„Wenn die Donauraumstrategie kein Erfolg wird, dann wird auch Europa kein Erfolg“

Gespräch mit dem Ulmer Donauraum-Strategieexperten Peter Langer

Peter Langer Foto: Raluca Nelepcu

Die Donauraum-Strategie könnte den Donauländern und den Donauregionen aus Südosteuropa dazu verhelfen, jede Menge EU-Gelder für die Umsetzung von Projekten anzuzapfen. Dies aber nur, wenn Gemeinschaftsprojekte erstellt werden, erklärt der Generalkoordinator des Rats der Donaustädte und –regionen, Peter Langer. Langer war viele Jahre Leiter des Ulmer Donaubüros und des Donaufestes in der baden-württembergischen Stadt und plant nun, durch eine Informationskampagne in den Donauländern jede Menge Lobby für die Donauraum-Strategie zu machen. Darüber unterhielt sich mit Peter Langer die ADZ-Redakteurin Raluca Nelepcu.

Seit so vielen Jahren machen Sie sich für den Donauraum stark. Ist Ihnen das nicht langweilig geworden?

Ich hatte eine Assistentin – habe eine Assistentin, die ist mir wirklich einmal im Jahr 2002 abhanden gekommen, weil sie das Wort „Donau“ nicht mehr hören konnte. Aber sie kam nach einem Jahr wieder. Nein, es ist mir nicht langweilig. Ich staune ständig, dass ich immer wieder etwas Neues entdecke. Eine Grundhaltung, die mich seit Anfang der 90er-Jahre in der Sache Donauzusammenarbeit bewegt, ist die Neugierde. Und dann mag ich die Menschen dort und das ist etwas ganz Entscheidendes. Ich habe es inzwischen geschafft, dass – wenn ich Namen von Städten höre wie Sulina, Tulcea oder Vidin – ich dann immer auch konkrete Gesichter vor meinen geistigen Augen habe. Es gibt dort Freunde und Menschen, mit denen man schon über die Jahre hinweg zusammenarbeitet. 

Wie würden Sie die Donauraum-Strategie in einfachen Worten erklären?

Die Donauraum-Strategie ist eine Entwicklungs- und Wohlstandsstrategie, die vor allem den Menschen im südosteuropäischen Teil des Donauraums Wohlstand, Sicherheit, mehr Freizügigkeit, mehr Bildung und mehr Gesundheit bringen soll. Das sind alles große Ziele, aber man muss sich einfach vorstellen, dass in Baden-Württemberg, Bayern oder Österreich eben Standards in all diesen Bereichen herrschen, die es dort nicht gibt. All das dorthin zu übertragen, den Städten, Regionen und Ländern zu helfen, genau da einen Ausgleich zu schaffen, das ist auch die Voraussetzung dafür, dass zukünftig Europa funktionieren kann. 

Wie könnten diese Städte und Regionen von der Donauraum-Strategie profitieren?

Indem sie mit Partnern, beispielsweise aus Baden-Württemberg, Bayern und Österreich, Projekte in diesen Bereichen entwickeln, in denen sie letztlich die Hauptnutznießer sind und mit diesen Projekten dann tatsächlich auch konkret Geld, das für solche Projekte zur Verfügung steht, in Brüssel abrufen. Aber sie brauchen die Partner! Das müssen immer Partnerprojekte sein, das ist der Sinn und Zweck von europäischen Projekten, von Cross-Boarder-Projekten oder transregionalen Projekten, dass es immer darum geht, Partner zu haben, wie bei diesem Interreg-Programm, bei allen großen europäischen Fonds, und das gilt vor allem für die Kohäsionsphase nach 2014. Da wirklich mit dafür zu sorgen, dass diese Möglichkeiten, diese Fonds auch abgerufen werden. Das Land Bayern oder das Land Baden-Württemberg wird natürlich kaum einen Nutzen haben, was die direkte Finanzierung von diesen europäischen Projekten betrifft. Die haben vielleicht insofern einen Nutzen – und das ist auch eine interessante Perspektive –, dass baden-württembergische oder bayrische Unternehmen, zum Beispiel, bei Infrastrukturprojekten dann auch tatsächlich die Ausführenden sind.

Die Donauraum-Strategie ist leider kaum bekannt. Um dafür zu werben, planen Sie nun eine groß angelegte „River Show“. Worum geht es dabei?

Wir wollen auf jeden Fall in ausgewählten Städten entlang der Donau, beginnend mit Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien und Bulgarien, Akteuren aus den Verwaltungen und Gemeindeparlamenten die Donauraum-Strategie schlicht und einfach erklären: die Inhalte, die verschiedenen Aktionsbereiche, die Voraussetzungen für Projektanträge, die Finanzierungszusammenhänge und wirklich den Sinn und Zweck der Donauraum-Strategie. Wir wollen die Kampagne so anlegen, dass es sozusagen auch der erste Zugang sein soll zu einem weiteren Projekt. Wir wollen in den nächsten Jahren – das ist auch der ausdrückliche Wunsch der EU-Kommission – in diesen Städten und Regionen entlang der Donau sogenannte „Donaumanager“ ausbilden, also verlässliche, vor Ort agierende Personen, die sich auskennen, was diese Donauraum-Strategie-Zusammenhänge anbetrifft. Es werden Menschen sein, die Projekte implementieren können, die die Partner kennen und die wir auch kennen, damit wir ein Netzwerk von solchen Donauexperten schaffen.

Das bedeutet dann , dass diese Donaumanager auch Unterstützung anbieten werden, was die Projekterstellung angeht...

Unbedingt. Die sollen wirklich dafür sorgen, dass das nicht so einfache Werk von Projektanträgen und –implementierungen koordiniert wird.

Wie viele Fonds stehen in Bezug auf die Donauraum-Strategie für Projekte zur Verfügung?

Das lässt sich gar nicht so konkretisieren. Ich kann Ihnen nur sagen, dass in der jetzigen Förderphase, bis 2013, also konkret noch bis einschließlich nächsten Jahres, etwa Rumänien und Bulgarien an die 100 Milliarden Euro abrufen könnten, wenn es denn gemacht werden würde. Es geht wirklich um viel Geld.
Leider befinden wir uns jetzt in einer sehr krisenhaften Lage der europäischen Fiskalwirtschaft und der europäischen Finanzordnung. Gelder, die zur Verfügung stehen und jetzt nicht abgerufen werden, werden nicht auf die nächste Kohäsionsphase übertragen. Mit denen wird man ganz andere Fiskalmaßnahmen in ganz anderen Teilen Europas finanzieren. Das ist nun eben die Gefahr.

Wie sehen Sie den Donauraum in den nächsten zehn Jahren?

Ich glaube, wenn es gelingen kann, so eine Verbindung zwischen einigen großen Infrastrukturprojekten herzustellen, die realisiert werden – das hat etwas mit Schifffahrt, mit dem Ausbau von Hafenanlagen oder mit der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur zu tun – und wenn das mit einer erkennbaren Verbesserung der Zivilgesellschaft verbunden wird, dann kann das ein richtig guter Beitrag zu dem sein, was wir immer so mit der Schaffung des Hauses Europa bezeichnen. Also dass dort wirklich mehr Menschen einbezogen werden in unmittelbare Aktivitäten für diese Donauraum-Strategie, wenn es noch mehr Jugendbegegnungen gibt usw. Wenn es nicht im Donauraum gelingt, gut zusammenzuarbeiten und wenn diese Donauraum-Strategie kein Erfolg sein wird, dann wird auch Europa kein Erfolg.