Eine neue Geschichte

verzeichnet von Pfarrer Dr. Davor Lucacela, am 27 Juli 2018

Ich finde, eine Chronik ist besser als andere Quellen. Sie nähert sich Ereignissen im Chronistenstil, unter Momenteindrücken. Schreibt sie jemand, an dessen Seite du lange Zeit verbracht hast, haben Infos aus erster Hand ihr Eigengewicht. Einen eigenen Sinn. Bei allem Risiko, auf den ersten Blick als „Geschichten“ zu erscheinen. Wie die „Geschichte von der wundervollen Vermehrung des Gerstenbrotes und der Fische“ (Johannes 6,1-15).

Daran muss ich denken, wenn Montag unser Temeswarer Bischof Martin Roos in Rente geht.

Seine Arbeit, die langen Stunden, die er am Schreibtisch verbracht hat, in Archiven oder unterwegs, immer auf der Suche nach kulturellen Werten, die oft aus Angst vor kommunistischer Konfiszierung verborgen werden mussten – sie brachten Werke hervor über die Geschichte der Diözese. Und ein wunderbares Museum. Was nach ihm bleibt, scheint bereits heute eine „Geschichte“. Und so wird sie wohl auch künftigen Generationen dargestellt werden.  Nicht weil sie minderwertiger wäre als andere Beschreibungsformen, sondern weil sie mehr ist als jene.

Kommt es vor, dass mich jemand lobt, dann pflege ich zu sagen: „Hören Sie auf! Ich fühle mich wie bei meinem eigenen Begräbnis!“ Ob wohl der Bischof ähnlich denkt, über dessen Arbeit so wenig geschrieben wurde in den Banater Medien? Oder leben wir in Zeiten der Inflation guter Bücher? Die meist so groß ist, diese Inflation, dass, spürst du den Wunsch, ein gutes Buch zu lesen, es erst mal von dir selber geschrieben werden muss!

Bischof Roos hat die Modernisierung seiner Diözese bei Null begonnen. Und dieser Ausgangspunkt war seine Persönlichkeit. Jeder Schritt in Richtung Modernisierung atmete den Geist der (europäischen) „Kohäsionskraft“, die jeder Diözese so dringend nottut. Einer multikulturellen, multiethnischen Kohäsionskraft, nahezu wie die Kraft des Pfingstfestes.

Dank seiner Freundschaft mit Deutschland konnte ein Teil seines Klerus´ in Deutschland seine Studien beenden oder dort Praktika absolvieren. Um mit neuem Atem und Geist zurückzukehren in Gemeinschaften voller alter Bräuche und Gewohnheiten. Es war auch ein neuer Christianisierungsprozess, „Christentum vor dem Christentum“.

Der europäische Geist, in dem dieser Bischofs wirkte, war aussöhnend und friedvoll. Von hier die besten Beziehungen zu anderen Kulten. Die Ökumene. Mit Christus an deiner Seite ist das möglich, ist es doch letztendlich „die Erwartung aller“.

Bischof Roos bleibt uns als ein gutes Beispiel der „neuen Evangelisierung“. Irgendwo auf diesem Weg muss Christus gesucht werden. Vor allem Jetzt! In Zeiten allgemeiner Banalisierung. Und er kann gefunden werden. Unter gemeinsamer Anstrengung. Für eine heitere, abgeklärtere Zukunft.
Danke!