„Banatschwäbische Kulturwerte im Reigen der Zeit – neue Impulse“

Kulturereignis in Nitzkydorf verband Geschichte und Gegenwart

Die Eröffnungsreden wurden von den Veranstaltern und den Ehrengästen im Schulhof gesprochen. Foto: Zoltán Pázmány

Eine Ortstafel mit deutscher Aufschrift hat die Gemeinde Nitzkydorf im Kreis Temesch seit Freitag. Dies hatte Dr. Hella Gerber, die Vorsitzende der HOG Nitzkydorf im letzten Jahr beim Symposium angeregt, jetzt war es soweit: Bürgermeister Dănuț Drăghici und Hella Gerber haben die Ortstafel enthüllt (siehe Foto). Dabei waren der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț, der DFDB-Vorsitzende Dr. Johann Fernbach, der Vorsitzende des DFBD Erwin Josef Țigla, gebürtige Nitzkydorfer, die ihre alte Heimat besucht haben, sowie jetzige Gemeindebewohner. Zu diesem Anlass hat die Musikkapelle Banater Schwaben Augsburg, Dirigent Werner Zippel, gespielt und der Frauenchor aus Biberach/Risegg FIS unter der Leitung von Monika Lessmeister mehrere Lieder gesungen.

„Nichts ist vergangen, nichts ist verloren!“ Die Worte stammen von unserem BZ-Kollegen Balthasar Waitz und diese haben die Veranstalter zum Motto des diesjährigen Kulturereignisses in Nitzkydorf gewählt, das am Wochenende stattgefunden hat: Symposium zum Kulturerbe, Gendenken, Konzert, Kirchweih und Geselligkeit gehörten dazu und alles stand im Licht des Schlagwortes „Begegnung“. Die Veranstaltungsreihe wurde von der HOG Nitzkydorf, der hiesigen Filiale des Demokratischen Forums der Deutschen aus dem Banat sowie von der Gemeinde (Rathaus und Schule) organisiert.

Empfangen wurden die aus Deutschland angereisten Gäste durch den Bürgermeister Dănuț Drăghici am Dorfrand, wo die deutsche Ortstafel eingeweiht wurde, die, wie Dr. Hella Gerber, die Vorsitzende der HOG Nitzkydorf erklärte, „2017 eine Vision war, 2018 eine Realität wurde“. Zu Fuß sind dann die Teilnehmer in die Gemeinde marschiert.

Im Schulhof sind die feierlichen Reden gehalten worden, wobei Bürgermeister Drăghici die Teilnehmer „willkommen zu Hause bei Ihnen“ geheißen hat, ebenso die Schulleiterin Adelina Briscan.

„Vor drei Jahren war auch der Schulhof voll“, erinnerte Dr. Hella Gerber in ihrer Rede an die 230-Jahre-Feier der Gemeinde: „Nach der erfolgreichen gemeinsamen 230-Jahr-Feier, der jetzigen und der ehemaligen Bewohner, im Jahre 2015, wurde das Interesse an gemeinsamen Veranstaltungen geweckt. Die Bewahrung und Bekanntmachung des banatschwäbischen Kulturerbes sind in den Mittelpunkt gerückt. Es entstand und es entsteht Neues. Neue Freunde wurden gefunden. Die Welt hat sich verändert, auch Nitzkydorf hat sich verändert. Für das banatschwäbische Kulturerbe gibt es neue Impulse“. Diesen Worten schloss sich Hildegard Anghelaș, die Vorsitzende der im Herbst 2017 gegründeten Ortsfiliale Nitzkydorf des DFDB an, die vom Stolz sprach, die Tradition weiterzuführen.

Als Ehrengast hatte der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț das Wort, der über die exzellente Zusammenarbeit der drei Organisatoren sprach und dem Bürgermeister und dem Gemeinderat für die deutsche Ortstafel dankte, als „ein Zeichen der Normalität, im Banat“, aber auch als „eine elegante politische Geste, die aber nicht unbedingt allgemein gültig ist und gerade dieser Tage einige Diskussionen hervorruft, die absurd sind“.

Das alte Schulgebäude wurde nach dieser feierlichen Eröffnung das Zentrum der Veranstaltungen: Zunächst erfolgte die Schenkung der Privatbibliotheken der Temeswarer Schriftsteller Annemarie Podlipny-Hehn und Constantin Gurău an die Schulbibliothek „Balthasar Waitz“. Schriftsteller Lucian Alexiu sprach über die Bedeutung dieses Nachlasses.

Danach wurde die Ausstellung „Bilderwelt des Banater Malers Franz Ferch“ eröffnet. Initiator und Organisator Peter Krier sprach in seiner Rede über den Werdegang von Franz Ferch und die Etappen seines künstlerischen Schaffens, über die Begegnung mit Käthe Kollwitz und den sozialen Anstrich, den seine Kunst dann stets hatte, über das Haus an der Marosch und die dortige Landschaft, über die Bilder, die das Dorfleben festhalten, über die Porträts und über die Distelbilder, die Erinnerung des Malers an das Banat.

Eine zweite Ausstellung, eine Dokumentationsausstellung, widmete sich dem Schriftsteller Alexander Tietz und seiner Welt und wurde von Erwin Josef Țigla zusammengestellt. Eine Fotoausstellung von Alex Zarin ließ Dorfimpressionen noch einmal Revue passieren: die Störche auf den Dächern oder die Brunnen in Nitzkydorf.

Am Nachmittag wurde sich die Veranstaltungsreihe mit dem dritten Symposium zum Kulturerbe der Banater Schwaben fortgesetzt, das von Dr. Hella Gerber und Tiberiu Buhnă-Dariciuc, Rumänischlehrer an der Schule in Nitzkydorf, eingeleitet wurde. Dr. Annemarie Podlipny-Hehn sprach über „Franz Ferch und die Heimat, die Banater Landschaft“, dessen Kunst „dem engeren heimatlichen Lebensraum entsprungen ist und das Verständnis des Malers für seine Landsleute ausstrahlt“. Balthasar Waitz sprach über Constantin Gurăus Werk „Stratul de ozon“, das 2017 unter der Betreuung von Dr. Annemarie Podlipny-Hehn im Verlag „Cosmopolitan Art“ erschienen ist.

Erwin Josef Țigla referierte über Alexander Tietz, dessen 120. Geburtstag und 40. Todestag sich jähren. Anschließend überreichte er die Ehrenmedaillen „Alexander Tietz“ des DFBD an Dr. Hella Gerber, Tiberiu Buhnă-Dariciuc und Balthasar Waitz. Über „Ein Leben mit Terzen. Das dörfliche Musikleben bei den Banater Schwaben“ referierte Dr. Franz Metz, der durch Beispiele belegte, was er als Kernaussage formulierte: „Die Terzen waren unseren Landsleuten in die Gene gelegt“. Im Anschluss las Balthasar Waitz aus seinem Roman „Das rote Akkordeon“ vor und ließ die Banater Dorfwelt von vor einigen Jahrzehnten wiederaufleben. Begleitet wurde er – an einem roten Akkordeon – von Ingeborg Stöckl.

Nach dem Symposium gingen die Teilnehmer in einer Prozession zum Friedhof, wo die renovierte Friedhofskapelle eingeweiht wurde. Hervorgehoben wurde, dass die Familien Schmadl und Stöckl für diese sowie für die Renovierung des Gebäudes des Totenwagens gespendet haben. Die Totengedenkfeier wurde von Pfarrer Robert Dürbach (Uhingen) gehalten und von der Musikkapelle Banater Schwaben Augsburg begleitet.

Festlicher konnte der Tag nicht ausklingen als mit den Tönen der restaurierten Orgel: das Konzert in der Dorfkirche, bei dem einige der besten zeitgenössischen Musiker im Banat oder die aus dem Banat stammen mitgewirkt haben: Dr. Franz Metz (Orgel), Alexandra Guțu (Cello), Dr. Johann Fernbach (Violine) sowie Wilfried Michl (Bariton). Zum Schluss erklang der Frauenchor aus Biberach/Rissegg.

Am nächsten Tag war die Kirchweih angesagt. Darauf kommen wir in unserer nächsten Ausgabe zurück.