„Schreiben erlaubt es dir, sich Sachen von der Seele zu schreiben“

Interview mit der Schriftstellerin und Stafette-Leiterin Henrike Bradiceanu-Persem

Die Stafette ist eine zusätzliche Verantwortung für mich. – Henrike Bradiceanu-Persem Foto: privat

Sie ist langjähriges Mitglied der Stafette und seit fast zwei Jahren Leiterin des Literaturkreises. Tagtäglich arbeitet Henrike Bradiceanu-Persem in der IT-Branche und ist noch als Übersetzerin tätig. Ihre Leidenschaft für Literatur und für das Schreiben gibt sie allerdings nicht auf. Zur Zeit arbeitet die Autorin an einem Kinderbuch. Sie will die Erfahrungen, die sie in ihrer Arbeit macht, in eine spannende Geschichte einbinden, um so auf aktuelle Themen und Probleme einzugehen. BZ-Redakteur Robert Tari sprach mit ihr über die ersten literarischen Gehversuche, sowie ihre Arbeit als Leiterin der Stafette.  

 

Seit wann schreiben Sie?

 

Ich schreibe seit meiner Kindheit sehr gerne. In der Grundschule mussten wir oft als Hausarbeit Aufsätze schreiben und das hat mir immer wahnsinnig Spaß gemacht. Ich habe dann auch immer sehr viel Zeit dafür geopfert und ich gab mir sehr viel Mühe sie besonders gut zu schreiben. Meine Schwester und ich teilen diese Leidenschaft. Wir würden kleine Schreibwettbewerbe veranstalten. Dafür nahmen wir ein beliebiges Buch und wählten uns daraus irgend ein Wort aus. Dazu musste sie und ich einen Text schreiben, den wir nachher verglichen. Wir mussten dann bestimmten, welcher Aufsatz der Bessere war (lacht). In meiner Familie wird viel gelesen und dass hat mich natürlich geprägt. Aber auch die Lehrer in der Schule haben mich gefördert und mich dazu angespornt, diese Neigung zu vertiefen. Darum nahm ich seit der fünften Klasse an den Deutscholympiaden teil. Ich war auch sehr erfolgreich, ich habe einige Preise erhalten, auf die ich bis heute stolz bin. Für mich war es klar: Sprachen interessieren mich. Und besonders die deutsche Sprache ist und bleibt für mich wichtig, weil sie meine Muttersprache ist und weil ich mich auf Deutsch am besten ausdrücken kann. Ich kann mit der Sprache spielen. Das macht es sehr interessant für mich und die Tatsache, dass mir das Schreiben gefällt und ich meiner Fantasie freien Lauf lassen kann, hat dann auch dazu beigetragen, dass ich dem Literaturkreis Stafette beigetreten bin. Ich bin seit der achten Klasse Mitglied. Und die Stafette hat mich weiter angespornt, indem sie meine Texte veröffentlichte und sie so einer Leserschaft zugänglich machte. So habe ich auch Rückmeldungen erhalten. Und man freut sich natürlich auf positive Stimmen, die deine Texte loben. Man freut sich natürlich auch über Kritik. Die Hauptsache war, dass man sich innerhalb der Stafette untereinander ausgetauscht hat.

Für mich war es immer ein Ereignis, wenn meine Texte in den Sammelbänden des Literaturkreises erschienen. Es gibt einem Selbstvertrauen und man empfindet mehr Freude am Schreiben. Eine Freude, die eigentlich nie vergeht. Ganz gleich ob man nun ein Kind ist oder ein Erwachsener. Das Schreiben erlaubt es dir, sich Sachen von der Seele zu schreiben. Da bin ich allerdings eher zurückhaltend, weil ich mich nicht so der Öffentlichkeit preisgeben möchte. Man kann sich aber auch in die Lage einer anderen Person versetzen und man kann versuchen kritisch Dinge zu hinterfragen und zu thematisieren.

 

Sie sind inzwischen nicht nur Mitglied der Stafette, Sie sind auch seit fast zwei Jahren die Leiterin des Literaturkreis. Was bedeutet es für Sie?

 

Es ist eine zusätzliche Verantwortung für mich. Am Schreiben ändert sich natürlich nichts (lacht). Was hinzu kommt, ist das Verantwortungsgefühl für die anderen Mitglieder des Kreises. Man will natürlich, dass sich die anderen zur Stafette genauso verbunden fühlen und den Spaß am Schreiben nicht verlieren und das bedeutet, dass man sich dann ein bisschen umschauen und umhören muss. Man fragt bei anderen Kultureinrichtungen nach, man strebt Partnerschaften an, man versucht den Kreis so zu erweitern, sowohl um Mitglieder als auch um Leser. Und ich muss meinen Dank an die Institutionen richten, die uns bisher unterstützt haben und offen uns gegenüber sind. Ich möchte da das Deutsche Kulturzentrum Temeswar sowie das Institut für Auslandsbeziehungen erwähnen. Und ich zähle wirklich nur einige auf. Natürlich darf man das Demokratische Forum der Deutschen aus dem Banat nicht vergessen, das uns fördert und zu dem wir ja dazugehören. Ihre Unterstützung hat uns ermöglicht Lesungen im In- und Ausland zu halten. Diesen Monat fahren wir nach Suceava, wo wir nicht nur eine Lesung halten werden, sondern auch eine Schreibwerkstatt für Jugendliche. Als Leiterin ist es meine Aufgabe, sicherzugehen, dass sich unsere Mitglieder an diesen Veranstaltungen beteiligen und dass sie überhaupt solche Gelegenheiten haben. Ihnen sollte es natürlich auch Spaß machen. Es ist immer aber auch eine Frage der Zeit. Grundsätzlich möchte jeder lesen und jeder seine Texte und sich selbst vorstellen. Aber er muss dafür auch Zeit haben. Keiner ist freiberuflicher Schriftsteller. Das trifft auch auf mich zu. Es ist eine Zeitinvestition, die ich aber gerne in Kauf nehme, weil mir sehr viel daran liegt, dass die Stafette eine Kontinuität hat.

Die meisten Jugendlichen, die der Stafette beitreten, gehen nach dem Schulabschluss ins Ausland, um dort zu studieren. Ich hoffe dann immer, dass wir sie nicht als Mitglieder verlieren. Als Mitglied muss man nicht nur bei den Treffen dabei sein. Man kann weiterhin seine Texte einreichen, damit sie in unseren Sammelbänden erscheinen sollen, man kann selber im Ausland Lesungen organisieren oder einfach nur für unseren Literaturkreis Werbung machen, indem man unsere Bücher dort verteilt. 

 

Viele junge Mitglieder sind keine Rumäniendeutschen. Sie schreiben aber trotzdem auf Deutsch, also in einer Fremdsprache. Wieso entscheiden Sie sich gerade für Deutsch und nicht für Rumänisch oder Ungarisch?

 

Ich glaube, es ist von Person zu Person sehr unterschiedlich. Die deutsche Sprache bietet auch die Möglichkeit einer breiten Wortauswahl und einer sehr gediegenen Art und Weise sich auszudrücken. Ich glaube, dass kann dann sehr interessant sein. Ich glaube, wenn man die deutsche Sprache gut beherrscht und zwar so gut, dass man sich auf Deutsch literarisch ausdrücken kann, dann wäre es schade es nicht zu tun. Es gibt natürlich wesentlich mehr Personen die auf Rumänisch schreiben, da geht man in der Menge schnell unter. Aber jemand der bei uns auf Deutsch schreibt, das gibt es nicht so oft. So sticht man leichter hervor und dadurch entwickelt man sich auch anders. Zwar hat man nicht so ein breites Publikum, wie jemand der in rumänischer Sprache schreibt. Aber dafür man hat die Genugtuung sich in einer Sprache ausdrücken zu können, die nicht nur schwierig, sondern auch nicht die eigene Muttersprache ist. Und darin liegt auch die Herausforderung: Texte so schreiben, dass ein Leser gar nicht merkt, aha, kein Muttersprachler.