Jobshop für Menschen mit Behinderung

Arbeitgeber und Trainer stellten sich werbend vor

Andrei Stratila, Vorsitzender des Vereins für Integration der Menschen mit Behinderung setzt sich für die Bedürfnisse der Behinderten ein.

Menschen mit Behinderung kamen mit potentiellen Arbeitgebern ins Gespräch.

Wie auch beim ersten Job Shop im Sommer dieses Jahres sitzen zahlreiche  Menschen mit Behinderung im Saal des Boa-Vista-Hotels Temeswar, darunter auch Schüler der zwölften Klasse der Berufsschule für Schüler mit besonderen Bedürfnissen „Gheorghe Atanasiu“ und des Lyzeums für sehbehinderte Schüler  „Iris“. Eine neue Etappe im Projekt der Inklusion der Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt findet heute statt und die Teilnehmer, egal ob mit Bewegungs-, Hör- und Sehbehinderung, aber auch Epilepsiekranke wollen erfahren, welche Chancen sie demnächst haben, sich in die Gesellschaft und arbeitswelt zu integrieren. Sie wollen arbeiten und, abgesehen von ihrer Behinderung, ein normales Leben führen.

Cornel sitzt auch diesmal im Saal und wirkt etwas unruhig. Auch im vergangenen Sommer machte er beim Jobshop mit. Dabei habe er sich damals so viele Hoffnungen gemacht, sich eine Arbeitsstelle zu finden. Nun sitzt er wieder im Saal und wartet, dass sich die Arbeitgeber vorstellen. Vielleicht findet sich diesmal was für ihn. Der Anfang 30jährige Mann hat eine Behinderung an seinem rechten Bein - und eine Sondererziehung, um einen souveränen Umgang mit seiner behinderung zu lernen, hat er auch nicht bekommen. Er habe bloß acht Klassen, die Allgemeinbildende Schule, abgeschlossen, sagt er lächelnd, jedoch weiß er sehr wohl abzuschätzen, dass dies und seine Behinderung immer wieder einen Nachteil bei der Suche nach einem Arbeitsplatz bedeuten. Doch nun hat er eine Chance, sich ausbilden zu lassen. Viele der anwesenden Firmen stellen heute ihre Angebote für Aus- und Fortbildungskurse in verschiedenen Bereichen vor. Dabei können die Kursabsolventen auch gleich Angestellte werden. Hoffnung kann man an Cornels Gesicht ablesen. Die Firmen lassen sich auch gerne Fragen stellen und sind bereit, allen Interessenten entgegen zu kommen.

Die Anwerbungsfirma Quanta Humanressources in Temeswar zum Beispiel bietet kostenlose Kurse für Temescher Arbeitslose an. Kurse für Handelsangestellte, für Mani- und Pediküre, Grundkurse für Computerbedienung – Datenerfassung, Eingabe- und Verarbeitung, Call-Center-Angestellte und einen Englisch-Sprachkurs für Anfänger. „Die Nutznießer dürfen sich einen einzigen kostenlosen Kurs auswählen. Unser Ziel ist es, nach dem Abschluss des Kurses auch unseren Kursanten zu helfen, einen Job zu bekommen“, sagt Lenuta Glujdea.

Auch die deutsch-rumänische Stiftung möchte vielen Arbeitslosen mit Behinderung eine Hoffnung geben. Dan Lazar stellt die Ausbildungskurse für Arbeitslose ohne Fachausbildung im Bereich des Bauwesens vor. Im Bauwesen könne auch Cornel arbeiten. „Wir wenden das duale Ausbildungssystem nach deutschen Vorbild an – das bedeutet, dass unsere Kursanten die Theorie auch praktisch, vor allem praktisch anwenden können“, sagt Dan Lazar. „Wir haben Partner in dieser Hinsicht, sodass das Praktikum in verschiedenen Firmen abgelegt wird, Firmen, die auch bereit sind, diese Leute anzustellen“, fügt Lazar hinzu. Auch wenn es unvorstellbar scheint, können auch Behinderte bei der Endfertigung der Baumaterialien arbeiten.

Dies ist die zweite Jobbörse für behinderte Menschen, die Teil eines schweizerisch-rumänischen Projektes ist. „Von der Behinderung zur Fähigkeit – ein aktives Inklusionsprojekt für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt“ wurde 2013 gestartet und soll bis zum 1. Januar 2015 durchgeführt werden. Zwölf Prozent aller rumänischen Bürger mit Behinderung haben eine Arbeitsstelle bekommen. „Das soll sich ändern!“, sagte Andrei Stratila entschlossen, als der erste Jobshop innerhalb des Projektes veranstaltet wurde. „Menschen mit Behinderung sollen sich trauen, einen Job entgegen zu nehmen“, sagte er damals.

Der Vorsitzende des Vereins für Integration der Menschen mit Behinderung weiß, wie es ist, wegen Behinderung ausgegrenzt zu sein. Er selber ist schon seit seiner Geburt blind. Der 29-Jährige schloss trotzdem 2010 sein Jurastudium in Temeswar ab und weiß, dass für bessere Chancen im Leben auch das Studium wichtig ist. Darum setzt er sich auch für bessere Bedingungen für Studierende mit Behinderung in den jeweiligen Temeswarer Universitäten ein.

Im Frühjahr dieses Jahres hat der Verein für Integration der Menschen mit Behinderung ein Projekt in dieser Hinsicht gestartet. Durch das Projekt „Abseits der Abstempelung“ (rum.: „Dincolo de etichet²“) sollen die vier wichtigsten Temeswarer Universitäten unterstützt werden, Programme für die Inklusion der Studenten mit Behinderung zu entwickeln: Aufzüge und Rampen für eine bessere Erreichbarkeit der Klassenräume, aber auch besondere Software und Lehrmaterialien für die Studenten dieser Zielgruppe. Alles steht in engster Verbindung, weiß Andrei Stratila zu schätzen: „Wenn man studiert, dann kann man auch bessere Arbeitsstellen bekommen – wir kämpfen also für Inklusion in beiden Bereichen“, sagt er.

Innerhalb des Projektes „Von Behinderung zur Fähigkeit“ wurde auch ein Ressourcenzentrum gegründet. Auf der Webseite www.aipd.eu können sich Interessenten aus dem ganzen Land für eine Arbeitsstelle bewerben, aber auch Firmen können hier ihre offenen Posten vorstellen. Zahlreiche Firmen haben ihre Teilnahme als Partner am Projekt bestätigt und sind bereit, Menschen mit Behinderung anzustellen. Das Ressourcenzentrum ermöglicht grundsätzlich den Kontakt zwischen den Leuten und den jeweiligen Firmen, lässt Andrei Stratila wissen.