Eine Wohltäterin Temeswars

Prinzessin Donata von Preußen, der ersten Präsidentin des Vereins „Zukunft Rumäniens –Kinderklinik Temesvar e.V.“, in dankbarer Erinnerung

Beim Sitz der Rumänisch-Orthodoxen Metropolie des Banats: Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen der Kinderklinik Temeswar und der rumänischen Kommission für den Neubau der Kinderklinik Foto: Privat

In den ersten Morgenstunden des 5. September 2015 ist in einem Krankenhaus in Traunstein, nach schwerer Krankheit, Prinzessin Donata von Preußen, später wiederverheiratete Herzogin von Oldenburg, im Alter von 65 Jahren von uns gegangen.  Die Temeswarer kennen sie alle unter dem Namen Prinzessin Donata von Preußen und erinnern sich noch gut an ihre enthusiastischen und wirksamen Aktivitäten zugunsten der Kinderklinik Temeswar.

Zusammen mit einigen guten Freunden hat Prinzessin Donata im Januar 1990, gleich nach der rumänischen antikommunistischen Revolution, den wohltätigen Verein „Zukunft Rumäniens - Kinderklinik Temesvar e.V.“ gegründet, dessen Präsidentin sie jahrelang war.

Metropolit Dr. Corneanu als Unterstützer

Sie kannte und liebte Rumänien bereits seit einer Reise im Jahre 1981, als wir Gäste des Metropoliten Dr. Nicolae Corneanu waren. Damals, noch während des kommunistischen Regimes, durften Ausländer  überhaupt nicht caritativ tätig sein. Gleich nach der Revolution, bereits im Februar 1990, war Prinzessin Donata, eine ausgebildete Krankenschwester, präsent in Temeswar, zusammen mit uns und mit einem ihrer sieben Brüder, Karl zu Castell-Rüdenhausen. Sie machte sich gleich an Ort und Stelle ein umfangreiches Bild vom tragisch-desolaten Zustand der Kinderklinik und am 26. Februar 1990 unterschrieb sie in der Residenz des Orthodoxen Metropoliten Dr. Corneanu ein Protokoll der Zusammenarbeit mit der rumänischen Seite für eine Erneuerung der Kinderklinik, in Anwesenheit der Ärzte Dr. Babusceag, Dr. Lesovici, Prof. Louis Turcanu, sowie des Bürgermeisters Alamoreanu, von Prof. Eugen Todoran und des Metropoliten Nicolae, der zeitlebens ein treuer Unterstützer unseres grossen Projektes bleiben sollte.

Jetzt, bei ihrem Tode, werden zahlreiche Erinnerungen und Momente ihres Kampfes und ihrer Bemühungen wach, Jahre, in denen nicht nur ihre Aktivitäten, sondern auch ihr persönliches Prestige eine sehr wichtige Stütze unseres Projektes war.

Zum Gesundheitsminister durchgeboxt

Wir sehen sie im Februar 1990 in Bukarest, zusammen mit ihrem Bruder, mit dem damaligen Direktor der Kinderklinik, Prof. Louis Turcanu und mit uns, sich tapfer durch die grosse Menge streikender Ärzte vor dem Gesundheitsministerium buchstäblich durchboxen, um an der Tür des damaligen Gesundheitsministers Marinescu anzuklopfen, wir sehen sie am gleichen Abend andächtig im Konzertsaal, bei einem Liederabend der Sopranistin Eugenia Moldoveanu, die uns auch in ihrer kleinen  Wohnung während unseres Aufenthaltes in Bukarest beherbergt hatte. Bei diesem Liederabend lernten wir die noch sehr junge Sopranistin Angela Gheorghiu kennen, die als Zuschauerin dabei war, und die zum ersten Mal auf unser sich noch in den Kinderschuhen befindliches Projekt aufmerksam wurde, um dann, einige Jahre später, bereits weltberühmt, Placido Domingo, mit dem sie ein grosses Konzert in Bukarest gab, zu überzeugen, sein gesamtes Honorar für das Konzert dem Kinderklinik-Projekt zu spenden.

Wir sehen Prinzessin Donata dann, wie sie ihren Schwiegervater, Prinz Louis Ferdinand von Preussen, bat, das alljährliche Stiftungskonzert des Jahres 1990 auf der Burg Hohenzollern in Hechingen mit der Temeswarer Philharmonie unter dem Dirigat von Peter Oschanitzki und mit der Solistin Eugenia Moldoveanu als Benefizkonzert für die Kinderklinik Temeswar gestalten zu dürfen. Es war das erste Mal in der Geschichte dieser Konzerte, dass ein Benefizkonzert auf der Burg nicht, wie gewöhnlich, für die „Berliner Kinder“, sondern für einen anderen wohltätigen Zweck stattfand. Übrigens war es auch für die Temeswarer Philharmoniker das erste Konzert im Ausland nach der Revolution und die Freude des Orchesters war unbeschreiblich. Viele wichtige Gäste waren eingeladen: die Königin Ana von Rumänien, der Metropolit Nicolae des Banats, der spätere Temeswarer Bürgermeister Viorel Oancea, der amerikanische Botschafter in Bonn, u.v.m. Es wurde ein wert-volles Konzert im wahrsten Sinne des Wortes, da es das Interesse für unser Projekt und auch generell für Temeswar und Rumänien, sowie die Grosszügigkeit einer ganzen Reihe von wichtigen und potenten Spendern weckte.

Persönliches Engagement

Wir erinnern uns noch, wie Donata ein paar Monate später 4000 Spendenaufrufe  unterschrieben hat, grosse Doppelkarten, mit einem Foto der Temeswarer Orthodoxen Kathedrale auf der ersten Seite, Aufrufe, die dann körbeweise aus ihrem Fischerhuder Haus zur Post und in die Welt gingen, zu ihren Verwandten und Freunden in ganz Europa, aber auch zu verschiedenen Politikern jener Zeit, wie z.B. Klaus Francke oder Bundestagpräsidentin Rita Süßmuth, die später den Grundstein für die neue Operationsabteilung in Temeswar persönlich legen sollte.

Wir erinnern uns an die Besuche rumänischer Ärzte und Architekten in Donatas Haus in Fischerhude, allen voran Prof. Sabau und Dr. Babusceag, denen sie die Verbindung zu einem neuen Kinderkrankenhaus in Hannover ermöglichte. Aus dieser Verbindung entstammte die Zusammenarbeit mit dem Architekten Egon Pauen, ein welterfahrener Krankenhausplaner, der dann das 1996 fertiggestellte Gebäude hinter der Pädiatrie mit modernen Operationssälen gestaltete und begleitete.

Begegnungen für Temeswar

Aber die vielleicht schönsten bleiben die kleinen Erinnerungen an Vorträge und Besuche in Kindergärten, Schulen, Altenheime, Kirchengemeinden, Lions Clubs, Rotary Clubs, usw. Sie sprach und sie überzeugte. Es geschahen herzerwärmende Dinge: in der Jugendgruppe einer evangelisch-lutherischen Gemeinde im Nachbardorf beschlossen die Jugendlichen, nicht mehr zu rauchen und jede Mark, die nicht für Zigaretten ausgegeben wurde, landete in einem Sparschwein für die Kinderklinik Temeswar. In einem Altenheim beschlossen die alten Leute, das gewonnene Geld beim Kartenspielen für unser Projekt zu spenden.

In den Jahren danach folgten in Hamburg, Bremen, Lübeck, auf Schloss Neuwied, Achim, Ottersberg, aber auch in Temeswar weitere Benefizkonzerte unter ihrer Schirmherrschaft, hauptsächlich mit der Temeswarer Philharmonie, sehr oft mit der Sopranistin Helen Donath und mit ihrem Mann, dem Dirigenten Klaus Donath, der später Präsident unseres Vereines wurde, aber auch mit Harald Stamm, Judith Beckmann, Gerhard Brückel, Mariana Sarba. Bei vielen Konzerten in Norddeutschland  erfuhr sie auch die Unterstützung anderer bekannter Freunde Temeswars, Rainer Mawick, Werner Neumann und Diakon Manfred Ehm. Am Rande der Konzerte in Deutschland fanden auch ungezwungene Abende im Zelt auf dem Rasen hinter Donatas Haus in Fischerhude statt, es kamen die Dorfbewohner, die gerne einzelne Mitglieder des Orchester als Hausgäste aufgenommen hatten, allen voran Pastor Ringmann, es war einfach schön: der erste Oboist des Orchesters, Lauren]iu Baciu, spielte zur Abwechslung auf dem Akkordeon, Mircea Tataru spielte die Geige, Maestro Diodor Nicoara stimmte banater Volkslieder an, alles bei Wein, Bier und Grillwürstchen…

Von tiefem Glauben geprägt

Donata hatte ein besonders offenes, fröhliches Wesen, obwohl sie in ihrem Leben erhebliche Schicksalsschläge verkraften musste. Geboren 1950 als Donata Emma Gräfin zu Castell-Rüdenhausen, erlebte sie eine sehr glückliche Kindheit, als einziges Mädchen inmitten von sieben lustigen Brüdern. 1975 heiratete sie den Prinzen Louis Ferdinand von Preußen jun. – eine  grosse Liebe und eine glückliche junge Ehe, der ein Unfall des Prinzen bei einem Bundeswehrmanöver ein tragisches Ende setzte… Ihr Sohn, Prinz Georg Friedrich, war damals ein Jahr alt, ihre Tochter, Prinzessin Cornelie-Cecile, kam fünf Monate nach dem Tod ihres Vaters zur Welt.

Prinzessin Donata war tief christlich geprägt. Ihr Glaube war ihre grösste Stütze in schweren Zeiten, aber der selbe Glaube verlieh ihr die Fähigkeit zur Dankbarkeit für alles Gute, das sie im Leben erfuhr. Ganz besonders dankbar und glücklich war sie in den letzten Jahren ihres Lebens über die Heirat ihres Sohnes mit Prinzessin Sophie von Isenburg; Donata schätzte und liebte ihre Schwiegertochter von ganzem Herzen!

Ihr so fester Glaube begleitete sie auch in ihrem Tode, den sie vor Kurzem aus Gottes Hand in Demut und im Bewusstsein des Heimgangs zu ihrem Schöpfer ansah und annahm, auch wenn sie ihre geliebten Enkelkinder, die Zwillinge Carl und Louis, dreieinhalb Jahre alt, und die Enkeltochter Emma, fünf Monate alt, so gerne hätte aufwachsen sehen wollen…

In Temeswar steht nun seit 1996 die aus Spendengeldern und anderen bundesdeutschen Zuschüssen neu gebaute, moderne Operationsabteilung und seit 2004 ist auch das grosse alte Kinderkrankenhaus nach umfangreichen, oft schwierigen Arbeiten fertig renoviert und modernisiert. Daran hat das vielfältige Wirken von Donata maßgeblichen Anteil!

Wir trauern mit vielen Temeswarern in Dankbarkeit um sie und bitten Gott, ihrer grosszügigen Seele die ewige Ruhe zu schenken. Requiescat in pace!