Zwischen Vergangenheit und Zukunft

Die deutsche Minderheit in Rumänien bewegt sich! Aber wohin?

Generationen treten bei der Ideenwerkstatt in einen Diskurs .Foto: Alexander Nutz

Michelsberg - Wer oder was ist die deutsche Minderheit in Rumänien? Was tut sie? Wer gehört dazu und wer nicht? Und vor allem, wie geht es mit ihr weiter? Diesen und noch vielen weiteren Fragen stellten sich am vergangenen Wochenende die Teilnehmer der Ideenwerkstatt „Planspiel zur Zukunft der deutschen Minderheit in Rumänien“. Insgesamt 17 Neugierige aus unterschiedlichen Regionen Rumäniens kamen zusammen. Hier trafen Studenten aus Klausenburg/Cluj, Vertreter der Evangelischen Kirche, Automobilverkäufer und Forumsvorsitzende aufeinander. Sie alle vereint die deutsche Sprache und die Sorge um die Zukunft der deutschen Minderheit in Rumänien.

„Ein großes Problem ist der demografische Wandel“, sagte Winfried Ziegler, der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen, Mitorganisator und Teilnehmer an der Ideenwerkstatt. „Wenn die jetzige Tendenz anhält, dann steuern wir als Minderheit auf die Zahl null zu. Wir sind vom Aussterben bedroht“. Laut Volkszählungsergebnissen aus dem Jahr 2011 zählt die deutsche Minderheit 36.900 Mitglieder. Der 38-jährige Ziegler erhofft sich durch den Workshop eine Stärkung des Zusammenhalts. Die traditionellen Gemeinschaften, wie es sie früher einmal gab, seien nicht mehr existent. Auch gäbe es keine zeitgemäße Alternative, die an ihre Stelle treten könne.

Die Frage nach der Zukunft ist keine neue Thematik. Innerhalb der Minderheit wurde schon oft diskutiert, wie es weitergehen soll, aber noch nie in solch einem Rahmen. Paul Binder, Vorsitzender des Jugendforums in Kronstadt/Bra{ov, ist 25 Jahre alt und konnte zahlreiche Denkanstöße für sich mitnehmen. „Es ist an der Zeit, dass wir uns von den alten Mechanismen losreißen. Alte Traditionen werden nicht mehr so stark gepflegt. Ich glaube, man müsste viel mehr darauf eingehen, was die Jugend will. In Kronstadt bewegt sich schon einiges, auch in Hermannstadt. Die Zusammenarbeit der einzelnen Institutionen muss gefördert werden“.

Organisiert wurde die Veranstaltung vom Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in Zusammenarbeit mit dem Jugendzentrum Seligstadt, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen, dem Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt/Sibiu und CIVIC – dem Institut für internationale Bildung. Die beiden Referenten und Leiter des Workshops, Holger-Michael Arndt und Dr. Alexander Burka, blicken mittlerweile auf mehrere Jahre Planspielerfahrung mit deutschen Minderheiten in Polen und Tschechien zurück. Durch ihre Anleitung ist es nun auch in Rumänien zu einem sowohl sachlich, aber auch emotional geführten Diskurs gekommen. Sehr erstaunt und zugleich dankbar zeigten sich die beiden, als die Teilnehmer Einblicke in ihr persönliches Leben gaben und von dem erzählten, was sie als Minderheit bewegt. „Ich konnte frei meine Meinung äußern und hatte das Gefühl ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen und ernst genommen zu werden.“ Dies sei nicht immer selbstverständlich, gab die 20-jährige Geschichtsstudentin Cristina Pan]a zu bedenken.

In das Planspiel sollten möglichst breit gefächerte Ansichten einfließen, genau deshalb waren ein offener Diskurs und diese persönlichen Geschichten wichtig. Die geführten Diskussionen und Erzählungen dienten den beiden Referenten von CIVIC als Grundlage für das weitere Vorgehen. Die zwei intensiven Tage müssen nun reflektiert und verarbeitet werden. Impulse wurden dokumentiert. Die Leiter von CIVIC werden auch weiterhin im Austausch mit den Teilnehmern stehen, weitere Informationen zusammentragen und auf dieser Grundlage ein Szenario erstellen. Voraussichtlich Ende Mai 2014 findet dann die Premiere des Planspiels zur Zukunft der deutschen Minderheit in Rumänien statt.

Am Ende der zweitägigen Ideenwerkstatt wurden selbst die größten Zweifel zerstreut. Dr. Paul-Jürgen Porr, der Vorsitzende des DFDR, meinte anfangs: „Planspiel? Was soll das? Wir sollen ja keine Militärstrategie entwickeln...“, kam dann aber zum Schluss, dass es „... dann doch ganz pazifistisch war“. Daher lautet sein Fazit: „Alle fanden es höchst interessant und warten auf die Fortsetzung.“