WORT ZUM SONNTAG: Der Mensch der Zukunft

Eigentlich könnte man über jedes Menschenleben den Titel schreiben: „Eine kleine Weile!“ In der Menschheitsgeschichte ist das einzelne Leben eine winzig kleine Weile. Das bekräftigt auch die Bibel im Buche der Weisheit (Kap. 2,4-5): „Unser Leben geht vorüber wie die Spur einer Wolke und löst sich auf wie ein Nebel, der von den Strahlen der Sonne verscheucht und von ihrer Wärme zu Boden gedrückt wird. Unsere Zeit geht vorüber wie ein Schatten, unser Ende wiederholt sich nicht; es ist versiegelt, und keiner kommt zurück!“

Und wir selber, was sagen wir dazu? Es ergeht uns ähnlich wie dem alten römischen Dichter Horaz (65-8 v.Chr.). Er war zuerst ein armer Schreiber, der sich mit seiner Schreibfeder mehrere Jahre durchhungerte. Mit der Zeit wurde er berühmt und sein Ruhm brachte ihm großen Reichtum. Nun hatte er, was er so sehnlich erwartet hatte. War er nun zufrieden und glücklich? Ihm wurde erst jetzt bewusst, wie kurz das Menschenleben ist. So begann er sein Klagelied zu singen: „Bald werden andere von den Bäumen pflücken, die ich gepflanzt. Auf meinem Grabe werden dunkle Zypressen stehen. – Als ich noch ein armer Schreiber war und hungern musste, da waren die Tage riesig lang, jetzt aber entflieht die Zeit so schnell!“

Das erleben auch wir. Auch unsere Tage fliehen dahin und wir denken mit Sorge, viele mit Angst daran, dass diese „kleine Weile“ unseres Lebens gar bald zu Ende sein wird. Wie sollen wir uns dazu verhalten? Sollen wir, wie Horaz, der vergangenen Lebenszeit nachtrauern? Nein, das überlassen wir den Glaubenslosen. Blicken sie in die Vergangenheit zurück, so ist für sie jeder vergangene Tag ein unwiederbringlicher Verlust. Blicken sie in die Zukunft, was kann sie ihnen Positives zeigen? Nichts, nur ein dunkles Grab, das auf sie wartet.

Den glaubensstarken Christen kann keine solche Trauerstimmung überwinden. Er trauert der verflossenen Lebenszeit so wenig nach wie ein Deportierter der vergangenen Deportationszeit. Der wahre Christ bleibt nicht an der Vergangenheit hängen. Der wahre Christ ist ein Mensch der Zukunft! Er weiß, dass nur sie sein eigentliches Glück in sich birgt. Wie sagt doch Christus: „Ich gehe zum Vater!“ Genau das ist der Sinn und der Weg jedes echten Christenlebens: „Auch ich gehe zum Vater!“ Sein christlicher Glaube bestärkt ihn darin: Das Ende des Erdenlebens ist nicht das dunkle Grab. Es mündet vielmehr ein in ein ewiges Leben in der Gemeinschaft mit Gott! Welch eine großartige Zukunftsperspektive!

Benützen wir die „kleine Weile“ unseres irdischen Lebens, uns als Gotteskinder zu erweisen. Das ist keine so schwere Aufgabe. Als junge Leute mussten wir während der Russlanddeportation hungernd und oft frierend schwere körperliche Arbeit verrichten. Einmal sagte einer aus unserer Gruppe: „Wenn ich sicher wüsste, dass ich gesund in die Heimat zurückkehren werde, ich würde mit viel mehr Eifer hier arbeiten!“ Wir stimmten ihm zu. Glaubensstarke Christen sind überzeugt, dass sie aus diesem Exil in die ewige Heimat, ihr wahres Zuhause, heimkehren werden.

Dafür müssen sie weder hungern noch schwere Deportationsarbeit leisten. Was wird von ihnen verlangt? Sie sollen im Eifer an sich selber arbeiten und ihre Kräfte nicht in gottwidrigen Taten verschleudern. Unsere Arbeit, die Gott von uns erwartet, besteht darin, dem Guten in uns zum Sieg zu verhelfen. Wir sollen uns zu Edelmenschen entwickeln. Das ist doch die Arbeit, die vollen Erfolg bringen kann. Jeder, der guten Willens ist, kann diese Aufgabe lösen. Wie heißt es doch in der Bibel: „Fürchte Gott und halte seine Gebote! Das ist der ganze Mensch!“ Geht dann die „kleine Weile“ des Menschen zu Ende, so mündet sie ein in ein neues Leben. Das Wunder geschieht: Die „kleine Weile“ verwandelt sich in Ewigkeit.