Zeitgenössische Kunst rückt in den Mittelpunkt

„neoteric“-Tanzfestival und „Lange Nacht der Galerien“ in Kronstadt

„Die blaue Galerie“ (Galeria Albastră) ist ein alternativer Kunstraum in der Kronstädter Oberen Vorstadt (Schei). Foto: noapteagaleriilor.ro

Der Herbstanfang bringt frischen Wind in die eher traditionelle Kronstädter Kulturszene. Der Monat Oktober startet gleich mit zwei Veranstaltungen, bei denen die alternative Szene in den Mittelpunkt rückt: die lange Nacht der Galerien und die erste Auflage des Festivals für zeitgenössischen Tanz „neoteric“. Am Mittwoch, dem 21. September, gaben die Organisatoren beider Events auf den jeweiligen Pressekonferenzen das Programm der Veranstaltungen bekannt. Eine Tanzperformance in einer Wohnung, Multimedia-Ausstellungen, ein Konzert mit Elektro-Musik, eine Ausstellung mit kurzen Geschichten, die sich alle im Bus Nummer 17 ereignet haben, und ein kostenloser Workshop mit einem international bekannten Künstler stehen unter anderem auf dem Programm.

Für das eher konservative Publikum in Kronstadt sind es vielleicht zu viele hochmoderne Konzepte auf einmal. Trotzdem glauben die Organisatoren fest daran, dass man das Publikum „erziehen“ muss, indem man es an Veranstaltung dieser Art gewöhnt.
 

Eine lange Herbstnacht

Wie auch in anderen neun Städten Rumäniens öffnen in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober die Galerien in Kronstadt einen Abend lang ihre Türen. Die „Lange Nacht der Galerien“ wird in der Stadt unter der Zinne von dem neu gegründeten Verein „Artburg“ mit Unterstützung der Gesellschaftlichen Stiftung und der Agentur der Metropolregion Kronstadt organisiert.

Die Nacht zum Tag machen, indem man nicht in einem Club tanzt, sondern bis vier Uhr morgens interessante Kunstausstellungen besucht – für Neugierige, die sich an die Kronstädter Szene der zeitgenössischen Kunst herantasten wollen, ist es die beste Gelegenheit, nahezu alle modernen Galerien in einer einzigen Nacht kennenzulernen und sich mit jungen Künstlern zu unterhalten. Dabei werden sie sehr nahe an die alternative Szene herangebracht und werden noch unbekannte Galerien entdecken. Wie etwa die „Blaue Galerie“ in der Oberen Vorstadt (Schei), wo die Künstlerin Emanuela Voinescu ausstellen wird. Ihr Interesse gilt hauptsächlich den Ähnlichkeiten zwischen dem menschlichen Körper und der Natur. Fotografiebegeisterte können im „Bohemian Photo Studio“ in der Michael-Weiß-Gasse die neuesten Werke junger Kronstädter Fotografen bewundern und sich mit diesen unterhalten. In der Mittelgasse/Strada de Mijloc befindet sich die Galerie für zeitgenössische Kunst „Ora 0“. Hier kann man eine Ausstellung mit konzeptueller Kunst besuchen. Eine interessante Installation beherbergt in dieser Nacht die Buchhandlung „Okian“ in der Klostergasse/Mureșenilor. Im Café „Tipografia“ stellt die Fotografin Alina Andrei aus. „Bus Nummer 17“ heißt ihre Ausstellung. Mit Hilfe von gezeichneten und anschließend fotografierten Strichmännchen erzählt sie Geschichten, die sich im Autobus Nummer 17 ereignet haben, der von der Postwiese ins Noua-Viertel fährt. Andrei fährt seit vielen Jahren täglich mit diesem Bus. Dabei hat sie traurige und frohe Menschen beobachtet und ihren Gesprächen „über Politik, Waschmittel, Preise, Liebe und Tod“ gelauscht. Im Ganzen sind es 13 Galerien, die man in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober besuchen kann.

Ein Flyer in Form einer Karte, auf der alle Veranstaltungsorte angezeigt sind, führt die Besucher auf den richtigen Weg durch Kronstadts Kulturszene. „Alle Veranstaltungsorte sind auf der Karte markiert, damit der Besucher eine genaue Übersicht hat. Dabei gibt es drei Kategorien von Veranstaltungsorten: Kunstgalerien, kreative Hubs und alternative Ausstellungsräume. An der langen Nacht der Galerien nehmen 28 Künstler teil, die meisten davon sind Kronstädter. Die Veranstaltung findet seit mehreren Jahren in verschiedenen Städten Rumäniens statt. Kronstadt ist zum ersten Mal dabei. Unser Ziel ist es, die junge kreative Szene Rumäniens bekannt zu machen“, erklärt Augustina Stanciu, Organisatorin der „Langen Nacht der Galerien“.

Die Flyer mit der Karte, das komplette Programm der langen Nacht sowie Informationen über jede Ausstellung, die besucht werden kann, findet man im HOF-Cafe (Marktplatz nr. 14.). Hier wird ein Team aus Freiwilligen den Besuchern Auskunft geben. Ebenfalls findet man Informationen auf der Webseite des Events: www.noapteagaleriilor.ro.
 

Zeitgenössischer Tanz unter der Zinne

Kronstadt hat überhaupt keine Tradition, was zeitgenössischen Tanz betrifft. In dieser Hinsicht ist das Publikum unerfahren. Events dieser Art werden noch als relativ exotisch betrachtet. Das ist verständlich. Oper und Ballett bieten ein hochtraditionelles Programm. Besucht man da eine Veranstaltung, ist es, als ob man eine Zeitreise in die 90er Jahre macht. Auch am Theater sieht man nie Tanzperformances. Einige Schritte in dieser Richtung haben das Deutsche Kulturzentrum und das Kulturzentrum Redoute gemacht. Performances aus Deutschland wurden eingeladen, die Redoute hat sogar eine Performance selbst produziert. Auch ein paar Workshops haben stattgefunden – das war bisher alles.

An den ersten neun Oktobertagen finden sechs Tanz-Performances, eine Veranstaltung an einem unkonventionellen Ort, Tanzworkshops, Filmabende und eine Multimedia-Ausstellung im Rahmen des Tanzfestivals „neoteric“ statt.
„Wir haben bemerkt, dass sich in der alternativen Kunstszene in Kronstadt die Sachen langsam in Bewegung gesetzt haben. Zeitgenössische Tanzperformances konnte man schon bei verschiedenen Gelegenheiten besuchen. Wir haben uns vorgenommen, alle diese Events unter einen Schirm zu bringen und dadurch ein Publikum zu formen. Wir wünschen uns nicht nur ein Zuschauer-Publikum, sondern ein aktives Publikum, das an unseren Tanzworkshops teilnimmt und sich aktiv an unseren Events beteiligt“, meint die Choreografin Bianca Oichea, die das Festival künstlerisch leitet.

„Neoteric“ nimmt sich vor, ein junges Publikum zu gewinnen, das sowohl an Kultur als auch an den neuen Technologien interessiert ist. Alle Tanzperformances und die Multimedia-Ausstellung finden im Kulturzentrum Redoute statt. Die anderen Events sind im „HOF“-Café (Marktplatz nr. 14) anberaumt, während die Performance „Fragil“ an einem unkonventionellen Ort – in einer Wohnung – abgehalten wird.
Ein Höhepunkt des Festivals ist der Workshop, der vom international bekannten Choreografen Cosmin Manolescu gehalten wird. „Er ist sehr daran interessiert, allen zu zeigen, was der zeitgenössische Tanz bedeutet. Sein Workshop ist für alle offen, seien es Anfänger oder Fortgeschrittene“, gab Mara Opri{iu, Organisatorin des Festivals, bekannt. „Zone D – Werkstatt für urbane Erforschung“ heißt der Workshop mit Cosmin Manolescu, der zwischen dem 1. und dem 5. Oktober sowohl im Kulturzentrum Redoute als auch im Freien, an verschiedenen Orten der Stadt, stattfinden wird. Die Teilnahme am Workshop ist kostenlos und auf acht Personen begrenzt. Interessenten können eine E-Mail und ein Bewerbungsschreiben an serial.paradise@artsf.ro senden.

Das Deutsche Kulturzentrum Kronstadt ist schon ein traditioneller Partner des zeitgenössischen Tanzes in Kronstadt. „2016 ist in Deutschland das Jahr des Tanzes. Deshalb haben wir die Tanzperformance Retour des Berliner Tanzkollektivs ‘laborgras’ nach Kronstadt eingeladen. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder Tanzperformances aus Deutschland nach Kronstadt gebracht und freuen uns, jetzt bei neoteric dabei zu sein“, meint Roxana Florescu, Leiterin des Deutschen Kulturzentrums.

Die sechs Performances im Kulturzentrum Redoute sind: „Die Traumfabrik“- Choreografie Simona Diaconescu (am 4. Oktober), “Birdville (Tanz und interaktive Technologie)“- Choreografie Simona Diaconescu (5.Oktober), „Retour“ (laborgras Berlin) am 7.Oktober, LOE (Choreografie Bianca Oichea) und „Fragil“ (Choreografie Cosmin Manolescu am 8. Oktober). Der Preis einer Eintrittskarte beträgt 20 Lei. Karten können an der Kasse der Redoute erworben werden. Die Organisatoren der Veranstaltung sind die Vereine KunSTadt und SIC, das Kulturzentrum Redoute und das Deutsche Kulturzentrum Kronstadt.
Mehr Informationen und das komplette Programm auf der Facebook-Seite „neoteric“.