„What do we want? Climate justice! When do we want it? Now!“

Aktivistinnen schwänzen Schule und dringen zum Lager um Staatschef Macron vor [Teil 2]

Rund 50 Schüler und Studenten machen sich aus Deutschland und Österreich auf den Weg nach Hermannstadt. Sie wollen, dass die Staats- und Regierungschefs der EU den Klimawandel endlich ernst nehmen. Foto: Michael Mundt

In Hermannstadt erhalten die Jugendlichen der Klimaschutz-Bewegung „Fridays for Future“ und junge erwachsene Greenpeace-Militanten zudem Unterstützung aus Griechenland, dem EU-Mitgliedsstaat, der die gefühlt stärksten Eiterwunden der jüngsten Weltwirtschaftskrise davongetragen hat. Vor der Akropolis macht auch die globale Erderwärmung nicht Halt. Als die Flüchtlingsströme aus Nahost gen Westen im Sommer 2017 Höchstzahlen erreichten, zeigte die Sonne null Erbarmen mit Athens Touristen. Zahlreiche mit Klimaanlagen ausgestattete Massenzelte waren in der griechischen Hauptstadt aufgestellt worden, um Einwohner und Gäste vor Hitzeschock und -Tod zu retten. Selbst nachts war die Gefahr nicht gebannt. Verstärkt wurde das Paket höchst kritischer Berichterstattungen aus Griechenland und dem Mittelmeerraum durch die Nachricht, dass Rom aus akuter Not heraus begonnen hatte, seine fast vollständig aufgebrauchten Trinkwasserreserven strikt zu rationieren. Überspitzt betrachtet, schrammten die antiken Brunnen der Ewigen Stadt knapp am Erstickungstod eines Fisches im wasserlosen Eimer vorbei.


Spyro Limneos, gebürtiger Grieche und im Königreich Großbritannien lebend, stößt im Astra-Park Hermannstadt zu lokalen Teilnehmern der großangelegten Umweltschutz-Protestaktion vor den Augen der Welt, die heute nicht nur auf den schneidig hergerichteten Großen Ring blinzelt, sondern auch den zentralsten aller Hilferufe kommender Menschengenerationen hört. Spyro vertritt die weltweit präsente Online-Petitionsgemeinschaft AVAAZ. Sein Vereinskommilitone Andrew Nazdin (Washington D.C., USA), der Donald Trump „nicht für einen Populisten“ hält, aber auf der Stelle unterschreiben täte, dass Viktor Orbán denselben Schmähruf voll verdient, ist ebenfalls am Ort des Geschehens parat.


„We are unstoppable/Another world is possible!“. Eine Welt, in der jedermann nicht rund um die Uhr unter dem Damokles-Schwert leben müssen will, aber öfter als nur alle sieben Pfingsten an seinen persönlichen CO2-Fussabdruck denken sollte. „Hejo, spann den Wagen an!/Denn der Wind treibt Regen übers Land./Hol die gold´nen Garben, hol die gold´nen Garben“. Wird es auf dem Planeten Erde in Zukunft goldene Garben geben wie Manna im Alten Testament? In unbegrenzter Fülle? Oder könnte es sich mit dem Korn bald rettungslos ausgehöhlt haben? Der Wind wird weiter über den Erdball wehen, keine Frage. Und auch regnen wird es. Beides aber in einem von der Konsumgesellschaft sehenden Auges zunichte gewirtschafteten Gleichgewicht, das sich mit falschen Wassern gewaschen hat.


Die Melodie des Ernteliedes wird zum Notensystem eines Rettungsaufrufs nach Maß umfunktioniert: „Heyo, take me by the hand/strong in solidarity we stand!/Fight vor climate justice, fight for climate justice“. Ein Transparent der Demonstranten auf dem heißen Asphalt zwischen Dumbrava-Einkaufszentrum, Radu-Stanca-Theater, den Ibis- und Ramada-Hotels und dem Ion-Besoiu-Kulturzentrum stellt einen Vierzeiler vor, der keine Gnade mit der abgebrühten EU-Politikerkaste kennt. „Ihr sagt, wir schwänzen-/Ihr sagt, ihr handelt!/Wir sagen, wir streiken-/Wir sagen, ihr verschandelt!“, heißt es da unverblümt und ohne jedes diplomatische Gerede um den heißen Brei herum. „Nur wer die Zukunft ehrt,/ist der Entscheidungsmacht wert!“

Paula Dörr spricht von den „schönen Wäldern Rumäniens“, mit denen sich das Land zwischen Maramuresch und Oltenia, der Weinhänge zwischen Banat, Moldau und Dobrudscha und der alpinen Weiden vom Rodna-Gebirge bis zu den Gletscherkesseln des Retezat-Gebirges verdient brüstet. „În România se fur˛ ca-n codru“, in Rumänien wird geklaut wie im finsteren Wald, heißt es in Freundeskreisen offen und doppeldeutig durch die Bank. Die meisten der großen Flüsse Rumäniens entspringen im Inneren des Karpatenbogens und verlassen ihn nach außen, Richtung Moldau und Südrumänien. Sensationsmeldungen über illegale Abholzungen in den Karpatenwäldern und jährlich neu wiederkehrende Überschwemmungen in beiden letztgenannten Landesteilen stehen im beiderseitigen Wettstreit.


Geht es nicht anders als bislang weiter, könnte Rumänien seinen Waldschatz komplett verschachern. Hat der „finstere Wald“, aus dem nach wie vor kontroll- und maßlos geklaut wird, unendliche Zukunftsreserven übrig? Welches Reservelager kommt wohl als nächstes unter die Kettensägen von Großkorruption, wenn der Wald seinen Opferdienst ein für allemal versagt haben sollte?