„Mineriade“ 1990: Ermittlungen gegen Altpräsident Ion Iliescu neu aufgerollt

Der Vorwurf lautet auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Bukarest (ADZ) - Rumäniens erster Nachwendepräsident, Ion Iliescu, könnte sich doch noch wegen der vor 25 Jahren erfolgten brutalen Niederschlagung der antikommunistischen Straßenproteste in Bukarest vor Gericht zu verantworten haben.

Wie die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch bekanntgab, haben die Militärstaatsanwälte aufgrund einer Gerichtsverfügung in der Causa der sogenannten „Mineriade“ vom 13. bis 15. Juni 1990 ihre strafrechtlichen Ermittlungen gegen den heute 85-Jährigen sowie den damaligen Chef des Inlandsgeheimdienstes SRI, Virgil Măgureanu, neu aufgerollt – den beiden werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.
Auch dem früheren Verteidigungsminister Victor Atanasie Stănculescu blüht ein Ermittlungsverfahren, allerdings muss Staatschef Klaus Johannis dafür noch dem im Fall von Ex-Ministern vorgesehenen einschlägigen Antrag der Staatsanwaltschaft stattgeben.

Iliescu und Măgureanu wurden am Mittwoch zur Generalstaatsanwaltschaft vorgeladen, wo sie über die Wiederaufnahme der Verfahren gegen sie in Kenntnis gesetzt wurden. Während Iliescu es vorzog, sich gegenüber den Medien in Schweigen zu hüllen, tat Măgureanu die Frage eines Reporters, wie er denn zum Vorwurf der Verbrechen gegen die Menschlichkeit stehe, als „bescheuert“ ab.

Die Wiederaufnahme der Ermittlungen betreffend die dunkelste Episode der ersten Nachwendejahre erfolgt, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Rumänien letzten September zur Wiederaufnahme des verschleppten Verfahrens verpflichtet hatte. Die Strafexpedition der behördlich unterstützten Schiltaler Kumpel gegen die auf dem Bukarester Uni-Platz protestierende Zivilgesellschaft endete laut damaligen offiziellen Angaben mit 6 Toten und 746 Verletzten, während NGOs von weit mehr als 100 Opfern und 1000 Verletzten sprechen.

Iliescu selbst, der den marodierenden Kumpeln vor laufenden Kameras für ihren „Einsatz“ gedankt hatte, bestritt indes stets, diese nach Bukarest gerufen zu haben. Doch könnte ihn seine eindeutige öffentliche Aufforderung „Begeben Sie sich bitte zum Uni-Platz, um diesen zurückzuerobern“ nun zum Verhängnis werden.