Faschingsbegeisterung im ganzen Bergland

Rumänische Ortschaften haben den Brauch übernommen

Gute Unterhaltung beim Fasching im Aninaer Stadtteil Celnic
Foto: Lucian Duca

Zu Letztfasching hat´s im Banater Bergland mal wieder kräftig gekarnevalt. Weil in diesem Jahr die Ostern der Ost- und Westkirche auf den selben 16. April fallen, gab es eine heutzutage selten zu erlebende Hochstimmung. Auch auf den Straßen vieler Ortschaften des Berglands.

Dognatschka und Eisenstein mit ihren „Johann“ (die Katholiken) und „Nichita“ (die Orthdoxen) liefen um die Wette durch die Straßen und trugen alte Fruchtbarkeitsrituale zur Schau. Anina (Stadtteil Tschelnik) und (unter dem hyperaktiven PNL-Bürgermeister Adrian Torma erstmals wieder großangelegt) Neumoldowa zeigten Karnevalszüge auf ihren Straßen, im Almascher Tal liefen die „Cornii“ herum und in den Tschechengemeinschaften in den nördlichen Randgebirgen des Donaudurchbruchs waren die „Bärentreiber“ am Werk, während in Reschitza eine buntgemixte, gut über 400köpfige Gesellschaft aus mehreren Ortschaften des Berglands (allen voran Reschitza und Bokschan, aber auch aus Tirol/Königsgnad) und aus der Banater Ebene (Detta) die Korken knallen und ihren alljährlichen Faschingsball steigen ließen – wieder in der bewährten Organisierung von Dr. Cristian Paul Chioncel und Alexandra Dam{ea.

In Neumoldowa war diesmal das Rathaus im Hintergrund des Faschingstreibens (es unterstützte das Geschehen mit 8000 Lei), das von den Rumänen und Serben orthdoxen Glaubens, die mit ersten deutschen Siedlern zu Beginn des 18. Jh. zusammentrafen und dann jahrhundertelang in den Gruben und Schmelzen mit den Siedlern zusammen arbeiteten, übernommen und an eigene alte Bräuche angeknüpft wurde. Ursprünglich war es im Raum Neumoldowa so, dass auch der Reinigungs-bzw. Taufkult insofern in Betracht gezogen wurde, dass früher die Faschingsgesellschaft sich rituell mit Donauwasser wusch oder befeuchtete. Bürgermeister Torma, der diesmal zum großen Fasching /“făşanc“ aufrief, hatte dem Faschingstreiben – in Neumoldowa durch zwei weitere Übergangsrituale gekennzeichnet, Heirat und Tod – eine betont satirische und gegenwartskritische Note geben lassen, so dass da Gestalten wie der PSD-Drahtzieher „Liviu Dragnea“, die ALDE-Giftnudel „Călin Popescu-Tăriceanu“, DNA-Saubermacherfrau „Laura Codruţa Kövesi“ und natürlich auch „Präsident Klaus Johannis“ aufgetaucht sind.

In den ehemaligen Bergbauortschaften Eisenstein/Ocna de Fier und Dognatschka/Dobnecea (früher auch in Saska, Tschiklowa, Gârlişte, Orawitza – dort gibt es wegen den Karnevalsumzügen die eigentümlich gebauten „Fensterguckerl“ zum Verfolgen des Umzugs zu jeder Wetterlage, weil sie kastenförmig vorgebaut aus der Hausfront herausragen) liefen mit den Orthodoxen Faschingsnarren die Strohpuppe des „Nichita“, mit den Katholischen der „Johann“ herum, beide mit einer überdimensionalen Hand, mit der unbedingt jede unterwegs getroffene oder zu Hause/an der Haustür besuchte Frau in den Häusern berührt werden musste: ein sehr offensichtlich und mit mehr oder weniger Derbheit zur Schau getragener Fruchtbarkeitsritus. Die Gesänge, die dabei traditionell gesungen werden, haben heute damit weniger zu tun. Dass es sich auch um einen Übergangsritus handelt, geht daraus hervor, dass „Nichita“ und „Johann“ erst in umfangreichen Bestattungsinszenierungen (Volkstheater, die Schwächen der Anwesenden und der Mitbewohner geißelnd) beweint werden, um danach, um Mitternacht vor Aschermittwoch, brandbestattet zu werden – ein altes Reinigungsritual, das „Verbrennen“ des Winters, des „Bösen“.

Höhepunkt des Faschingstreibens im Almasch-Tal/Valea Almăjului ist der Montag, hier „Lunea Cornilor“, Montag der Gehörnten. Auch hier ist die „Hochzeit“, „Nunta Cornilor“, der mehr oder weniger inszenierte Zentralpunkt des Geschehens. Gefeiert wird in Rudăria/Eftimie Murgu und Bănia, in Putna, Pătaş, Dalboşeţ, Borloveni, Prilipeţ. Mancherorts heißen die Maskierten „maimozi“ (Rudăria) oder „maimuci“ (Dalboşeţ), was an die Koseform für „Äffchen“ = „maimucă“ erinnert. Gelegentlich, vor allem in Schaltjahren, gibt es im Almasch-Tal auch in Prigor ein Narrentreiben.

Zu den Masken (früher maskierten sich nur Männer für den Fasching – das hat sich inzwischen bis zum Vergessen aufgeweicht) des Almascher Tals gehören Braut, Bräutigam, Fahrenträger, Fahnenträgerin, Schwager, Beistand (das ist der in der Orthodoxie eine Schlüsselfigur spielende „naş„) usw. Jeweils vom oberen Dorfende zieht der „Hochzeitszug“ von Haus zu Haus („Heischegang“) und sammelt Geld (für die Musik), Schnaps, Wurst und Kuchen für den abendlichen Ball. Die „Hochzeitszeremonie“ findet unter einer Weide statt, an der eine Glocke befestigt ist. Daraufhin geht es weiter durch die Ortschaft, während die Kinder und die unverheirateten Mädchen dauernd versuchen, die „Hochzeitsgesellschaft“ zu „beschmieren“, mit Tinte oder schwarzem Weiden- oder Eichensud („căneală“) zu bekleckern.

Da alle Almascher Ortschaften mit Faschingsumzügen an Bächen liegen, die die Ortschaften mehrmals durchqueren, geht der Hochzeitszug zu einer der Brücken, schöpft einen Eimer Wasser aus dem Bach, mit dem sich alle Hände und Gesicht waschen (Reinigungszeremonie). In den Eimer waren vorher massenweise Münzen geworfen worden, zum Glückbringen. Nachdem sich alle gewaschen haben, wird das Restwasser zusammen mit den Münzen ausgeschüttet und die Kinder balgen sich um das Kleingeld. Vorwitzige springen währenddessen auch mal voll bekleidet in den Bach und nehmen Vollbäder, „zur gründlichen Reinigung“. Ebenfalls am Bachufer wird symbolisch der Tod (also der Winter) zu Grabe getragen. Mit einer Hora, dem Rundtanz, an dem vor dem jeweiligen Kulturheim nur die „Hochzeitsgesellschaft“ teilnahmen darf, wird der Umzug abgeschlossen und der Faschingsball für alle kann drinnen beginnen.

In Rudăria gibt es für das Fest einen über mehrere Jahre bestimmten „Beistand“ („Naşu Mare“), bei dem die Masken übers Jahr aufbewahrt und gepflegt wurden und der zum Umzug ausruft. Ihm und seiner Frau obliegt es auch, neue Masken zu kreieren (neuerdings viele Popen, Polizisten, Bauern, Zigeuner usw.).

Einheimische des Almasch-Tals sind der Überzeugung, dass der Brauch der „Cornii“ älter ist als das Ankommen deutscher (katholischer) Siedler im 18. Jahrhundert und dass es auch nicht unbedingt aus dem Zusammenleben in Bergbaugebieten hervorging, sondern dass er eigene, tiefere Wurzeln, hat, auf die allerdings der katholische Fasching übergestülpt wurde, auch durch die Tatsache, dass die männlichen Bewohner des Almasch-Tals über ein Jahrhundert lang einem Grenzregiment angehört haben, das sie gewissen Regeln und Zwängen unterworfen hat.

Zeitlich fällt der Brauch in die selbe Zeit vor Beginn der vorösterlichen Fastenzeit („Zăpostîtul“, in den Ortsdialekten der dortigen Rumänen) wie bei der Westkirche, nur fällt Ostern bloß gelegentlich bei den beiden Schwesterkirchen aufs selbe Datum.