Venedig-Kommission empfiehlt Rücknahme der Justizreform

Staatschef Johannis legt Justizminister Rücktritt nahe

Am Sonntagabend haben sich auf dem Victoria-Platz in Bukarest über tausend Menschen versammelt, um gegen die Änderung der Justizgesetze und das Verbot von spontanen Demonstrationen zu protestieren. Einige Hundert Menschen protestierten in Temeswar/Timișoara und Klausenburg/Cluj-Napoca. Gefordert wurde u. a. die Abdankung des Justizministers.
Foto: Agerpres

Bukarest (ADZ) - Das Gutachten der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht, bekannt als Venedig-Kommission, zur Justizreform der PSD und ALDE fällt verheerend aus: Die jüngst in Kraft getretenen Änderungen der Justizgesetze untergraben de facto die Unabhängigkeit des Systems, während die Strafrechtsnovelle die Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens erheblich schwächt, hieß es in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme.


Den rumänischen Behörden empfahl die Expertengruppe daher die Rücknahme der gesamten Novelle, insbesondere der mehr als 300 Strafrechtsänderungen, die durch „solide und kohärente Legislativvorschläge“ ersetzt werden sollten. Kommissionsmitglied Martin Kuijer sagte der Presse, man sei besorgt über die Fähigkeit der rumänischen Justiz, „Opfer“ noch schützen zu können. Es sei „Pflicht“ des Parlaments in Bukarest, sicherzustellen, dass „Straftäter nicht straffrei ausgehen“, so der niederländische Rechtsexperte.


Staatschef Klaus Johannis forderte PSD und ALDE wenig später auf, alle Empfehlungen der Venedig-Kommission umgehend umzusetzen. Es sei „unannehmbar“, dass „die gesamte einschlägige Gesetzgebung geändert“ werde, nur um „Spitzenpolitiker mit Justizproblemen“ vor strafrechtlichen Konsequenzen zu bewahren, rügte Johannis. Dem Justizminister, zu dessen jüngster Eilverordnung die Venedig-Kommission eine separate Stellungnahme ankündigte, empfahl Johannis den sofortigen Abgang – er sei „untragbar“ geworden.


PNL-Chef Ludovic Orban teilte mit, dass seine Partei Regierungschefin Viorica Dăncilă vor das Parlament bestellen wolle – sie habe „klarzustellen, ob sie die Empfehlungen der Venedig-Kommission umzusetzen gedenkt oder nicht“. Die „Zeiten doppelzüngiger Rhetorik“ seien „vorbei“.