„Das Forum hat Erfahrung, von der ich lernen möchte, aber das ist keine Einbahnstraße“.

Interview mit Herrn Ralf Krautkrämer, dem Konsul Deutschlands in Temeswar

Vor einem Monat hat Konsul Ralf Kraukrämer sein Amt angetreten.

Einer der ersten Besuche: in Arad.

Im Büro, während des Interviews.
Fotos: Zoltán Pázmány

Vor einem Monat haben sich die Banater bei der „Schlüsselübergabe“ von Konsul Rolf Maruhn verabschiedet und den neuen deutschen Konsul in Temeswar Ralf Krautkrämer willkommen geheißen. Jetzt sprach er mit der BZ-Redakteurin Ștefana Ciortea-Neamțiu über die ersten Eindrücke, Projekte und Vorhaben.

Sie haben vor kurzem als Konsul in Temeswar angefangen. Wie finden Sie die Stadt?

Jedes Mal, wenn wir neu anfangen, sind es oft die ersten Eindrücke, die bleiben. Meine Frau und ich haben wirklich den Eindruck, dass wir hier mit sehr offenen Armen empfangen worden sind. Und wenn ich hier sage, dann beziehe ich mich nicht nur auf die wunderschöne Stadt Temeswar, sondern auch auf das Umland, das Banat, für das wir mit zuständig sind. In der kurzen Zeit hatten wir die Möglichkeit gehabt, zu reisen, wir waren im Banater Bergland und hatten einen Ausflug nach Arad gemacht und jedes Mal hatten wir das Gefühl, mit offenen Armen empfangen worden zu sein. Es gab sehr herzliche und auch sehr interessante Gespräche mit der deutschen Minderheit. Wir hatten auch einen Besuch in Bukarest, bei unserem Botschafter, um uns abzustimmen.

Welche anderen Besuche stehen jetzt noch an?

Die nächste große Reise geht in den Norden des Amtsbezirks. Da findet Mitte Oktober auch eine große Pilgerveranstaltung statt, ich werde sehr gerne hinfahren. Es ist mein fester Eindruck, dass die Deutschen hier ganz wichtige Impulse der Region gegeben haben und auch weiterhin geben. Da ist auch das Beispiel des renommierten Lenau-Lyzeums zu nennen, mit seinen beiden Nobelpreisträgern, mit einem fest verankerten erziehungs- und bildungspolitischen Auftrag in der Stadt. Das ist wirklich ein Beitrag, ein Symbol, das auch für die deutsche Minderheit steht.

Was ich aber auch noch von den jungen Eindrücken hier gerne wiedergeben will, ohne zu sagen, es ist repräsentativ: In Arad war es sehr feierlich, mit Tanz- und Kulturveranstaltungen. Meine Frage danach war: „Die Jugendlichen sind immer mit Begeisterung dabei, es heißt aber immer wieder, dass die Anzahl der Deutschen abnimmt. Wie passt das zusammen?“ Die Antwort darauf war: „Ja, auch wenn die Anzahl der Deutschen abnimmt, aber das Interesse an traditionellen, von Deutschen organisierten Kulturveranstaltungen nimmt zu“. Das kann auch bedeuten, dass auch außerhalb der deutschen Gemeinschaft ein großes Interesse besteht.

Das zweite Beispiel, das auch zu den ersten Eindrücken gehört, aber auch nicht unbedingt repräsentativ ist: An einem schönen Abend saßen meine Frau und ich in einem Café am Domplatz, ein junger Mann, wahrscheinlich ein Student, kam auf uns: „Ich höre, Sie sind Deutscher, darf ich mit Ihnen ein bisschen Deutsch sprechen? Ich lerne das gerade“. Ich war in vielen anderen Ländern, aber das ist mir jetzt zum ersten Mal passiert, dass jemand auf mich zukommt und sagt, „ich habe so viel Interesse an der Sprache“.

Welche Vorhaben, welche Schwerpunkte werden Sie für Ihr Mandat haben?

Wie ich das schon angedeutet habe, ein ganz wichtiges auch für mich unterstützendes Thema ist die deutsche Minderheit, mit ihrer Erfahrung, mit ihrer Stellung hier, mit ihren guten Projekten, die sie hier machen. Das ist sehr wichtig für mich.

Wie werden Sie zusammenarbeiten?

Das Forum hat Erfahrung, von der ich lernen möchte, ich brauche es als beratendes Gremium, aber das ist keine Einbahnstraße. Ich möchte selbst auch dem Forum Unterstützung geben: Wo kann man gemeinsame Projekte durchführen? Was macht Sinn, nicht nur für die Minderheit, sondern insgesamt? Ich sage das Beispiel Arad, Kulturprojekte, die der gesamten Region, der gesamten Stadt, der Örtlichkeit zugutekommen. Wir, als deutsche Diplomaten, sind hier, um die Beziehungen zum Land zu pflegen und zu verbessern. Da sind wir in der glücklichen Situation, dass die Minderheit eine Brücke baut.

Und wie sehen diese Unterstützungen aus?

Die Bundesregierung nimmt über das Innenministerium Finanzierungen vor. Das läuft sehr gut, aber manchmal fallen mir auf den Reisen übers Land Projekte auf, oder aus der Gemeinde kommen Ideen, die ich gerne aufgreife. Ein wichtiger Punkt, der sich wie ein roter Faden zieht, sind die Rahmenbedingungen. Ich denke, gerade bei diesem Thema können wir in Gesprächen, mit den politischen Kontakten Ideen, Gesichtspunkte, vielleicht sogar Anliegen der deutschen Minderheit und der Wirtschaft einbringen.

Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit den Vertretern des Forums?

Ich habe großen Respekt für das Geleistete und für das Engagement gewonnen, das die Vertreter des Forums mit einbringen. Vielleicht auf Grund der Erfahrung, die ich in Reschitza und Arad gemacht habe, hoffe ich, dass wir eine Art freundschaftliche Beziehung pflegen können und ehrlich miteinander Probleme und Anliegen ansprechen. Da sind meine Türen immer offen. Das ist ein ganz wichtiges Thema für mich und das Konsulat.

Ein sehr großes Projekt, das vom Deutschen Konsulat angekurbelt wurde, waren die Deutschen Kultur- und Wirtschaftstage, die heuer zum ersten Mal stattgefunden haben. Wie sehen Sie das Projekt in Zukunft?

Zu den zwei Themen Kultur und Wirtschaft sage ich gerne etwas. Vorab aber: Ich kann hier mit einem ganz hervorragenden Team arbeiten. Dieses Team hat die Kultur- und Wirtschaftstage, die mein Vorgänger ins Leben gerufen hat – alle Bravur! – geleistet und auch ein gutes Feedback bekommen. Das ist eine Vorgabe, die ich gerne aufnehmen werde. Mir gefällt der Spruch: Die Kultur baut die Brücken, über die die Gesellschaft und die Politik gehen sollten. Wir verfügen hier über sehr gute deutsche Kulturmittler, da will ich unterstützen. Gleichzeitig ist der Bereich Wirtschaft ein ganz wichtiger, die deutsche Wirtschaft hat einen sehr guten Ruf. Wir haben gute Beziehungen zu den Deutschen Wirtschaftsclubs. Auch hier ist das Thema Rahmenbedingungen ein wichtiges. Auch hier kann sich das Konsulat einbringen. Und die Kultur- und Wirtschaftstage sollen auf jeden Fall fortgesetzt werden.

Wie das Herr Konsul Rolf Maruhn angedeutet hat, sollte diese Veranstaltung alle zwei Jahre stattfinden. Das bedeutet, dass sie in vier Jahren genau im Kulturhauptstadtjahr 2021 organisiert wird. Wie stellen Sie sich das Kulturhauptstadtjahr vor?

Die Europäische Kulturhauptstadt 2021 ist sicherlich eine große Ehre für Temeswar und gleichzeitig eine Herausforderung. Temeswar ist zusammen mit Novi Sad und Eleusis ausgewählt worden. Das Konsularkorps und wir als Konsulat haben die Hilfe recht frühzeitig angeboten. Wir sind im Gespräch mit unseren Kulturmittlern als auch mit den Organisatoren, damit wir gemeinsam etwas auf den Weg bringen können.

Ich selbst war viele Jahre für Kulturfragen in Rom verantwortlich, bin mit dem Thema sehr verbunden. Ich weiß nicht, ob wir da schon konkret werden dürfen, die Zielrichtung wäre, junge Leute einzubinden. Vielleicht Projekte, die sich auf halber Strecke zwischen Novi Sad und Temeswar begegnen.

Deutschland hat etwas zu bieten, ich will jetzt das Stichwort „street art“ nennen, damit haben wir auch in Rom Beachtung gefunden, da hat Deutschland etwas vorzuweisen. Wir haben zwei Museen mit „street art“, in Berlin und in München. Ich habe eine ganze Reihe an Ideen, man könnte einen Bus nach Novi Sad bringen und an jeder Station etwas sprayen, man könnte virtuelle „street art“ machen. Natürlich sind es auch die klassischen Sachen.

Das Thema ist ja das Licht, gemeinsame Lichterketten oder man schaltet für fünf Minuten das Licht aus zwischen Temeswar und Novi Sad, um an erneuerbare Energien, an Umweltschutz zu erinnern. Das sind vielleicht die etwas ungeordneten Ideen des Ralf Krautkrämer und nicht die offiziellen Programme des Konsuls Krautkrämer, aber vielleicht führen solche Ideen und  Gespräche dann zu etwas.

Dieses Interview wird kurz vor dem 3. Oktober erscheinen. Bitte sprechen Sie ein bisschen über die Bedeutung dieses Tages nicht nur für Deutschland, sondern auch für Rumänien!

Der 3. Oktober gibt uns immer wieder Grund innezuhalten und nachzudenken, dass wir in freiheitlichen und friedlichen Rahmenbedingungen leben. Das ist in einer stürmischen Welt –nicht nur im eigentlichen, sondern auch im übertragenen Sinne – etwas, was für uns in Europa eine ganz wichtige Bedeutung hat. Die Menschen im Osten Deutschlands haben mit einer friedlichen Revolution den Fall der Mauer herbeigeführt. In Rumänien, mit Beginn in Temeswar haben die Menschen auch ihr Schicksal in die Hand genommen und ihre Freiheit erkämpft. Ich bin in dem Jahr geboren, in dem die Mauer gebaut wurde; mein Sohn ist in dem Jahr geboren, in dem sie gefallen ist. Ich weiß sehr gut, wie es vorher war und freue mich, dass es nicht mehr so ist und ich glaube, viele in Rumänien stimmen mir zu.