Zigarettenschwarzmarkt wuchs sechs Monate in Folge

Behörden scheinen wieder einmal vom Schmuggeldruck überfordert

Einen kleinen Teil der Schmuggelware kann die Polizei sicherstellen.

Die meisten der über drei Dutzend Zöllner von den Grenzübergängen in den Verwaltungskreisen Temesch, Karasch-Severin und Mehedinţi, die vor fünf Jahren in Westrumänien direkt von Bukarester Eingreiftruppen verhaftet und per Hubschrauber unmittelbar darauf in die Hauptstadt zu Verhören gebracht wurden, sind heute frei. Die damalige Aktion, die von höchstem Misstrauen gegenüber den örtlichen Banater Behörden zeugte, hatte ein zeitweiliges Unterangebot auf dem Zigarettenschwarzmarkt des Banats und ganz Rumäniens bewirkt, aber im Grunde keine Nachhaltigkeit. Denn inzwischen blüht der Markt der Schmuggelzigaretten wieder: Sechs Monate in Folge war das Volumen geschmuggelter Zigaretten gestiegen – liegt aber in Westrumänien noch immer leicht unter dem Niveau von 30-35 Prozent, das vor der spektakulär inszenierten Aktion von damals erreicht wurde.

Vergessen sind die damaligen Aktionen des Zolls und der Antikorruptionsbehörde DNA noch nicht gänzlich – dafür steht die größere Vorsicht, mit der heute die Schmuggler und Straßenverkäufer geschmuggelter Zigaretten vorgehen. Aber dass seit sechs Monaten stetig mehr Schmuggelzigaretten umgesetzt werden – wie es die Untersuchungsagentur Novell Research verkündet, die im Auftrag des Finanzministeriums dem Phänomen nachging – das ist auf alle Fälle ein Grund zur Besorgnis. Laut Novell Research sind im Juni 2014 16,1 Prozent aller in Rumänien gerauchten Zigaretten durch Schmuggel auf den Markt gelangt. 2013 waren es im Jahresdurchschnitt noch 14,1 Prozent. Am schlimmsten ist es an der nordöstlichen Grenze (zur Ukraine und zur Moldau), wo 41 Prozent aller Zigaretten am Fiskus vorbei geraucht werden. Oder weitertransportiert werden ins Inland...

Schmuggelmarkt wächst im Osten, im Westen schrumpft er

Diese genau 41,8 Prozent des Anteils der Schmuggelzigaretten in der Nordostregion Rumäniens stellen einen Zuwachs von 9,5 Prozentpunkten gegenüber dem vergangenen Jahr dar. Im Nordwesten lag der Anstieg bei 6,4 Prozentpunkten (auf 17,6 Prozent aller gerauchten Zigaretten), während sich in Bukarest der Anteil geschmuggelter Zigaretten am Gesamtverbrauch in einem Jahr auf 12,6 Prozent verdoppelt hat. Starke Schrumpfungstendenzen des Markts für Schmuggelzigaretten konstatierte Novell Research, laut seinem Direktor Marian Marcu, in der Westregion/Banat (um minus 7,8 Prozent auf 23 Prozent) und in der Region Südosten/Oltenien (um 6,4 Prozent auf 13,8 Prozent). Was die Herkunft der Schmuggelzigaretten angeht, so sind die Päckchen ohne jedwede Steuermarke (im Fachjargon des Zolls: „Cheap Whites“) mit 39,4 Prozent führend, gefolgt von Zigaretten mit der Steuermarke der Ukraine und der Republik Moldau. Letztere beiden weisen Steigerungstendenzen auf.

Die ersten sechs Monate des Jahres 2014 werden von Novell Research als „die kontinuierlichste Zuwachsperiode des Schmuggels seit fünf Jahren“ bezeichnet. „In der Folge sind verstärkte Bekämpfungsbemühungen der staatlichen Institutionen erforderlich. Was uns betrifft, setzen wir die partnerschaftliche Zusammenarbeit fort, die wir mit diesen Institutionen 2005 begonnen haben, jüngst mit der Steuerbehörde ANAF.“ Dabei arbeiten die Untersuchungsagenturen auch eng mit Zoll und Grenzpolizei zusammen und konzentrieren sich vorwiegend auf die östliche und nordöstliche Außengrenze der EU. Schwierig gestalten sich die Aufklärungskampagnen, die von spezialisierten Agenturen mit Zoll und Grenzschutz geführt werden, um die Bevölkerung aufzuklären, weshalb Schmuggel – nicht nur von Zigaretten – der Wirtschaft eines Landes so sehr schadet. Man konzentriert sich fürs Erste auf den Nordwesten und den Südwesten Rumäniens und behauptet (vorsichtig), „bezeichnende Ergebnisse“ betreffs der „zeitweiligen Eindämmung“ des Zigarettenschmuggels aus Serbien verzeichnet zu haben. In Nordwestrumänien hält man sich zugute, dass dort der Schmuggel, gegenüber 22 Prozent Ende 2013, sichtbar verringert wurde. Im März 2014 lag er angeblich bei 11 Prozent.

Planlosigkeit schafft Verlierer

Dass neben dem Staat auch die legalen Zigarettenerzeuger und -händler durch den massiven Schmuggel geschädigt werden, liegt auf der Hand. Allerdings gibt es auf dieser Seite auch Verständnis für dem Umfang des Schmuggels. Dieser steige immer dann an, wenn der Fiskus die Verbrauchssteuer für Zigaretten, die Akzisen, anhebt. Der gegenwärtige sprunghafte Anstieg (seit April 2014) sei die Antwort auf die ungeplante Akzisenerhöhung zur Finanzierung des diesjährigen Haushaltsjahrs. Dass bisher niemand daran gedacht hat, einmal auszurechnen, was der Staat gewinnt oder verliert, wenn er solche unerwartete Besteuerungsmaßnahmen trifft, um selbst fabrizierte Haushaltslöcher zu stopfen, das wundert die Zigarettenindustrie, wo man findet, dass gut geplante Steuererhöhungen, die zudem psychologisch den Verbrauchern schmackhaft gemacht werden (etwa, indem man ihnen klarmacht, wohin dieses Steuergeld gezielt geht – allerdings mit der Bedingung, dass dies dann auch nachprüfbar ist...), für den Staat profitabel sind, während „wegelagerische Steuererhöhungen“ immer mit Schaden für den Staat enden – etwa einem sprunghaften Anstieg des Schmuggels. Der dann leider auch den Produzenten schadet und damit einen Teufelskreis aktiviert. So etwa lautet die Meinung von Adrian Popa, dem Director Corporate&Re-gulatory Affairs des Tabakproduzenten BAT Romania.

Letztendlich ist es allen, ausgenommen dem Staat, klar: Unangekündigte Akzisenerhöhungen schaden dem Staat doppelt – durch den Anstieg des Zigarettenschmuggels und durch das Sinken des Verkaufs legal produzierter und besteuerter Zigaretten, also durch Verringerung der staatlichen Einnahmen aus der Verbrauchssteuer. Berechnet man nämlich den Steuerwert der um zwei Prozent (von 14,1 Prozent Ende 2013 auf 16,1 Prozent zur Jahresmitte 2014) angestiegenen Schmuggelzigaretten (im Landesdurchschnitt) , dann macht das für den Fiskus eine Verringerung der Einnahmen um 70 Millionen Euro aus. Diese Rechnung macht derselbe Adrian Popa. „Jeder Prozentpunkt, den wir beim Absatz auf dem legalen Zigarettenmarkt verlieren, bedeutet ein Dreifachverlust für den Staat, durch Schmuggel und durch fehlende Einnahmen aus der Verbrauchssteuer, aber auch durch die Finanzierung von Bekämpfungsmaßnahmen des Schmuggels, die potenziert werden müssen“, sagt Sorana Mantho, Direktorin für Corporate Affairs bei Philipp Morris Rumänien und Bulgarien.
Wie hoch die Verluste durch fehlende Steuereinnahmen aus der Tabakindustrie werden können, wenn chaotisch Steuern erhöht werden, wird einem zusätzlich klar, wenn man weiß, dass die Tabakindustrie – nach der Erdölindustrie – der zweitgrößte Steuerzahler Rumäniens ist. 2013 überwiesen die Tabakproduzenten Rumäniens an den Fiskus 2,6 Milliarden Euro an Steuergeldern, allein aus der Verbrauchssteuer.