Wiederhergestelltes Wahrzeichen

Bistritzer Kirchengemeinde feierte am Samstag die Wiederweihe des renovierten Kirchturms

Rund 100 Gäste verfolgten bei Minustemperaturen die Weihe des Turmes.

Die große Solidarität beim Wiederaufbau stand im Mittelpunkt der Reden von Dr. Hans Georg Franchy, Ovidiu Creţu, Johann Dieter Krauss und Friedrich Gunesch (v.l.).
Foto: Holger Wermke

Bistritz - Das Wahrzeichen von Bistritz/Bistriţa erstrahlt wieder in vollem Glanz. Nur viereinhalb Jahre nach dem verheerenden Brand wurde der Turm der evangelischen Kirche am vergangenen Samstag wiedergeweiht. Stadtpfarrer Johann Dieter Krauss und das Presbyterium begrüßten zu diesem Anlass zahlreiche Vertreter der Lokalpolitik, lokaler Institutionen und der historischen Konfessionen. 

Immer wieder wurden an diesem Tag die Worte Wunder und Solidarität bemüht. Zuerst von Stadtpfarrer Johann Dieter Krauss und vom Dechanten des Kirchenbezirks Schäßburg, Johannes Halmen, bei einem – angesichts der niedrigen Temperaturen – kurzen Gottesdienst in der Kirche. Anschließend von Bürgermeister Ovidiu Creţu und auch von Dr. Hans Georg Franchy, dem Vorsitzenden der Heimatortsgemeinschaft Bistritz-Nösen (HOG), bei der Weihezeremonie vor dem Turm auf dem Kornmarkt/Piaţa Centrală.

Vielleicht war es ein Wunder, dass die Brandkatastrophe einen siebenbürgenweit wohl einzigartigen Schulterschluss aller Verantwortungsträger der Stadt zur Folge hatte, aber auch die Bistritzer im Ausland wachrüttelte. Unabhängig von Nationalität,  Parteizugehörigkeit oder Konfession arbeiteten die Bistritzer in den vergangenen Jahren gemeinsam am Wiederaufbau des Turmes. Es gab viele Hindernisse zu überwinden und man habe Fehler gemacht, erklärte Krauss und fügte hinzu: „Wir haben unzählige Dinge geschafft, die jenseits unserer Erwartungen liegen“. Niemand hätte an jenem 11. Juni 2008, dem Tag des Brandes, an einen raschen Wiederaufbau des Turmes geglaubt, meinte ein sichtlich bewegter Krauss, zumal die auf 280 Seelen geschrumpfte evangelische Gemeinde die Aufgabe niemals ohne Hilfe hätte bewältigen können.

Die Renovierungsarbeiten am Turm und der Kirche kosteten bislang etwa 13 Millionen Lei. Allein das Rathaus steuerte über 9 Millionen Lei bei, wobei die Beschlüsse zugunsten der evangelischen Gemeinde im Stadtrat stets einstimmig fielen, wie am Samstag mehrfach betont wurde. Dazu kamen beträchtliche Beträge von der evangelischen Gemeinde selbst, der HOG sowie vom deutschen Bundesinnenministerium, dem Bundesland Oberösterreich sowie Einzelspendern. Von diesem Geld wurden die Sanierung des Kirchendaches und Teilen der Fassade, der Wiederaufbau des Turmes, der Guss neuer Glocken, die Anschaffung einer funkgesteuerten Uhr sowie der Einbau eines Fahrstuhles finanziert. Seit Juni ist der Aufzug in Betrieb und fährt immer Samstags und Sonntags zwischen 10 und 16 Uhr Besucher auf die neu aufgebaute Renaissancegalerie. Rund 500 Besucher nutzen laut Fahrstuhlbetreuer Iosif Ferencz im Durchschnitt pro Tag das Angebot, dass bislang kostenlos ist.

Es handele sich um die aufwändigste Restaurierungsarbeit im Rahmen der evangelischen Kirche der jüngeren Zeit, betonte Friedrich Gunesch, Hauptanwalt des Hermannstädter Landeskonsistoriums. Die Weihe des „sächsischen“ Turmes nach seiner Wiederherstellung bedeute, dass die heutige Generation in Bistritz ein würdiger Nachfolger der Sachsen ist, sagte Bürgermeister Creţu. Die Achtlosigkeit und Nachlässigkeit vergangener Tage gegenüber dem sächsischen Kulturerbe sei einem gemeinsamen Verantwortungsgefühl gewichen. Er erinnerte bei der Gelegenheit an das 450. Jubiläum seit der letzten Kirchweihe, das am 24. August 2013 gefeiert werden soll.