Wertvolle Schätze gerettet

Forschungsprojekt zur Dekontamination der Orientteppiche in der Schwarzen Kirche erfolgreich abgeschlossen

Mit Hilfe eines innovativen Verfahrens wurden die Teppiche von den gefährlichen Bioziden befreit.

Man kann unmöglich an ihnen vorbeigehen, ohne stehen zu bleiben und sie zu bestaunen. Man fühlt sich plötzlich in eine andere Welt versetzt. Die Farbenpracht, die Vielfalt der Muster und der Zauber, der von ihnen ausgeht, ist einmalig. Heute befinden sich 200 Teppiche in der Kollektion der Schwarzen Kirche. Davon sind 110 ausgestellt. Es ist die größte Teppichkollektion der Welt, die außerhalb der Türkei existiert. Ein so wertvoller Bestand muss auch dementsprechend gepflegt werden und benötigt eine besondere Aufmerksamkeit.

In diesem Sommer beendete die Evangelische Kirche A.B. in Kronstadt ein großes Forschungsprojekt betreffend der osmanischen Teppiche. Zwei Jahre lang wurde in Zusammenarbeit mit den PAZ Laboratorien für Archäometrie aus Bad Kreuznach ein zerstörungsfreies und materialschonendes Verfahren entwickelt, durch das die wertvollen Teppiche von umwelt- und gesundheitsgefährdenden Schadstoffen befreit wurden. Im Rahmen des selben Projektes wurde ein Konservierungszentrum für die osmanischen Teppiche aus ganz Siebenbürgen eingerichtet. Das Projekt, das Teil der Bemühungen der Evangelischen Kirche A.B. in Kronstadt um den Erhalt des Kulturerbes ist, wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt mit 150.000 Euro gefördert.

Eine doppelte Gefahr

Man würde meinen, die osmanischen Teppiche in der Schwarzen Kirche sind zeitlos. Aber die vielen Jahrhunderte haben an den wertvollen Kunstobjekten ihre Spuren hinterlassen. Dass die Gewebe gegen Ungeziefer, Licht und Staub geschützt und durch konstante Pflege erhalten werden müssen, hat man schon früh eingesehen. „Die Teppiche sind aus Wolle und natürlichem Farbstoff hergestellt und sind sehr sensibel. Temperaturschwankungen können schädlich für sie sein. Im 20. Jahrhundert hat die Welt das Wunder der Chemie entdeckt. Alle historischen Kunstwerke wurden mit Bioziden behandelt. Sie dienten dazu, Kulturgüter vor Ungeziefer, Schadinsekten und Mikroorganismen zu schützen.

In den 80er Jahren war in Kronstadt eine Restaurierungswerkstätte für die osmanischen Teppiche tätig. Um die 350 Teppiche aus dem Bestand der evangelischen Kirchen in Siebenbürgen wurden in mehreren Phasen mit chemischen Substanzen behandelt. Diese hatten den Zweck, die historischen Objekte zu schützen. Seit einigen Zeit ist jedoch erwiesen, dass diese Stoffe, die weltweit in der Restaurierungsarbeit verwendet wurden, in den Geweben bleiben, die Materialstruktur der Teppiche zerstören und auch für die Gesundheit besonders schädlich sind“, erklärt die Kunsthistorikerin der Schwarzen Kirche, Dr. Agnes Ziegler. Aus diesen Gründen hat man beschlossen, ein Verfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe die gefährlichen Substanzen aus den Geweben entfernt werden.

Lager für 150 Teppiche

In der ersten Phase des Projekts hat man durch Experimente und Tests den Schadstoffgehalt jedes einzelnen Teppichs ermittelt. Die Teppiche wurden zuerst mit dem Kohlenstoff-Verfahren datiert. Danach wurde mittels Screenings das Ausmaß der Belastung gemessen. Das Ergebnis: Zwei Drittel der Teppiche, etwa 70 Stück, waren schwer belastet. Viele Gewebe enthielten ein hohes Niveau an Schwermetallen. Die Schadstoffe waren in vielen Fällen bis ins Gewebe eingedrungen.

Einer der Stoffe, mit dem die historischen Teppiche in der Restaurierungswerkstätte der Schwarzen Kirche behandelt wurde, ist Eulan. Es wurde bis 1988 produziert und jahrzehntelang als präventives Insektizid gegen Mottenfraß in Wollteppichen eingesetzt. Die Substanz, die Ende der 80er Jahre in Deutschland verboten war, kam ohne Gebrauchsanleitung nach Rumänien und die Teppiche wurden damit behandelt. „Die Biozide sind eine Gefahr sowohl für die Kunstwerke, als auch für die Gesundheit der Restauratoren. Sie können in den Organismus eindringen und mit der Zeit schwere Krankheiten verursachen. Auch für schwangere Frauen sind diese Substanzen gefährlich, da sie in die Muttermilch eindringen könnten. Für Besucher stellen diese Substanzen aber keine Gefahr dar“, betont  Dr. Agnes Ziegler.

In zweiter Phase des Projekts wurde ein Verfahren entwickelt, durch das die historischen Teppiche von Bioziden befreit werden. Man hat festgestellt, dass die Schadstoffe mit Hilfe von flüssigem Kohlendioxid erfolgreich entfernt werden können.

In der dritten Phase des Projekts wurde ein spezialisiertes Konservierungszentrum gegründet. Hier werden die Teppich in Zukunft unter Verwendung der neuesten Technologien von Schadstoffen befreit. Auch anderen Gemeinden in Siebenbürgen, die in ihren Kirchen Teppiche aufbewahren, wird geholfen. Im Lager können bis zu 150 Teppiche aufbewahrt werden. Neben den Teppichen aus der Schwarzen Kirche beherbergt das Lager die Kirchenobjekte verschiedener evangelischer Gemeinden aus dem Kreis Kronstadt/Braşov (Reps/Rupea, Weidenbach/Ghimbav, Heldsdorf/Hălchiu), die leider keine materiellen Möglichkeiten haben, um diese zu pflegen. Das Lager ist mit einer Kühlanlage ausgestattet, wo die Teppiche bei Temperaturen von bis zu minus 45 Grad Celsius aufbewahrt werden.  

Das Kulturerbe bleibt erhalten

Die ältesten Teppiche aus dem Bestand der Schwarzen Kirche datieren aus dem 15. Jahrhundert. Am wertvollsten sind die seltenen Teppiche, wie zum Beispiel der Skorpion-Teppich. Weltweit gibt es nur 4 Modelle dieser Art. Davon liegt einer in der Schwarzen Kirche. Die Teppiche haben einen großen materiellen und auch historischen Wert.

„Die Touristen besuchen die Schwarze Kirche erstens, um die Orgel zu sehen und zweitens um die Teppichkollektion zu bestaunen. Sie sind sehr wertvoll, und was am Wichtigsten ist, sie sind ein Symbol für die Identität der Gemeinschaft. Die Tradition, in der diese Teppiche aufbewahrt wurden, ist einzigartig“, meint der Kronstädter Stadtpfarrer Christian Plajer.

Die Teppiche gelangten zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert als Stiftungen der Gemeindemitglieder in die Kirchen und wurden bei Hochzeits-und Begräbnisfeiern benutzt.

„Durch die Teppiche wird die Atmosphäre von damals bewahrt. Wir wollen sie in gutem Zustand erhalten und weiter forschen“, meint Dr. Agnes Ziegler. Dank der Bemühungen der evangelischen Kirchengemeinde A.B. Kronstadt werden die osmanischen Teppiche auch weitere Jahrhunderte vom reichen Kulturerbe der Siebenbürger Sachsen zeugen.