KOMMENTAR: Duckmäusertum als politische Vernunft

In der Wochenzeitung „22“ schreibt Magda Cârneci, die Vorsitzende von PEN International Rumänien: „Die Türkei ist nicht nur ein Thema ersten Ranges der internationalen Nachrichtenkanäle geworden, sondern auch eine ernsthafte Sorgenquelle der diplomatischen Kanzleien vieler Nationen und eine brennende Causa der Zivilgesellschaften der gesamten Welt.“ „Der Spiegel“ widmet eine Ausgabe „Diktator Erdogan und der hilflose Westen. Es war einmal eine Demokratie“ und bekommt dafür als Leserecho, unter dem Motto „Erbärmliche Duckmäuserei“, folgende Zuschrift: „Als am 27. Februar 1933 der Reichstag brannte, war dies für die Nazis ein willkommener Anlass, Tausende Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Linksintellektuelle zu verfolgen, zu verhaften oder zu vernichten. Was folgte, war die Verfestigung der Diktatur durch eine Notverordnung, das Ermächtigungsgesetz und die Gleichschaltung. Diese Repressionsmaßnahmen stießen in der Bevölkerung weitgehend auf Zustimmung. Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber die Parallelen zur Türkei mag jeder selbst ziehen.“

Auf den an dieser Stelle erschienenen Kommentar zum gescheiterten Staatsstreich in der Türkei (BZ 1172/27.07.2016) kam eine geharschte Mail eines Arader ADZ-Abonnenten (ein Programmlehrer aus Deutschland), der von „Hass“ gegen die Türkei spricht: Er verkennt, dass eigentlich der zum Diktator mutierende türkische Staatspräsident (Erdogan titulieren die Medien inzwischen „Sultan“) Anlass zu Sorgen gibt; sein brutal manipulierender Populismus; dass Jennifer Clement, die amerikanisch-mexikanische Vorsitzende von PEN International, bedauert, dass „unsere kollektive Menschlichkeit“ darunter „leidet“ und dass Carles Turner, Geschäftsführer von PEN-International, von „übertriebenem Druck auf die Informationsmittel als Antwort auf den Militärputsch, die Zermalmung der Redefreiheit, des Prüfsteins einer Demokratie“ spricht.

Das kümmert auch den nicht, für den die „Demokratie ein Zug“ ist, auf den er „aufspringt und mitfährt“, bis er sein „Ziel erreicht“. Achtung: von Kartenlösen keine Spur!

„Angesichts unserer noch lebendigen Erfahrung mit Staatswillkür im Kommunismus in Rumänien, aber auch wegen unserer geografischen Nähe und unserer geschichtlichen Verbindungen unterstützen wir die Proteste von PEN International, die an die Regierung der Türkei gerichtet sind“, schreibt Magda Cârneci für PEN International Rumänien „und verurteilen die Eingrenzung der Redefreiheit, die illegale Überwachung politischer Opponenten, die wiederholte Blockierung von Kommunikationsplattformen im Netz, Zensur gegenüber Büchern und Publikationen, Wegsperrung von Journalisten, Universitätslehrern, Juristen und Autoren.“

Hören wir je Ähnliches von Bukarester duckmäuserischen Politikern?