„Weder Schriftsteller noch Romaforscher“

Franz Remmel hat 15 Bücher veröffentlicht

Er hat anfangs eine für Redakteure des „Neuer Weg“ typische Karriere gemacht: zuerst die Ausbildung zum Lehrer an der Pädagogischen Lehrerbildungsanstalt in Temeswar/Timişoara (ebenhier hatte der in Perjamosch geborene Franz Remmel vorher das Lyzeum Nr. 1 „Constantin Diaconovici-Loga“ besucht), dann war er Lehrer, Schul- bzw. Schulzentrumsleiter in Temeswar, Bakowa/Bakowa, Broos/Orăştie, Hunedoara, Mühlbach/Sebeş und Şibot, anschließend 30 Jahre lang Redakteur der deutschsprachigen Tageszeitung „Neuer Weg“ in der Redaktionsvertretung Hunedoara.

Die Bukarester Zentralredaktion der deutschsprachigen Tageszeitung „Neuer Weg“ pflegte sich damals die Redakteure unter guten Deutschlehrern auszusuchen – wodurch eine Grundvoraussetzung als Redakteur einer deutschen Tageszeitung gegeben war – er konnte Deutsch in Wort und Schrift.

1978 beginnt Franz Remmel Bücher zu veröffentlichen: „Über alle sieben Meere“ (Albatros, Bukarest, 1978), „Karawanen auf der Todesstraße“ (Albatros, Bukarest, 1982), „Zwischen Wellen und Wind“ (Facla, Temeswar, 1982), „Der Schwarze Pirat“ (Dacia, Klausenburg, 1984), „Sterne, Sonne, Sand“ (Dacia, Klausenburg, 1987), „Im Zeichen der Schlange“ (Albatros, Bukarest, 1989), „Safari“ (Dacia, Klausenburg, 1989).

Darauf folgt mit „Die Roma Rumäniens“ (Picus, Wien, 1993) der Auftakt zur (folgenden und noch nicht abgeschlossenen) Serie über die Zigeuner Rumäniens: „Nackte Füße auf steinigen Straßen. Zur Leidensgeschichte der rumänischen Roma“ (Aldus, Kronstadt, 2003), „Der Turm zu Babel. Ein Mosaik zur rumänischen Romagesellschaft“ (InterGraf, Reschitza, 2004), „Alle Wunder dauern drei Tage.

Vom Bulibascha der Zigeuner zum Kaiser der Roma“ (InterGraf, Reschitza, 2005), „Botschaft und Illusion. Zeugnisse der Literatur der rumänischen Roma“ (Banatul Montan-Verlag, Reschitza, 2007), „Die rumänischen Roma. Daten und Fakten“ (Banatul Montan-Verlag, Reschitza, 2007), „Zigeunersitte – Zigeunerrecht. Traditionen im Alltag der rumänischen Roma“ (Banatul Montan-Verlag, Reschitza, 2008), „Die Fremden aus Indien. Nicht die Hoffnung stirbt zuletzt“ (Banatul Montan, Reschitza, 2010). Einige Bücher zur Roma-Thematik stehen bei Franz Remmel noch an.

Viele der Bücher über Fragen betreffend die Zigeuner Rumäniens sind durch Förderung der Rumänienvertretung der „Friedrich Ebert“-Stiftung erschienen. So manche auch durch Eigenfinanzierung. Kaum eines bisher durch Förderung des Demokratischen Forums der Deutschen Rumäniens oder der Minderheitenvertretung bei der rumänischen Regierung ...

Trotz seiner bislang 15 veröffentlichten Bücher sagt Franz Remmel, der am 5. September 2011 achtzig wurde, von sich selber: „Dessen ungeachtet verstehe ich mich weder als Schriftsteller, noch als Romaforscher. Die Themen haben mich einfach passioniert und ich bin begeistert darauf eingegangen. Sollte trotz alldem bei den Lesern etwas haften bleiben, so freut es mich.“

Der wohl prominenteste Romaforscher Rumäniens verfügt über ein über viele Jahrzehnte zusammengetragenes Foto- und Print-Archiv („Handarchiv“ nennt er es) zu Romafragen. Hauptsächlich hat er aber sein Wissen zum Thema bereichern (und auch korrigieren) können durch sein enges Verhältnis zum ersten Roma-König Rumäniens, Ioan Cioabă, dessen jahrelanger Vertrauter und Berater er sein durfte.

Seine Beraterfunktion bei Ioan Cioabă sieht er als „Anerkennung im Bereich der Romaforschung“ an, freut sich aber gleichermaßen über das „Ehrendiplom der Internationalen Forschungsgesellschaft für Romologie“ (Budapest, 2000), über die beiden Ehrendiplome (2000 und 2007) des Königshauses Ioan Cioabă und die „Ioan Cioabă“-Medaille (als erster Publizist ist er damit 2001 in Hermannstadt/Sibiu ausgezeichnet worden), über das „Goldene Ehrendiplom“ der Internationalen Wissenschaftlichen und Kulturellen Forschungsgesellschaft für Romologie (Budapest, 2010) oder über die Goldene Verdienstnadel der Republik Österreich (2007).

Ende 1996 versuchte er sich – im vollen Bewusstsein der Chancenlosigkeit dieses Vorgehens – als Parlamentskandidat auf der Liste des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien. Das brachte ihm das Anerkennungschreiben des damaligen Forums- und heutigen DFDR-Ehrenvorsitzenden, Prof. Dr. Paul Philippi ein, datiert 19.11.1996, in dem es u.a. heißt: „Sie haben das getan, obwohl sie nicht nur wussten, wie wenig aussichtsreich es war, von ihrer Liste her ins Parlament zu gelangen, sondern noch mehr in dem Bewusstsein, gar nicht in das Parlament gelangen zu wollen, vielmehr dem künftigen Parlamentarier des Deutschen Forums, wer immer es auch sei, durch zusätzliche Stimmenmagneten den Rücken zu stärken.

Für diese Bereitschaft und ihren selbstlosen Einsatz danke ich Ihnen im Namen des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien sehr herzlich und bitte Sie, auch weiter aktiv und kritisch im Forum mitzuarbeiten.“  Mehr hat die Vertretung der Deutschen Rumäniens, der er angehört, bisher nicht für einen ihrer aufrechtesten und konsequentesten Vertreter getan.

Aktiv und kritisch war er als Journalist einer deutschen Tageszeitung im Rumänien (gelegentlich auch mal aufmüpfig gegenüber der Chefredaktion – was er heute in kleinem Kreis genuss- und humorvoll zu erzählen weiß), aktiv und kritisch geht er seine Buch-Themata an, nicht selten gegen den Strom schwimmend, wenn es ihm sein Gewissen und sein umfangreiches Fachwissen so diktiert. Etwa wenn er sich weigert, die der political correctness verpflichtete künstliche begriffliche Trennung zwischen Zigeuner – Roma/Sinti kommentarlos hinzunehmen, wie sie von der deutschen Tsiganologie als heilig angesehen und gepredigt wird, wohl wissend, dass er sich damit auf politisches Glatteis begibt. Aber er fühlt sich der Wahrheit verpflichtet, nicht einer erfundenen oder forcierten politischer Korrektheit, und diese, die Wahrheit zu vertreten, empfindet er überhaupt nicht als Mut.

Die Wahrheit zu vertreten ist für Franz Remmel etwas Natürliches, etwas aus dem Elternhaus Mitbekommenes, das weder zusätzlicher Erklärungen (und Rechtfertigungen) bedarf, noch besonders unterstrichen zu werden braucht.

Als Kritiker hilft er, den Karren zu ziehen. Mit kritischem Verstand ist er seiner Volksgruppe verpflichtet und um interethnische Zusammenarbeit bemüht. Man darf gespannt sein auf die kommenden Buchprojekte des 80-Jährigen, dem wir anhaltenden Mut, Kritikbereitschaft und Geradlinigkeit, dauerhafte Zuversicht und den festen Glauben an eine eiserne Gesundheit wünschen.