WORT ZUR WEIHNACHT: Christ, der Retter, ist da!

Wort zur Weihnacht

Für kein Fest werden schon Wochen vorher so viele Vorbereitungen getroffen wie für das Weihnachtsfest. Handel und Gewerbe bieten Geschenke an, Lebensmittel aller Arten warten auf den Käufer, viele Lichterketten erhellen die dunklen Nächte. Endlich, nach viel vorweihnachtlichem Rummel, kommt der ersehnte „Heilige Abend“. Wie feiern wir das Fest, auf das wir uns so kostspielig vorbereitet haben? Eigentlich müssten wir im Geiste vor der Krippe im Stalle zu Bethlehem wie die erstaunten Hirten stehen. Wer oder was liegt für uns in der Krippe? Leider liegt für viele Christen nicht das Jesuskind in der Krippe, sondern ein „goldenes Kalb“. In Weihnachten sehen sie nicht einen Festtag, sondern einen „Fresstag“. Welche Rolle spielt dann Christus, die Hauptperson dieses Festes in unserem Leben?

Der junge Hamburger Schriftsteller Wolfgang Borchert (1921-1947) schrieb ein erschütterndes Hörspiel: „Draußen vor der Tür“! Darin schildert er die Heimkehr eines jungen Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft. Im Lager hatte er sich so sehr nach diesem Augenblick gesehnt. Endlich steht er vor der Tür seines eigenen Hauses. Klopfenden Herzens erwartet er, dass seine Frau die Tür öffnet und ihn freudig umarmen wird. Sie öffnet die Tür, erschrickt und erbleicht. Schmerzvoll erkennt er, dass sie überhaupt nicht auf ihn gewartet hat. Ein anderer Mann hat in seinem Heim seine Stelle eingenommen. Er bleibt „draußen vor der Tür“ seines Heimes stehen.

Noch schlimmer ist es, wenn am Weihnachtsfest Christus vor unserer Herzenstür steht und anklopft. Er hat sein Leben und Blut für uns geopfert. Bei vielen Christen trifft leider das Wort aus dem Johannesevangelium zu: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinigen nahmen ihn nicht auf!“

Lassen wir ihn doch nicht „draußen vor der Tür“ unseres Herzens stehen. Er kommt ja zu uns nicht als Bettler, sondern als unser „Retter“.

Im Jahre 1989 wollten viele DDR-Bürger in die Bundesrepublik übersiedeln. Das wurde ihnen verwehrt. So fuhren sie nach Prag und hofften, durch die Botschaft der Bundesrepublik an ihr ersehntes Ziel zu gelangen. Wochenlang harrten etwa 4000 DDR-Bürger im Garten der Botschaft aus. Ende September kam der damalige Außenminister der BRD, Hans Dietrich Genscher, nach Prag. In der Botschaft verkündete er: „Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise genehmigt wurde!“ Da brach ein grenzenloser Jubel aus. Es war die Freudenbotschaft, auf die sie so sehnlichst gewartet hatten. – Wir fragen: Hatten diese Leute ein schweres Schicksal hinter sich? Keiner von ihnen musste bisher Hunger leiden oder Sklavendienste leisten. Aber endlich in Freiheit leben zu dürfen, sahen sie als Rettung an.

Mit noch mehr Jubel haben wir Russlanddeportierten 1949 die Nachricht aufgenommen, dass wir bald in unsere Heimat zurückkehren dürfen. Unsere Lage war viel beschwerlicher als die der DDR-Bürger. Wir mussten in der Deportation fast ständig Hunger leiden und Sklavendienste leisten. Bei unserer Heimkehr kamen wir nicht in einen Paradiesgarten. Aber endlich persönlich frei zu sein und selbst über das eigene Leben bestimmen zu können, empfanden wir freudig als Rettung.

Umso mehr muss uns das Weihnachtsfest mit Freude erfüllen. Denn Christus, der sich für uns in die Krippe gelegt und am Kreuz sein Blut vergossen hat, brachte uns eine Rettungsbotschaft, wie es auf dieser Erde keine zweite geben kann. Aus diesem kurzen Leben, gefüllt mit Arbeit, Einsamkeit, Enttäuschungen, Krankheiten und Tod, will er uns erretten und verheißt uns (Off. 21,4): „Er wird abwischen jede Träne von ihren Augen, und es wird keinen Tod mehr geben, auch keine Trauer, kein Klagegeschrei, keine Mühsal, denn das Frühere ist vorbei!“

Öffnen wir unsere Herzenstür für Ihn und singen wir mit dankbaren Herzen: „Christ, der Retter, ist da!“