Wo steht, was will das Forum?

Impulsreferat bei der Klausurtagung „Forum 2030“ in Hermannstadt, 8.-9. Dezember 2017

Dr. Paul-Jürgen Porr
Foto: Michael Mundt

Ich werde versuchen, auf die zwei Fragen, wo steht und was will das Forum, kurz zu antworten.

Das Forum besteht seit 27 Jahren und hat in dieser Zeitspanne politisch, wirtschaftlich, kulturell, schulisch und sozial die Interessen unserer deutschen Gemeinschaft vertreten.

Politisch war das Forum auf lokaler Ebene aktiv. Von anfänglich wenigen Stadt- und Gemeinderäten hat das Forum heute zig Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte und stellt mehrere Bürgermeister. Das absolut hervorragendste Beispiel ist Hermannstadt, wo jetzt zum fünften Mal das Bürgermeisteramt in deutscher Hand ist und wo zum vierten Mal die Mehrheit im Stadtrat vom Forum gestellt wird. Zwei Mandate war der Kreisratsvorsitzende Angehöriger unserer Gemeinschaft und zum dritten Mal bilden wir im selben Kreisrat eine starke Fraktion und stellen den Vizekreisratsvorsitzenden. In Kronstadt und im Kreis Sathmar ist das Forum noch relativ gut vertreten, leider in anderen deutschen Ballungsgebieten kaum oder gar nicht (Temeswar, Reschitza, Schäßburg u. a.). In Mediasch hatten wir zwei Mandate einen deutschen Bürgermeister und mehrere Stadträte, die leider ziemlich unrühmlich von anderen “eingekauft“ wurden. Es konnte einiges von diesen Bürgermeistern und Lokalräten bewegt werden. Das beste Beispiel ist wieder Hermannstadt als Wirtschaftsstandort, als europäische Kulturhauptstadt vor 10 Jahren u. a.

Ein anderer politischer Erfolg war die Verhinderung des Dracula-Parks auf der Breite bei Schäßburg, wo wir zusammen mit der Kirche, mit anderen Institutionen, inklusive mit Prinz Charles, erfolgreich dagegen Lobby machen konnten. Es war m. E. auch der erste nennenswerte Erfolg der rumänischen Zivilgesellschaft.

Auf  landespolitischer Ebene haben wir durch unseren jeweiligen Abgeordneten viele Interessen unserer Gemeinschaft verwirklichen können, trotz einer einzigen Stimme im Parlament.

Der größte Erfolg auf landespolitischer Ebene ist aber unbestritten die Wahl von Klaus Johannis zum Landespräsidenten. Sehr erfolgreich in der Außenpolitik, leider durch seine innenpolitischen Machtbefugnisse begrenzt, kann er oft bestenfalls nur Schadensbegrenzung bewirken.

Auch außenpolitisch war das Forum rege und hat seine sprichwörtliche Brückenfunktion tatsächlich wahrgenommen. Vertreter des Forums waren bei höchsten Staatsbesuchen in Deutschland dabei, alle deutschen Politiker, die Rumänien besuchten, waren auch Gäste des Forums. Ovidiu Ganț hat durch seine Beziehungen als ehemaliger EU-Parlamentarier nicht unwesentlich zum EU-Beitritt Rumäniens beigetragen.

Was die Wirtschaftshilfen betrifft, so haben unsere fünf Stiftungen in diesen Jahren Hunderte KMU gegründet und zig Tausende Arbeitsplätze geschaffen. Anfangs wurden auch landwirtschaftliche Projekte gefördert, aber nach einigen Jahren aus Altersgründen der Mitglieder eingestellt. Das war ein erstes Alarmzeichen für das Forum, das leider nicht sehr wahrgenommen wurde.

Der Erhalt der deutschen Sprache und des muttersprachlichen Unterrichts sind für uns, ohne zu übertreiben, vital. Dementsprechend auch unser Interesse daran. Das Mediascher Fortbildungszentrum, Gastlehrerprogramme und finanzielle Hilfen seitens des Bundestags sind nur einige Aspekte davon. Leider gibt es seit Anfang der 90er Jahre dasselbe peinliche Problem der fehlenden Schulbücher, ein Charakteristikum für alle Schulen in Rumänien und nicht nur unsere muttersprachlichen Schulen betreffend.

Was die Kulturtätigkeiten betrifft, hat sich in diesen Jahren über das Forum sehr viel ereignet, vor allem auf lokaler oder regionaler Ebene. Bestes Beispiel ist Reschitza. Wir haben mehrere Verlage (nur in Hermannstadt sind es drei), wir haben eine konstante Buchproduktion, wir haben die ADZ als einzige deutsche Tageszeitung in Südosteuropa am Leben erhalten, wir haben Theater und Puppentheater, Radio- und Fernsehsendungen in deutscher Sprache. Für die Renovierung mehrerer Kirchenburgen und für die Erklärung zum Weltkulturerbe anderer hat das Forum entscheidend beigetragen.

Was die soziale Arbeit betrifft, gibt es Altenheime, Essen auf Rädern, andere soziale Einrichtungen, die zum Teil in Zusammenarbeit mit der evangelischen oder katholischen Kirche funktionieren.

In den größeren Städten gibt es Jugendforen, in der ADJ vereint, die leider eine geraume Zeitspanne sich am Forum vorbeientwickelt haben. Es gilt, diese Kräfte mit unseren zu bündeln!

All diese Tätigkeiten, die unmöglich alle in wenigen Minuten aufgezählt werden können, konnten nur stattfinden, weil sowohl die rumänische als auch die Bundesregierung uns über diese gesamte Zeitspanne finanziell konsistent unterstützt haben. Deshalb möchte ich auch bei dieser Gelegenheit den beiden Regierungen aus Vater- und Mutterland unseren innigsten Dank aussprechen.

Desgleichen möchte ich die gute Zusammenarbeit zwischen Forum und Kirche, bzw. zwischen Forum und den landsmannschaftlichen Verbänden unserer Landsleute im Ausland unterstreichen, die leider nicht von Anfang an so gut war.

Das waren Antworten auf die erste Frage: Wo steht das Forum nach 27 Jahren?

Die Antwort auf die zweite Frage (Was will das Forum in der Zukunft ?) wäre im Prinzip einfach: All das weiterführen, vielleicht noch besser. Wenn man aber eine Zusatzfrage stellt (Wie soll das geschehen?), dann ergeben sich mehrere Probleme und über diese wollen wir bei dieser Klausurtagung sprechen.

Wir haben in diesen 27 Jahren viele aktive Mitstreiter durch Alter, Krankheit oder Tod verloren. Wir haben mehr Leute verloren, als neue dazu kamen. Die Probleme sind womöglich zahlreicher und komplexer geworden und wir alle, die von Anfang an dabei waren, sind inzwischen 27 Jahre älter. D. h. wir brauchen dringend jugendliche Kräfte, die gewillt sind, mitzumachen! Idealer Ansprechpartner sind sicher unsere Jugendforen, aber auch Sympathisanten und Rückkehrer oder Immigranten aus dem deutschsprachigen Mitteleuropa. Was die Rückkehrer oder die Nachkommen unserer ausgewanderten Landsleute betrifft, so hat das letzte Sachsentreffen diesbezüglich ein Zeichen gesetzt. Diese müssen aber die rumänische Staatsbürgerschaft ggf. wieder annehmen, um Vollmitglieder des Forums zu werden. Die sogenannten „Sommersachsen“ sind auch wenigstens als Sympathisanten einzubinden. Zuerst müssen wir also unsere internen Forumsstrukturen verjüngen, z. B. in Hermannstadt, Suceava, Bukarest, so wie das schon mit Erfolg in Klausenburg, Sathmar oder Bistritz geschehen ist.

Auch unsere Vertreter in der Lokalpolitik müssen aus jüngeren Generationen kommen und nicht wie in Hermannstadt, wo bei den letzten Wahlen, obwohl mit einem Durchschnittsalter bei 60 Jahren, der Stadtrat, trotz konkreten Vorschlägen, nicht verjüngt wurde, sondern im Gegenteil noch mehr Senioren aufgenommen wurden. So kann man ziemlich wahrscheinlich die Wahlen 2020 krachend verlieren. Wir müssen mit Fernlicht denken, nicht nur mit Abblendlicht oder sogar nur mit Standlicht! Wir müssen desgleichen versuchen, in allen Ortschaften mit deutscher Bevölkerung, wenigstens Lokalräte, wenn nicht sogar Bürgermeisterkandidaten aufzustellen. Wenn wir das nicht tun, wer denn sonst? Mit der Mentalität, „wir schaffen es ja eh nicht“, schaffen wir es ganz gewiss nicht. Ich kann mich erinnern, als 2000 Klaus Johannis zum ersten Mal als Bürgermeister kandidierte, sagte eine markante Persönlichkeit des Hermannstädter Forums: „Wir haben jetzt einen Bürgermeisterkandidaten, aber was machen wir, wenn er gewinnt?“ Und siehe – er hat gewonnen und seine Sache ausgezeichnet gemacht.

Was die weitere Gründung von KMU betrifft, so hoffen wir, dass dieser Aspekt auch von der neuen Bundesregierung in seiner Wichtigkeit für uns erkannt wird. Wir müssen aber nicht nur beim BMI, sondern vor allem im Bundestag neue Freunde suchen, da wir praktisch bei den letzten Wahlen im September all unsere Fürsprecher verloren haben. Das ist ein wichtiges Ziel für die nächsten Monate. Betreffend KMU müssen wir auch die Geförderten näher ans Forum heranziehen.

Was den Erhalt der deutschen Sprache betrifft, so ist Deutsch landesweit z. Z. an zweiter Stelle nach Englisch – und das in einem frankophonen Land. Trotzdem gibt es noch Möglichkeiten diesbezüglich, die auszuschöpfen sind. Was den Erhalt unserer Dialekte betrifft, so bin ich relativ skeptisch. Aber auch da kann mehr getan werden. Die „Pipatsch“ in der BZ ist diesbezüglich ein nachahmenswertes Beispiel.

Sehr wichtig für den Erhalt unserer Gemeinschaft ist das Bündeln aller vorhandenen Kräfte – Forum, Kirche, Landsmannschaften.

Damit wir trotz unserer geringen Anzahl, die der Bevölkerung eines Stadtviertels entspricht, weiter wahrgenommen werden, müssen wir uns um das Gemeinwohl auch unseres Umfeldes bemühen. Auch wenn wir ein Interessenverband unserer Minderheit sind, müssen wir uns, unserer Tradition gemäß, auch um unsere andersnationalen Mitbürger kümmern, wir müssen über den eigenen Tellerrand hinausschauen.

Wenn wir mit Fernlicht denken und arbeiten, dann gibt es reelle Chancen, dass wir auch mittelfristig eine Zukunft als deutsche Minderheit in Rumänien haben.