Wichtigste Rolle: Warnsignale aussenden

Aufklärendes Gespräch mit Dr. Johannes Klein,Vorsitzender des „Neuer Weg“-Vereins

Pfarrer Dr. Johannes Klein, Vorsitzender des heuer gegründeten „Neuer Weg“-Vereins. Foto: Dieter Drotleff

Der Einsturz des Pfarrhauses von Deutsch-Kreuz im Sommer des Vorjahres bzw. die beabsichtigte diesbezügliche Tat führte zu einer Protestaktion, deren Echo anfangs auf dem Internet-Blog www.neuerweg.ro gestaltet von Hans Hedrich, einzusehen war. Auf das Los dieses unter Denkmalschutz stehenden Pfarrhauses wurde auch beim vorjährigen Sachsentreffen durch Flugblätter aufmerksam gemacht.

Dieses wurde von der Michael Schmidt-Stiftung vom Kronstädter Evangelischen Kirchenbezirk A.B. angekauft mit dem Zweck es als Begegnungsstätte umzubauen und einzurichten. Der „Einsturz“ war auch der Anstoß zur Gründung des Vereins „Neuer Weg“ mit dem Sitz in Fogarasch, dessen Vorsitzender Pfarrer Dr. Johannes Klein, sein Stellvertreter Hans Hedrich und Schriftführer Alexander Eickhoff sind. Gerichtlich eingetragen wurde dieser im Februar l.J. Der Verein ist laut Satzung eine nicht regierungsgebundene Organisation, demokratisch, unpolitisch, autonom und ohne lukrativen Zweck.

Die Ziele des Vereins werden im Artikel 4 der Satzung festgehalten und beziehen sich auf Verteidigung und Förderung der menschlichen und bürgerlichen Rechte, des Umweltschutzes, des materiellen und nicht materiellen Kulturerbes. Weitere Ziele sind die Förderung der siebenbürgischen und europäischen Werte, der Multikulturalität, der interethnischen und religiösen Verständigung, der Toleranz. Desgleichen fördert der Verein wirtschaftliche, umweltfreundliche Aktivitäten, setzt sich für Bekämpfung der Korruption und des Missbrauchs seitens der politischen Behörden ein.

Da der Verein durch seine bisherigen Proteste und vor allem die Blog-Seite für Aufsehen nicht nur im Inland sondern auch jenseits der Grenzen besonderes unter den Siebenbürger Sachsen, aber auch für kontroversen Meinungen gesorgt hat, führten wir ein offenes, aufklärendes Gespräch mit dem Vorsitzenden des Vereins, Dr. Johannes Klein, das wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen.


Welches war der Anlass zur Gründung des Vereins unter dem Namen „Neuer Weg“?

Vor dem Verein ist der Blog entstanden, der „Neuer Weg“ heißt, mit dem Gedanken, sich an dem alten „Neuen Weg“ als Tageszeitung sowohl zu orientieren als auch von ihm abzugrenzen bzw. aus der Spannung zwischen beidem ein Spiel zu gestalten. Der Blog an und für sich gehört Hans Hedrich, er hat diesen in Zusammenarbeit mit Armin Maurer und mir errichtet. Ich glaube, es war der 22. September 2012. Da war die Deutsch-Kreuz-Affäre brandneu. Dies war allerdings nur der Anlass, denn die ersten Schritte, den Blog einzurichten, waren fast ein Jahr älter. Wir erinnerten uns an den „Neuen Weg“, der um eine Zeit ein alter Weg geworden war, aber immer noch „Neuer Weg“ hieß. Er schaffte die Wende, hieß dann völlig zu Recht weiterhin „Neuer Weg“, weil er wirklich einen neuen Weg eingeschlagen hatte. Zwei Jahre nach der Wende wurde er jedoch umbenannt, als ob es keinen neuen Weg mehr brauche. Das hat uns schon damals zu denken gegeben und uns dann viel später inspiriert, einen neuen „Neuen Weg“ als Blog herauszugeben. Wir haben gemeint, dass täglich ein neuer Weg gefunden werden müsse.

Das kann man auch christlich begründen. Martin Luther hat in seinem kleinen Katechismus gelehrt, dass der alte Adam täglich durch einen neuen Menschen ersetzt werden müsse, oder dass täglich ein neuer Mensch aus dem alten auferstehen solle. Mit anderen Worten bedeutet das, dass man angehalten ist, täglich einen neuen Weg zu suchen, vor allem wenn man in einer Welt lebt, die ziemlich in alten Bahnen eingefahren ist. Freilich können wir die alte Welt nicht ganz ablegen. Wir sind uns sehr bewusst, dass wir die Traditionen, in denen wir aufgewachsen sind, benötigen, um auf die Zukunft blicken zu können, trotzdem brauchen wir Orientierung im Sinne eines ständig zu erkundenden neuen Wegs.

Aus diesem Grund ist zu erst ein Blog entstanden, in dem vor allem Hans Hedrich regelmäßig publiziert, aber ab und zu auch andere. Der Verein „Neuer Weg“ ist im Februar 2013 entstanden. Die Affäre um Deutsch-Kreuz ist nur der Aufhänger, an dem man beispielhaft einen gescheiterten und nicht mehr gangbaren alten Weg aufzeigen kann, und anhand dessen wir auf die Notwendigkeit eines neuen Wegs hinweisen. Der Blog veranschaulicht, wie viele andere solche alten Wege es gibt, die sich immer deutlicher als Sackgassen erweisen und wie dringlich es ist, neue Wege zu suchen. Für den Verein ist die Ahndung der Demolierung des Pfarrhauses in Deutsch-Kreuz zwar die erste aber nicht einzige Aktion, andere werden folgen.

Sie sind bekannt. Geboren wurden Sie 1969 in Reps, entstammen einer traditionsreichen Pfarrfamilie, betreuen die Fogarascher eigenständige Kirchengemeinde und die umliegenden Diasporagemeinden, alle in einem Gemeindeverband vereint. Einige Kindheitsjahre haben Sie in Deutsch-Kreuz verbracht, wo ihr Vater als Pfarrer tätig war. Können Sie kurz die beiden anderen Gründungsmitglieder des Vereins für unsere Leser vorstellen?

Hans Hedrich wurde 1971 in Schäßburg geboren. Er hat hier 1989 sehr aktiv die Revolution miterlebt und auch mitgemacht, mit zwei Freunden sehr bald einen Antrag ans Bürgermeisteramt gestellt, um zu erfahren, was mit den kommunistischen Funktionären geschehen ist. Das hat ihn sehr geprägt. Danach ist er ausgereist, vor einigen Jahren kehrte er aber wieder zurück. Er ist aktiv bei dem Verein „Sighişoara durabilă“, wo er einige Jahre zusammen mit meinem Kollegen Johannes Halmen gewirkt hat, danach unter einem anderen Vorsitzenden. Durch den Verein hat er einige Aktionen gestartet, um Missstände in Schäßburg zu beseitigen.

Er leitet zudem einige Projekte, um verschiedene Umweltkatastrophen zu verhindern. Beispielsweise hat er ein Projekt im Fogarascher Umfeld, durch das er Missstände bei den im Bau befindlichen kleinen Wasserkraftwerken aufdeckt. So wie damals bei der Revolution beobachtet er wieder fehlerhafte Wege von außen und stellt an die Ämter Anträge, diese zu erforschen und zu ändern. Der dritte im Bunde, Alexander Eickhoff, wurde 1953 in Düsseldorf geboren, befindet sich in Frührente und arbeitet seit einigen Jahren als Freiwilliger in Siebenbürgen, früher in Stein bei Reps, mit dem Ziel etwas Gutes für die Gemeinschaft zu tun. Zuletzt war er in Fogarasch wo er einige Arbeiten als Elektriker in der Kirche durchgeführt und beim Weihnachtsoratorium mitgewirkt hat. Er beabsichtigt, bald wieder zu kommen.

Bezüglich der Ziele des Vereins haben wir einleitend einige von denen, die in der Satzung festgehalten sind, schon betont. Wie werden diese verfolgt?

Es geht im Prinzip darum, eine Orientierung zu bieten, damit ein neuer Weg in unserer Gemeinschaft eingeschlagen werden kann, wenn man es weit fasst, meinen wir damit grundsätzlich den Rechtsraum in Rumänien, speziell aber auch die Siebenbürgisch-Sächsische Gemeinschaft, und beziehen uns in besonderer Weise auch auf die Evangelische Kirche. Die ersten Schritte, die Ziele zu erreichen, bestehen in Aktionen zur Verhinderung von falschen Wegen sowie Publikationen auf dem Blog, um falsche Wege aufzuzeigen und Alternativen dazu bzw. neue Wege aufzuzeigen.

Hat die Gründung des Vereins einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Einsturz des Pfarrhauses in Deutsch-Kreuz?

Die Deutsch-Kreuz-Affäre war nicht der Grund, sondern der Aufhänger zur Vereinsgründung. Eigentlich geht es um Werte, die über diesem Einzelfall liegen, wie die Stärkung des Rechtsstaates, die Gesetzes- und Vorschriftentreue, die Gleichheit aller Bürger unabhängig vom Einkommen. Die Demolierung des Pfarrhauses und die Gutsherrenart der Michael-Schmidt-Stiftung, die es nicht für notwendig hält, sich zu den falschen Wegen zu äußern, gab uns das Gefühl, dass in diesem Einzelfall etwas unternommen werden muss, und die Umstände ermutigten uns, weil wir meinen, dass hier auch ein Resultat erzielbar ist. Um etwas stärker zu sein, haben wir den Verein gegründet, denn als Einzelperson wird man nicht genügend ernst genommen.

Wir haben den Verein auch bewusst klein gehalten, diesem gehören nur die drei Gründungsmitglieder an. Das bedeutet nicht, dass wir in Zukunft diesen nicht ausweiten, doch wollten wir ihn in erster Instanz so halten, um mobiler zu sein. Die Entscheidungen können so auch sehr schnell per Internet oder Telefon getroffen werden, man ist sich schnell einig und dann kann etwas unternommen werden. Es ist uns auch klar, dass uns der Fall Deutsch-Kreuz angreifbar macht, und da wollen wir auch die Last nicht auf zu viele Schultern verteilen. Wie gesagt, der Fall Deutsch-Kreuz ist eher paradigmatisch für ein breiteres Phänomen, aber wir haken jetzt hier ein, weil die Missstände in besonderer Weise juristisch greifbar sind.

Die Staatsanwaltschaft von Reps hat beschlossen, die Ermittlungsverfahren im Fall des Abrisses des Pfarrhauses von Deutsch-Kreuz wieder aufzunehmen, was von dem Verein „Neuer Weg“ begrüßt wurde. Der Verdacht richtet sich gegen die Michael-Schmidt-Stiftung, die das Haus vom Kronstädter evangelischen Kirchenbezirk gekauft hatte. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Wir haben zwei Verfahren eingeleitet. Das eine ist die Strafanzeige. Nachdem die Reklamationen der zukünftigen Vereinsmitglieder bereits im September 2012 beim Denkmalamt und bei der Baubehörde zur Strafanzeige gegen die Behörden geführt hat, hat Hans Hedrich in eigener Verantwortung auch Strafanzeige erstattet. Zunächst wurde letztere abgelehnt, dann hat er Einspruch erhoben, dem am 10. Mai stattgegeben wurde. Das zweite Verfahren ist die Anzeige bei der Antikorruptionsbehörde (DNA) gegen die Michael-Schmidt-Stiftung, eine Staatsanwältin und einen Staatssekretär im Kulturministerium, die die vorläufige Ablehnung der Strafanzeige beeinflusst haben. Wir werden jetzt beide Verfahren beobachten.
 
Das Pfarrhaus, das unter Denkmalschutz stand, ist nun dem Erdboden gleich. Was bezwecken Sie letztendlich mit diesem Vorgang?

Unsere Überzeugung ist, dass das alte Pfarrhaus für immer verloren ist. Auch wenn es wieder aufgebaut werden sollte, wird es nicht mehr das alte, sondern ein neues Haus sein. Deshalb sehen wir uns nicht unter Druck gesetzt von den Stimmen, die sagen, dass man die Michael-Schmidt-Stiftung doch lassen solle, das Pfarrhaus wieder aufzubauen. Wir wollten ursprünglich dahin wirken, dass dort ein Denkmal gebaut wird, um zu zeigen, dass sich so eine Tat nicht wiederholen darf. Diesbezüglich gibt es noch keinen Konsens in der Öffentlichkeit. Wir möchten aber in weiterem Sinne ein Signal aussenden, dass auch die reichen Menschen unserer Gemeinschaft nicht tun können, was sie wollen. Wir hoffen, dass jeder sieht, dass Rumänien auf dem Weg zu einem Rechtsstaat ist, in dem es auch einem Michael Schmidt nicht gelingen kann, rechtswidrige Ziele zu erreichen, sofern es Menschen gibt, die dieses ahnden.

Gab es bei diesem Unterfangen auch emotionale Hintergründe?

Selbstverständlich. Ich habe drei Jahre meiner Kindheit in dem Pfarrhaus verbracht. Mein Vater war sieben Jahre Pfarrer in Deutsch-Kreuz. Deshalb gehe ich dieser Sache sicherlich mit sehr viel Energie nach, mein Handeln kann jedoch nicht allein durch dies erklärt werden. Bei Hans Hedrich und Alexander Eickhoff gibt es diese Handlungsmotivation nicht.

Gab es bisher irgend eine Reaktion seitens der Michael-Schmidt-Stiftung?

Wir konstatieren ein Stillschweigen seitens der Stiftung. Sie hat es nicht erachtet, auf die Meldungen im Internet irgendwie zu reagieren. Und nach unseren Informationen hat sie auch der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien auf die diesbezüglich erschienenen Berichte trotz mehrerer Anfragen nicht geantwortet. (Die sicher veröffentlicht worden wären – a.d.R). Nur in der „Siebenbürgischen Zeitung“ erschienen Stellungnahmen. Inzwischen besteht auch die allgemeine Meinung, dass das Pfarrhaus abgerissen wurde und nicht eingestürzt sei, weil es baufällig war. Es gibt auch Zeugen, die das und auch einen Bagger vor Ort gesehen haben. Im Falle der ADZ haben wir festgestellt, dass sie zwar nicht unsere Seite vertritt, aber neutral Bericht erstattet.

Wie schon betont, setzt sich der Verein auch zur Lösung anderer Probleme ein, versucht schädliche Umweltprojekte zu verhindern. Gibt es auch andere Bereiche in denen er aktiv wurde?

Mehrere Anzeigen wurden gemacht bezüglich der Situation, die in einigen ehemals sächsischen Dörfern von einem ausländischen Unternehmer geschaffen wurde. Dieser kauft alte Holzbalken an, die er für teures Geld weiter verkauft. Es ist so weit gekommen, dass einige Dorfbewohner sogar ihre Häuser abgetragen haben, um die Balken zu veräußern. Die Gegend zwischen Schäßburg und Fogarasch ist so arm, dass man um ein wenig Geld sogar seine eigene Existenz gefährdet.

Liest man die Informationen und Materialien auf dem „Neuer Weg“-Blog, stellt sich die Frage, ob es auch politische Motivationen des Vereins gibt und ob Sie sich als Pfarrer politisch einbringen dürfen?

Hier muss der Unterschied gemacht werden. Der Blog im Internet ist Eigentum von Hans Hedrich und dieser ist ein freies Forum, in dem jeder schreiben kann, was in den Rahmen passt. Was die politische Meinungsäußerung betrifft, sind uns Pfarrern niemals Grenzen gesetzt worden. Einschränkungen werden auftauchen, wenn sich die Frage stellen sollte, einer politischen Partei anzugehören. Das steht aber zur Zeit außer Frage. Der „Neue Weg“ ist ein Verein, der zwar falsche Wege politischen Handelns anmerkt und ahndet, selbst aber nicht einer politischen Linie angehört.

Auf dem Blog gab es eine Anfrage betreffend ihr Dienstverhältnis: „Wie bringt Johannes Klein sein arbeitsvertragliches Verhältnis, das eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit seinem Vorgesetzten Bischof Guib voraussetzt, mit seiner Tätigkeit als Vorsitzender dieses Neuen Weg-Vereins in Einklang?“

Sie haben meine Antwort darauf im Blog gelesen, sie lautete „Im aufrechten Gang, nicht buckelnd vor der Obrigkeit“. Dazu stehe ich auch heute, muss allerdings präzisieren, dass solche Fragen Provokationen der Gegenseite sind. Bischof Guib hat mir nie eine Dienstanweisung erteilt, wie ich mich im Fall Deutsch-Kreuz zu verhalten habe. Wir haben bereits zu Beginn der Affäre ein vertrauliches und klärendes Gespräch geführt. Wir sind nicht derselben Meinung, aber das verkraftet die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien.

Herzlichen Dank für dieses offene Gespräch.