Wieder Konzertreihe ‘Musica Suprimata’

Die Komponisten und der Erste Weltkrieg

Mit der Kammeroper „Der Kaiser von Atlantis“ von Viktor Ullmann (unser Bild) beginnt „Musica Suprimata“ am 16. Oktober in Hermannstdt. Das Werk wurde in den Jahren 1943 und 1944 im Ghetto Theresienstadt geschaffen. Erst am 16. Dezember 1975 wurde die Oper in Amsterdam uraufgeführt.

Der Erste Weltkrieg begann nach dem Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914. Die Schüsse, die den Weltenbrand auslösten, feuerte Gavrilo Princip ab, der dann im Garnisonsgefängnis von Theresienstadt, in der sogenannten Kleinen Festung, in einer  Einzelzelle gefangen gehalten wurde. Es sind beklemmende Verknüpfungen, wenn man daran denkt, dass in dieses Theresienstadt fast 30 Jahre später auch nicht wenige der Komponisten deportiert wurden, denen die Erinnerungsarbeit von ‘Musica Suprimata’ heute gilt.

In diesem Herbst des Jahres 2014 wird das Publikum der ‘Konzerte für Siebenbürgen’ in jedem der fünf Programme auf den Bezug der Komponisten zu diesem Ersten Weltkrieg, das heißt auf ihre Beteiligung an diesem, aufmerksam gemacht.

Der erste der Komponisten, der in diesen Krieg musste, war Erwin Schulhoff. 1914 wurde er 20-jährig zum Kriegsdienst eingezogen. Im Jahr zuvor hatte er in Köln seine Studien abgeschlossen und für seine ausgezeichneten Ergebnisse den Wüllner-Preis erhalten. Er machte zunächst Militärdienst in Böhmen, im Juni 1916 wurde er nach Debrecen versetzt, hier an der Ostfront erlitt er eine Handverletzung, 1917 erfroren ihm in Norditalien an der Asagio-Front die Füße. Die Erlebnisse im Ersten Weltkrieg machen ihn zum radikalen Gesellschaftskritiker. „Und mein Inneres? (…) Ich wurde Groteske, Burleske, ich wurde Humoreske (…). Und jetzt stehe ich am Eingange des Zukunftslandes, elend und trotzig!“, schreibt er am 2. Dezember1918 in seinem Tagebuch.

1914 erlebte der Tscheche Rudolf Karel auf einer Studienreise nach Dalmatien den Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der seine Rückkehr in die Heimat unmöglich machte. Er wurde zunächst Musiklehrer in Taganrog und Rostow am Don. Nach der Oktoberrevolution war er Leiter einer Musikschule in Irkutsk. Im Mai 1918 trat er in die tschechische Legion ein und dirigierte bis April 1920 in zahlreichen Städten Sinfoniekonzerte. Im Juni 1920 kehrte Karel nach Prag zurück. Karel wurde nicht wie seine Komponistenkollegen Ullmann, Haas, Klein und Krása nach der Inhaftierung in Theresienstadt im Oktober 1944 in Auschwitz um sein Leben gebracht, Karel wurde im März 1945 in der sogenannten Kleinen Festung zu Tode getrampelt.

1916 wurde Norbert von Hannenheim als Zugkommandant an der russischen und der italienischen Front eingesetzt. Eigentlich war ein Konzert in Hermannstadt/Sibiu geplant, bei dem er einen Satz seiner eigenkomponierten Klaviersonate aufführen würde. Dazu kam es dann nicht mehr. Die Erfahrung des Weltkrieges erschütterte ihn so sehr, dass er erst 1922 sein Kompositionsstudium in Leipzig aufnehmen konnte.

Der „Theresienstädter“ Viktor Ullmann war im Herbst 1917 mit einer Eliteeinheit der k.u.k. Wehrmacht während der 12. Isonzoschlacht als Artilleriebeobachter in den Julischen Alpen im oberen Isonzotal. Nach dieser letzten Schlacht am Isonzo, die mit einem Gasangriff begonnen hatte, war Ullmann in Barcola in der Nähe von Triest stationiert. Bislang ist diesem Abschnitt im Leben des Komponisten Viktor Ullmann von der Forschung so gut wie keine Beachtung geschenkt worden. Neueste Forschungsarbeiten weisen nun zum ersten Mal auf entscheidende Einflüsse der Kriegserlebnisse auch auf sein musikalisches Schaffen hin. Denn im „Kaiser von Atlantis“, greift Ullmann auf seine Erlebnisse und Erfahrungen im Ersten Weltkrieg zurück, Textstellen im Libretto und musikalische Zitate und Strukturen beweisen dies.

Mit Ullmanns „Kaiser von Atlantis“, der nicht nur in dieser Inszenierung als Figurentheater seine Premiere haben wird, wird die Konzertreihe am 16. Oktober in Hermannstadt und am 18. Oktober in Klausenburg/Cluj eröffnet. Der 16. Oktober war der Tag der Deportation nach Auschwitz, der 18. Oktober war der Todestag Ullmanns „und all der anderen“ dieses Transports.

Ein Abend der diesjährigen Konzertreihe ist wieder einer der Kategorie Lyrik + Musik und wird sich, vor allem mit der Lyrik, dezidiert auf den Ersten Weltkrieg einlassen.

Die Konzertreihe beginnt am 16. Oktober und endet am 30. Oktober und läuft in Hermannstadt und in Klausenburg.