„Zeitung verbindet“ – manchmal auch Politik und Humor

Interview mit unserem Karikaturisten Ioan Cozacu alias NEL

Von NEL stammt auch die Karikatur in der Jubiläums-Sonderbeilage „Zeitung verbindet“.

Wenn man in einer Menschenmenge zufällig die Samstagausgabe der ADZ verteilt, kann man eine verblüffende Beobachtung machen: Kenner drehen die Zeitung meist sofort um und lesen zuerst die letzte Seite – das Wochenendblatt. Humor kommt vor Politik! Wenn das bei Ihnen genauso ist, dann kennen Sie sicher die witzigen, manchmal auch bissigen, stets mitten ins Schwarze treffenden Karikaturen von NEL.

NEL? Wer ist eigentlich NEL? Hinter dem Künstlernamen-Kürzel verbirgt sich der Autor unserer Jubiläums-Karikatur „Zeitung verbindet“: Ioan Cozacu aus Erfurt. Mit ihm verbinden uns nunmehr zehn Jahre treue Zusammenarbeit – ein Minijubiläum, wie er selbst erstaunt bemerkt. Und Zeit für ein herzliches Dankeschön! Denn all die Jahre verlangte NEL keinen Pfennig, sondern bekennt: „Honorare sind wichtig für einen Freiberufler, der nur von seinen Zeichnungen lebt, aber diesmal habe ich mich über ein Dauerabonnement mehr gefreut. So bin ich seitdem auch ein aufmerksamer Leser Ihrer Zeitung.“

Neugierig geworden auf NEL? Nina M a y lockt den aus Rumänien stammenden, seit 1984 freischaffenden, mehrfach prämierten Karikaturisten – laut Wikipedia einer der bekanntesten Deutschlands – für die Jubiläumsausgabe der ADZ hinter dem Zeichenblock hervor.

Lieber Herr Cozacu, Sie beliefern uns seit Jahren mit wunderbaren Karikaturen, die von der Wochenendseite der ADZ gar nicht mehr wegzudenken sind. Für die Jubiläumsausgabe haben wir Ihre Zeichnung „Zeitung verbindet“ als Motto auserkoren – und wir möchten Sie unseren Lesern gerne vorstellen. Bestimmt fragen sich viele, was Sie mit der deutschen Minderheit in Rumänien und mit der ADZ verbindet?

Das Wichtigste zuerst: Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum! Ich stamme aus Cluj - Klausenburg (Bj. 1953) aus einer rumänischen Familie. Mein Großvater und auch meine Mutter haben in Germanistik promoviert. Als Kind habe ich noch kein Deutsch gesprochen, die Erwachsenen redeten deutsch, wenn sie von uns Kindern nicht verstanden werden wollten. Das änderte sich aber Stück für Stück. Ich kann sagen, dass die deutsche Kultur im Elternhaus zum Alltag gehörte.

Wie kam es, dass Sie nun in Deutschland leben?

Ich habe in der DDR an der Burg Giebichenstein industrielle Formgestaltung (für Englischliebhaber übersetzt: Design) studiert. Dort lernte ich meine Frau kennen und nach einer jahrelangen Odyssee kommunistischer Prägung durfte ich sie heiraten und in die DDR offiziell auswandern (wer wanderte schon in die DDR aus!).

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ausgerechnet Karikaturist zu werden?

Nach ein paar Jahren in meinem Beruf habe ich umgesattelt und bin als Freiberufler unter die Buchillustratoren gegangen. Gleich zu Beginn wurde der Umschlag meines erstillustrierten Buches auf der Leipziger Buchmesse für die 100 schönsten Buchtitel ausgewählt. Das machte Mut und so ging es weiter bis zur Wende. Dann begann das Sterben der Verlage, so wie wir sie bis dahin kannten. Seitdem habe ich mein Steckenpferd, was ich bis dahin mehr als Hobby pflegte, zum Beruf gemacht. Veröffentlichungen im „Eulenspiegel“ oder „Das Magazin“ markierten den Beginn meines neues Weges als Karikaturist.

Was hat Ihr Interesse für Karikatur geweckt und welche Themen fordern Sie zum Zeichnen heraus?

Schon als Kind und später in der Schule habe ich mein Interesse für Karikatur entdeckt. Mein Onkel, der selber zeichnete, war der Auslöser.
Auch Geschichte, Geografie und internationale Politik haben meine Neugier geweckt und später beruflich eine Rolle gespielt. Wenn zuhause der Postbote die Zeitung brachte, war die letzte Seite, die Auslandsseite, frei von Personenkult und Indoktrination, meine Lieblingslektüre. Als meine Lieblingsthemen würde ich die bezeichnen, die mich direkt betreffen. Das sind mittlerweile nicht wenige geworden. Und wenn ich schon meinen Senf dazugebe, dann am liebsten über Nachrichten, die nicht gerade ein paar Minuten alt sind. Ich betrachte die politische Karikatur als einen gezeichneten Kommentar. Und kommentieren kann ich erst, wenn mir die Fakten klar sind, wenn Ross und Reiter feststehen. Eine begründete und pointierte Kritik ist für mich wertvoller als ein vorschnell ausgekippter Kübel Beleidigungen und Verdächtigungen.

Sie waren Mitbegründer der Cartoonfabrik Köpenick. Was hat es damit auf sich?

Cartoonfabrik Köpenik war der Verein, der nach der Wende ost-und westdeutsche Zeichner zusammenbrachte, um zum ersten Mal gemeinsam Ausstellungsprojekte, Veröffentlichungen und Interessenvertretung zu organisieren. Im Rückblick: Es war ein wichtiger Baustein auf meinem Weg und ich bin dankbar, dabei gewesen zu sein.

Nachtrag:

Statt des gewünschten Fotos schickt NEL – fast war es zu erwarten – ein gezeichnetes Selbstporträt. Und schreibt: „Kein Lichtbild vermag es, so wie meine einzig wahre, biometrisch einwandfreie Portätkarikatur, mein Antlitz abzubilden. Leider vertritt die Passbehörde beharrlich eine andere Meinung.“