300 Jahre seit der Geburt der Kaiserin Maria Theresia

Zu einer dokumentarischen Ausstellung mit Archivdokumenten und Illustrationen zur Tätigkeit der Kaiserin, anlässlich einer Erinnerungsveranstaltung, die einzigartig war in Rumänien

Zur Zeit von Maria Theresia wurde die Dreifaltigkeitssäule auf dem Domplatz in Temeswar errichtet und der Bau des Hohen Doms abgeschlossen.
Foto: Zoltán Pázmány

Anlässlich „300 Jahre seit der Geburt der Kaiserin Maria Theresia (17. Mai 1717, Wien – 29. November 1780, Wien) fand in Reschitza, im Rahmen der Deutschen Bibliothek „Alexander Tietz”, eine Gedenkfeierlichkeit statt. Vor einem zahlreich erschienenenPublikum sprachen Univ.-Prof. Dr. Rudolf Gräf, Vizerektor der Klausenburger „Babeș-Bólyai”-Universität (der aus Reschitza stammt), Dr. Ovidiu Roșu, der Leiter der Kreisdienststelle Karasch-Severin der Rumänischen Nationalarchive (mit Sitz in Karansebesch) und Doktorand Claudiu Călin, Archivar des Diözesanarchivs des römisch-katholischen Bistums Temeswar. Gastgeber und Veranstalter des Gedenkereignisses war Erwin Josef Țigla, Bibliothekar und Vorsitzender des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen.

Es ist bekannt, dass unsere engere Heimat, unser kleines Vaterland Banat seit 1716 Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation war, des Habsburgerreichs, bzw. Österreichs, letztendlich (seit 1867) Teil der Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie. Die hier aneinandergereihten Bezeichnungen beschreiben – unzulänglich, also teilweise und mehr oder weniger zutreffend – die selbe staatliche und geographische mitteleuropäische Identitätszugehörigkeit, eine internationale Realität. Diese bestimmte und prägte kulturell, wirtschaftlich, religiös und politisch auch die Banater jedwelcher Volkszugehörigkeit und Muttersprache. Wir, die Banater, sagen heute noch, wenn wir betonen wollen, wie alt, schön und durch die abgelaufene Zeit als richtig bestätigt eine Realität ist, wie großartig und wertvoll uns etwas erscheint, dass das „wie zu Zeiten der Kaiserin Maria Theresia” sei! Ob das wohl so falsch ist? Oder so richtig?!

Maria Theresia, die Lieblingstochter des Kaisers Franz VI. -  ein Monarch, der mit keinen Söhnen gesegnet war, der also in männlicher Erbfolge nach damaligem Recht keinen Thronfolger hatte – konnte das Reich nur erben, also den Kaiserthron des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation besteigen – wenn ihr Vater dafür große Mühen auf sich und das Kaiserreich lud, indem er zum Kriegführen bereit war und das Erbfolgegesetz änderte (durch die „Pragmatische Sanktion”) und indem sie selber, die junge Thronfolgerin Maria Theresia, durch Kriege gegen diejenigen, die ihr den Thron streitig zu machen versuchten, gegen jene, die verhindern wollten, dass das Schicksal eines so großen Reichs in die Hände einer Frau gelegt wurde – aber auch durch die Schwerstarbeit des engagierten Herrschens, durch Mühen und politisch-diplomatische Geschicklichkeit, nicht zuletzt durch die Gabe, auch die Meinung anderer zu hören. Und zu befolgen. Und durch kluge Auswahl ihrer Berater und Statthalter.

Sie herrschte zwischen 1740-1780. Durch ihre Arbeit und durch die Arbeit derjenigen, die ihre und ihrer Berater Ratschläge umsetzten, krempelte sie endgültig das Banat um und machte aus einer Randprovinz des Habsburgerreichs, die zudem noch, bei ihrer Inbesitznahme, sehr schwach entwickelt war, jenes Banat, das wir heute kennen und lieben. Sie reformierte von Grund auf den kaiserlichen Staatsapparat, sie verordnete die Einführung des allgemeinen und kostenfreien Pflichtunterrichts, die schuf, Schritt für Schritt, zwischen 1768-1774, die Militärgrenze – eine der wichtigsten zivilisatorischen Errungenschaften nicht nur des Militär-, sondern auch des Zivilwesens in den Randgebieten des Kaiserreichs (1783 wurde die Banater Militärgrenze nochmal erweitert – die in ungewohnt vielen Bereichen auch heute noch Auswirkungen hat, obwohl sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts bereits endgültig aufgelöst wurde).

Die Banater Militärgrenze war ursprünglich zum Grenzschutz im Südostteil des Habsburgerreichs aufgebaut worden, um das Gebiet vor Türkeneinfällen zu sichern. Aber den Grenzern wurden innerhalb der Militärgrenze Rechte und Privilegien zugesichert, die die Rumänen sonst nirgends so hatten. Andererseits wurde ihnen im Rahmen der Militärgrenze auf ihrem Siedlungsgebiet eine militärische Rigorosität beigebracht, die bis ins häusliche Leben ging und die heute noch nachwirkt, sei es in der Organisierung der Hauswirtschaft (etwa Vorschriften für die Gartennutzung, oder Mastschweinpflicht), sei es in der gemeinsamen Nutzung gewisser Einrichtungen – etwa der Wassermühlen im Rud²ria-Tal.

So entwickelte sich die Landwirtschaft (laut Wiener Merkantilismus die Grundlage für den staatlichen Wohlstand und den Wohlstand der Reichsbewohner), der Handel und die frühe Industrie. In jener Zeit wurden die meisten der Bergbau- und Schwerindustrieorte des Banater Berglands gegründet, Orawitza, Bokschan, Steierdorf, Tschiklowa, Dognatschka, später auch Reschitza. Zu ihrer Zeit und unter ihrer direkten Aufsicht wurde ein neues Strafgesetzbuch ausgearbeitet, das endgültig mit der mittelalterlichen Rechtssprechung brach. Zum ersten Mal wurde per Gesetz die Folterung von Gefangenen verboten. Sie gründete zwei Militärakademien und mehrere Bergakademien, sie ließ aus ärarischen Mitteln (= Mitteln des Kaiserlichen Schatzamtes) Kirchen, Krankenhäuser und Schulen, ja im Banat ganze Ortschaften bauen, unterstützte die Kirchen – mit Vorrang die katholische, aber im Banat auch die serbisch- und die rumänisch-orthodoxe Kirche – vor allem, weil im heute serbischen und rumänischen Banat die osmanische Gefahr (und deren propagandistischer Einfluss) im 18. Jahrhundert noch unmittelbar, akut und fürchtenswert war.

Aus theresianischer Zeit stammt der Taler, die Silbermünze (selten Goldmünze), die heute noch zum Schmuck der Volkstrachten rumänischer (oder zigeunerischer) wohlhabender Frauen und Mädchen dient, verarbeitet zu aufgefädelten Talerreihen, Halsketten. Ein theresianischer Taler misst 39,5 mm im Durchmesser, hat eine Stärke von 2,5 mm, ist 28,0668 Gramm schwer und enthält 833,33 Promille Silber, also 23,3890 Gramm Feinsilber.

So bekannt und berühmt sie war, so sehr gab es aber auch Zeiten, wo Maria Theresia Zielscheibe von Spott und Hohn war, von überharter Verurteilung durch gelenkte öffentliche Meinung, dass man nicht selten versucht hat, sie aus dem Gedächtnis jener Völkerschaften zu streichen, über welchen sie erfolgreich ihr Zepter geschwungen hatte. Warum? Weil auch damals die „fake news” funktionierten (auch wenn die Formel unbekannt war), weil Manipulation und Feindpropaganda funktionierten, weil Anschwärzung und Untergrabung der Autorität auch im 18. Jahrhundert nichts menschlich Fremdes waren. Schließlich: weil auch Kaiser, genau wie die Ärmsten der Armen, bloß Menschen sind, ihre Fehler und Schwächen haben, die oft nicht zu verbergen sind. Wie jeder Sterbliche. Aber auch, weil mit dem 19., vor allem aber dem 20. Jahrhundert die Emazipationsbewegungen im Vielvölkerstaat der Habsburger begannen und den „Helden” des Nationalkampfes, wie heute den Nationalisten, jedes Mittel recht war. Auch Besudelung, Undank, lügnerischer Leumund, Unbedachtheit, Unbekümmertheit um die Folgen von Reden und Taten. Auch (aber nicht nur) darauf beruhten manchmal nationale Emanzipationsbewegungen, auch damit war oft der Weg zu freien, unabhängigen, einheitlichen Nationalstaaten gepflastert. So schmiss man gelegentlich die nachhaltigsten Gestalten der Habsburger ungerechterweise in die Mottenkiste der Geschichte. Auch solche, die kaum auf Nation und Sprache, sehr wohl aber auf Wissen und Können und Fähigkeiten gesetzt haben, auf Fleiß und Ehrlichkeit, auf Vorrang des Staatsinteresses und auf den Wohlstand aller Völker, die im so divergent ausgerichteten Riesenstaat der Habsburger gelebt haben – wie Maria Theresia. Vergessen wir nicht: das Habsburgerreich kann auch als eine Art Vorläufer der heutigen EU gesehen werden...

In diesem 300. Geburtsjahr von Maria Theresia haben mehrere Nachfolgestaaten des Habsburgerreichs GEMEINSAM eine Briefmarke herausgegeben, auf der die Kaiserin und ihre Krone abgebildet sind. Österreich – 1918 Republik geworden -, Ungarn, Kroatien, Slowenien und die Ukraine haben damit, zumindest postalisch, die Bedeutung dieser Kaiserin für ihr Heute anerkannt. Jedes Land hat die Briefmarke in seiner eigenen Sprache beschriftet, doch ein identisches Design verwendet – ungefähr wie vor 300 Jahren im Habsburgerreich üblich. Rumänien, dessen weitaus entwickelteste Hälfte 1918 ebenfalls aus dem Habsburgerreich kam, hat sich am Projekt nicht beteiligt.

In Reschitza wurde allerdings, am Geburtstag der Kaiserin, eine Ganzsache in Umlauf gesetzt, mit der Ephigie der Kaiserin und einem Sonderstempel. Das Einzige, womit Rumänien des Geburtstags einer der (auch für seine eigene Geschichte) bedeutendsten Habsburgerrinnen gedachte.