Zweierlei Freude

Die Wahrheit kann nicht aufgezwungen werden, die muss man kennen – also, unter Umständen, sich auch mal selber erarbeiten. Nach diesem Prinzip, so findet Marius Oprea in der „Contemporanul“-Umfrage zum Thema einer neuerlichen Verurteilung des Totalitarismus in Rumänien, wie sie Senator Sorin Ilie{iu fordert, müsste unter Führung der Akademie ein Verbund von offiziellen Instituten (Institut zur Untersuchung der Verbrechen des Kommunismus, Internationales Zentrum für Kommunismusstudien beim Memorial von Sighet, Nationalrat zum Studium der Securitate-Archive, CNSAS) und von NGOs aus dem bürgerlichen Spektrum die Sache in die Hand gelegt bekommen.

Die Folge, findet Oprea, müsste nicht nur die Entfernung der Entscheidungsträger und Mitglieder des kommunistischen Repressionsapparats aus Führungsämtern aller Ebenen sein, eine Reihe von Prozessen gegen die Verbrecher und Missbrauchs-Täter im Namen des Kommunismus, aber Priorität müsste den Opfern der Mißbräuche und Verbrechen der kommunistischen Handlanger eingeräumt werden. Die und ihre Nachkommen brauchen Schutz und Entschädigungen – „zumindest auf den Niveau der Revolutionäre und Kämpfer gegen den Kommunismus aus den Umsturztagen des Dezember 1989“. Das rumänische Sprichwort von der Rache als Freude des Augenblicks und dem Verzeihen als Freude für die Ewigkeit muss also sehr elastisch verstanden werden.

Marius Oprea fordert eine „erstmalige kohärente Antwort“ des Parlaments auf den Druck der Zivilgesellschaft, nicht so sehr durch die Politische Erklärung des Parlaments – „die angesichts des Wahljahrs bestimmt mit donnerndem Applaus honoriert wird...“ – sondern viel mehr „durch Engagement und Einsatz zur Umsetzung“, durch „reale und konsistente Maßnahmen“ auf der Ebene der Staatsmacht, durch welche ein grundsätzlich politischer Vorgang seine Folgen in der Gesellschaft entfalten muss.“

Den Vorschlag von Senator Ilie{iu, dass diese parlamentarische Erklärung zur Verurteilung des kommunistischen Regimes in „kurzer, allgemeinverständlicher Form“ in jeden Haushalt Rumäniens gelangen soll, finden die meisten der bisherigen Antwortgeber der Monatszeitschrift für ziemlich unsinnig. „Viel produktiver“ wären, laut Oprea, „Schul- und Hochschullehrbücher, die Geschichte des Kommunismus als Teil des Allgemeinbildungs-Curriculums, die Subventionierung des Studiums des kommunistischen Regimes und von kritischen Publikationen/Sendungen zum Thema.

Octav Bjoza, der amtierende Vorsitzende des Vereins Ehemaliger Politischer Häftlinge in Rumänien, stuft die Vorgänge der Kommunismus-Verurteilung vom Dezember 2006 unter Băsescu/Tismăneanu ebenfalls als „eine grobschlächtige Farce“ ein, deren einzige Rechtfertigung der damals bevorstehende EU-Beitritt Rumäniens war. Aber in einem Land, wo „als Zahl und Bestialität, die meisten kommunistischen Verbrechen in Europa begangen wurden“, komme „eine ehrliche Verurteilung solcher Verbrechen nie zu spät“.