Zweites „Licht & Klang“ in Temeswar

Internationale Jugendveranstaltung mit geschichtlichem Fokus

Deutschsprachige Jugendliche aus Rumänien, Serbien und Deutschland trafen sich in der ersten Juniwoche im Banat.

Innerhalb der „Licht und Klang“-Jugendveranstaltung recherchierten die Teilnehmer über die Region und ließen eine gemeinsame Vorstellung mit Musik, Tanz und Theater entstehen.

In Gruppen eingeteilt lag der Fokus auf den geschichtlichen, musikalischen und literarischen Traditionen des Raumes, sowie auf dem Austausch in Theaterspielen, Politik und in der Radioberichterstattung.

Ein Höhepunkt der Woche war der Besuch einer Schäferei in der Banater Hecke und der anschließende Imbiss mit Schafskäse, hausgemachter Wurst und Tomaten. Fotos: Beate Zimmermann / Florian Kerzel

Die Mitglieder der Radiogruppe recherchierten die gesamte Woche über und erstellten eine Reportage, die am 5. Juli im Rahmen der deutschen Sendung von Radio Temeswar gesendet wird.

Der Festsaal sowie das Foyer und der Videosaal des „Adam Müller-Gutenbrunn“-Hauses (AMG) in Temeswar/Timișoara sind heute besetzt. Hier wird geprobt und die letzten Hinweise vor der großen Aufführung am Nachmittag werden gegeben. Die Abschlussvorstellung der deutschsprachigen Jugendbegegnung „Licht & Klang“ geht heute über die Bühne. Theater, Musik und Tanz sowie politische Eindrücke und letztendlich eine Radioberichterstattung stehen auf dem Programm. Innerhalb von fünf Tagen wurden insgesamt 42 Jugendliche aus drei europäischen Ländern - Rumänien, Serbien und Deutschland - von deutschen Fachleuten betreut und konnten sich dabei in unterschiedlichen Workshops gegenseitig kennenlernen und sich mit der Geschichte des Banats auseinandersetzen.

Initiatorin des Projekts ist Swantje Volkmann, Kulturreferentin für Südosteuropa an der Stiftung „Donauschwäbisches Zentralmuseum“ (DZM) in Ulm. Schon vor zwei Jahren wurde das Pilotprojekt der Jugendveranstaltung „Licht & Klang“ in der Bega-Stadt ausgetragen. Die Idee dahinter: Musikseminare und Schauspielworkshops sollen Wissen über den Donauraum vermitteln.

An der ersten Veranstaltung im Sommer 2017 beteiligten sich 25 Jugendliche aus Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, aus der Republik Moldau, Montenegro, Rumänien und der Ukraine. Sie arbeiteten zusammen und entwickelten ein Theaterstück zu einer gemeinsamen Melodie. Das Stück war wie eine Zeitreise aufgebaut und bot einen Einblick in die Geschichte und die Figuren der Region. Wichtige Ereignisse für die Bega-Stadt, wie zum Beispiel Temeswar als erste Stadt mit elektrischer Straßenbeleuchtung oder als die erste vom Kommunismus befreite Stadt in Rumänien im Dezember 1989, rückten damals u. a. in den Vordergrund.
Diesmal hat sich aber die Veranstaltung allein an Teilnehmer aus Rumänien, Serbien und Deutschland gewandt. Der Fokus soll auf die künftigen Kulturhauptstädte Europas im Jahr 2021, Temeswar und Novi Sad, mit der Donau als Verbindungselement gelegt werden.

Die Geschichte des gesamten Banats im Mittelpunkt

Die Jugendlichen wurden in fünf Gruppen eingeteilt und bereiteten in den fünf Tagen der Veranstaltung eine einzigartige Vorführung im AMG-Haus und in der deutschsprachigen „Nikolaus Lenau“-Schule vor. Am letzten Tag der Jugendveranstaltung finden am Vormittag die Generalproben statt: Im „Karl Singer“-Saal des AMG-Hauses probt die Theatergruppe unter der Leitung des deutschen Schauspielers und Theaterpädagogen Jörg Zenker. Inzwischen sind zur Gruppe auch die jungen Tänzer unter der Leitung von Isabelle Gatterburg und die Musikgruppe unter der Leitung von Thilo Ruck dazugekommen. Gemeinsam sollen sie Musik mit Tanz und Schauspiel zusammenbringen. Auf der anderen Seite der Festsaaltür hat sich die Politikgruppe versammelt. Gleich fünf Teilnehmer lassen unter den Anweisungen von Christoph Walesch politische Ideen und konkrete Antworten zu der Frage „Was ist Politik überhaupt?“ entstehen. Ausgehend von der politischen Geschichte des Banats, über den Kommunismus in Rumänien und die Revolution in Temeswar gehen die Antworten der Gruppenmitglieder zu konkreten politischen Perspektiven in Deutschland, Serbien und Europa über. Auch das Thema der Russlanddeportation der Rumäniendeutschen wird besprochen und die Bedeutung der Fremdsprachen in Europa wird ebenfalls hervorgehoben.

Gleich um die Ecke wird es im Flur vor dem Video-saal des AMG-Hauses laut. Aus dem Raum erklingen entschlossene Stimmen: „Ich will leben, arbeiten, handeln, doch ich entscheide, für wen und wozu!“ Im Raum werden die letzten Hinweise innerhalb des Schauspielworkshops unter der Leitung von Jonas Bolle gegeben. Die Teilnehmer lernen sich besser kennen. Sie werden in ihrer Performance auch den romantischen Banater Dichter Nikolaus Lenau vorstellen. In der gemeinsamen Hauptveranstaltung am heutigen Nachmittag werden auch Eindrücke aus dem Leben weiterer für das Banat wichtiger Figuren vorgestellt. Die Biographien von Roxelane, der Lieblingsfrau vom Sultan Süleyman dem Prächtigen, die von Anna Ferdinanda von Habsburg, die in Neudorf beigesetzt wurde und die des Komponisten Béla Bartók stehen im Mittelpunkt der Vorführung mit Musik und Gesang, Schauspiel und Tanz.

Die Recherche für die Abschlussveranstaltung war während der Woche sehr umfangreich: Die Jugendlichen unternahmen eine Stadtführung durch Temeswar, aber auch Reisen nach Neudorf, zum Grab Maria Anna Ferdinandas von Habsburg; nach Lippa/Lipova, zum türkischen Basar und bis hoch auf die Hellburg/Cetatea Șiria am Fuße des Zarand-Gebirges. Sie besuchten auch die Wallfahrtskirche Maria Radna, Arad, die Stadt der Revolution von 1848, und die Banater Hecke. Highlight für viele der Teilnehmer waren der Besuch und das Abendessen bei einer Schäferei.

Als eine absolute Neuigkeit bildete sich bei der Jugendveranstaltung auch eine Radiogruppe mit der Mitwirkung des Medienvereins FunkForum. Der Radio-Workshop wurde vom ifa-Kulturmanager Florian Kerzel geleitet. Zehn Teilnehmer recherchierten die gesamte Woche und erstellten eine Reportage, die am 5. Juli in der Jugendwelle im Rahmen der deutschen Sendung von Radio Temeswar zu hören sein wird.

Vereint durch die Donau

Die deutsche Stiftung „Donauschwäbisches Zentralmuseum“ in Ulm veranstaltet seit fast 20 Jahren Jugendbegegnungen im Donauraum, zu denen Teilnehmer aus allen Donauländern eingeladen werden. „Die Donau ist ein Lebens- und Kulturraum, der uns alle verbindet, und doch vergessen wir allzu schnell unsere gemeinsame bunte, spannende, aber auch leidvolle Vergangenheit. Das Ziel unserer Jugendveranstaltungen ist es, nach diesen Wurzeln zu forschen, aber auch den Dialog und gegenseitigen Austausch zu fördern. Nur dadurch ist es möglich, zu erkennen, dass das, was in weiter Ferne scheint, uns in Wirklichkeit doch sehr nahe ist: denn wir alle sind Europa“, sagt die Kulturreferentin Swantje Volkmann. Davon ausgegangen ist auch die Idee der neuen Jugendveranstaltung in Rumänien.

Hinter der Initiative stand Temeswar als Kulturhauptstadt Europas 2021 – lässt die deutsche Kulturreferentin wissen. Und inspirieren ließ sie sich dabei auch vom Slogan der Kandidatur der Stadt „Shine your light - Light up your city!“ („Lass dein Licht leuchten – Erleuchte die Stadt!“) - daher auch der Name des Projekts, „Licht & Klang“. Die Jugendlichen aus dem Donauraum dürfen sich dabei nicht nur kennenlernen, sondern auch Erfahrungen und Wissen austauschen. „Im Mittelpunkt steht nicht nur die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, sondern auch ein Lernen von- und miteinander“, setzt Volkmann fort. Im Kulturhauptstadtjahr 2021 soll die Jugendveranstaltung noch größer werden. Diese soll etwa zwei Wochen dauern, in Novi Sad (Serbien) beginnen, dann über die Donau nach Temeswar (Rumänien) führen, verrät die Kulturreferentin zum Schluss die Zukunftspläne der DZM-Stiftung bezüglich der deutschsprachigen Jugendveranstaltung.