Interessant ist, dass Frauen in jedem der elf Länder seltener als Männer Korruption wahrnehmen, im Schnitt berichten 24,38 Prozent der befragten Männer, Korruption wahrgenommen zu haben, dagegen sind es nur 20,71 Prozent der befragten Frauen.

Bei der unlauteren Stellenvergabe im Hochschulwesen zählt Rumänien 27 Punkte und landet auf demselben Platz wie Deutschland. Das heißt, dass 27 Prozent der rumänischen Befragten glauben, Korruption bei der Stellenvergabe an ihrer Uni bemerkt zu haben. Schlimmer geht es nur in Italien (32 Prozent), in der Tschechischen Republik (35 Prozent) und in Spanien (37 Prozent) zu. Kaum wurden Fälle von Korruption bei der Rekrutierung von Personal in Großbritannien mit 7 Prozent und in Frankreich mit 9 Prozent empfunden. Bei der Vergabe von Doktortiteln aufgrund anderer Kriterien als ausschließlich akademischer Natur (politische oder verwandtschaftliche Beziehungen, Geschenke, Geld oder absichtliche Unterlassung der Beaufsichtigung während einer Prüfung) nimmt Rumänien einen Platz in der Mitte der Statistik ein (16 Prozent), in der Bundesrepublik soll es nur ein bisschen besser sein (15 Prozent). Befremdlich hoch schneiden auch bei dieser Frage Spanien und Italien mit jeweils 26 Prozent ab. Am ehrlichsten geht es angeblich in Frankreich (8 Prozent) sowie in Schweden und in Tschechien (jeweils 9 Prozent) zu. Ähnliche Resultate ergeben auch die Statistiken zu der Vergabe von Noten und Abschlussdiplomen. Bei der Vergabe von Noten wird in Rumänien sogar ein recht hohes Maß an Korruption wahrgenommen (51 Prozent), besorgniserregender ist die Lage nur in der Ukraine mit 68 Prozent.

Der Auftraggeber der Studie, ein international agierender Headhunter, der auch in Ost- und Ostmitteleuropa tätig ist, weiß ganz genau, dass Hochschulabsolventen, die in einem eher korrupten Umfeld studiert haben, im späteren Berufsleben verstärkt dazu geneigt sind, kriminelle Verhaltensmuster zu wiederholen, mit denen sie bereits an der Uni in Berührung gekommen sind. „Universitäten üben einen enormen Einfluss auf die späteren Absolventen aus; es sind prägende Jahre, oft werden dort Netzwerke aufgebaut, die ein Leben währen, wie zum Beispiel Bekanntschaften, Freundschaften oder Ehen. Daher richten wir unser Augenmerk auf die Sozialisierung, die Studenten an den Universitäten erfahren haben oder glauben, erfahren zu haben”, sagte Dr. Paul Milata der ADZ gegenüber. An welchen universitären Fachrichtungen jedoch die meiste Korruption wahrgenommen wird, konnte Milata nicht sagen. „Die Korruptionsforschung geht im Allgemeinen von hohen Kriminalitätsraten an drei Fakultäten aus: Wirtschaft (inklusive Finanzen), Medizin und Recht. Ich kann diese Vermutungen aus unseren Zahlen noch nicht bestätigen.”

Jedenfalls steht fest, dass in jüngster Zeit durch die Aufdeckung der Plagiatsaffären von Victor Ponta, Gabriel Oprea und deren Kumpanen das Interesse der Öffentlichkeit am unlauteren Vorgehen an Universitäten deutlich gestiegen ist. Ob aber die Ergebnisse der jüngsten Studie, deren erste Auflage 2015 durchgeführt wurde, das Interesse zuständiger Stellen in Rumänien geweckt hat, bleibt zunächst dahingestellt. So zum Beispiel bestätigt Dr. Milata, dass nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der ersten Auflage des ACPR das Interesse der rumänischen Medien sich eher in Grenzen gehalten hat. Entsprechend fehlte jede Anfrage seitens des Ministeriums für Bildung und Forschung oder der ihm nachgeordneten Stellen, wie zum Beispiel der Nationale Ethikrat (CNE), der Nationale Forschungsrat für das Hochschulwesen (CNCS) oder der berühmt-berüchtigte Nationale Rat für die Akkreditierung von Titeln, Diplomen und universitären Zertifikaten (CNATDCU).

Zwar sind die Ergebnisse der ACPR-Studie nicht unbedingt ausschlaggebend, doch sie weisen auf die Art hin, in der Hochschulabsolventen ihr Universitätsstudium und die Zustände an ihrer Hochschule bewerten. Und obwohl Rumänien nicht das Schlusslicht in der Studie darstellt, so weist es eher negative Zahlen auf. In der Tat, es geht dabei um Wahrnehmungen und nicht um erwiesene Korruptionsfälle. Aber die Zunahme von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen an und im Zusammenhang mit Universitäten (die Reschitzaer Eftimie-Murgu-Uni oder die Nationale Akademie für Verteidigung bleiben ein trauriges Beispiel) zeugt sicherlich davon, dass in allzu vielen Fällen die Wahrnehmungen der Realität durchaus entsprechen.