Biermarke „Czell“ wiederbelebt

Handwerklich gebrautes Bier nach Kronstädter Originalrezept von 1893

Ein Etikett von Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts: „Weihnachtsbier aus der ersten Dampf-Bierbrauerei „Friedrich Czell&Söhne“, Dyrste

Bei der ausführlichen Recherche über das Bier der Gebrüder Czell, fand Lorand Toth unter anderen diese Flaschen von Anfang des 20. Jahrhunderts. Einige davon sollen im Czell-Museum ausgestellt werden. Das neue „Czell“-Bier gibt es in drei Sorten: herb, trüb und original. Fotos: Bere Czell

Fast 130 Jahre nach der Gründung der Biermarke „Czell” des Kronstädter Familienkonzerns „Friedrich Czell&Söhne“, ist die einst berühmte Biermarke heutzutage wieder auf dem Markt zu finden. Das Getränk wird nach dem Rezept von 1893 produziert und ist in drei Sorten zu haben: trüb, klar und das Originalrezept. „Wir wollten diese Marke und dieses Erbe der Stadt neu gestalten und weiterführen, wir wollten die Qualität von früher erneut in Kronstadt haben“, erklärt Ex-Honterianer Christian Simon, der für den Vertrieb der Biermarke verantwortlich ist. Zusammen mit den Brüdern Edomer Toth, Lorand Toth und mit Vlad Popa ist er Teil des Teams, das für die Wiedererfindung der Marke zuständig ist.

„Die Idee kam ihnen, als sie die Geschichte der Familie Czell aus Kronstadt näher kennenlernten. Nach einer ausführlichen Recherche stieß Lorand Toth, der vom Bierbrauen begeistert ist, auf Informationen über die Fabriken der reichen Sachsenfamilie Czell und auf das Bierrezept. Er brachte es sofort in Sicherheit“, schildert Simon. Für Edomer Toth und Vlad Popa, die im HoReCa Geschäft tätig sind, passte es gut zu ihrem Geschäft, ihr eigenes Bier zu brauen und zu verkaufen. So starteten sie erste Versuch, es nach dem Originalrezept herzustellen und die Biermarke Czell neu zu gestalten. Ende März 2022 konnte das Getränk erstmals vermarktet werden.

Bier mit niedrigem Alkoholgehalt
Wie fast alle handwerklich hergestellten Biermarken im Land, wird auch diese in einer privaten Brauerei gebraut. Die Investoren mieten die Brauerei zeitweilig, im sogenannten System der Kuckucksbrauer, oder „Gypsy Brewer”, um ihre Produktion durchzuführen. „Wir wollten von Anfang an korrekt und richtig schön auf den Markt“, sagt der Vertreiber. Nach einer Marktstudie stand fest, „dass in Kronstadt Bedarf an einem Bier besteht, das einen anderen Geschmack und Qualität bietet als die industriell hergestellten Biere. Das herber und malzig ist”. Für ihr Vorhaben setzten sie 200.000 Euro und Fachmänner ein. Über die Ergebnisse sind sie zufrieden – die Ware schafft sich Platz im stetig wachsenden Sektor der Craft Biere. „Wir sind stolz darauf, eines der wenigen handwerklichen Biere anbieten zu können, das nach altem Rezept gebraut wird und das mit 4,1 bis 4,5 Prozent Alkohol einen niedrigen Alkoholgehalt hat“. Der Gärprozess ist natürlich, das klare und das trübe Bier gären 21 Tage in den Inox-Installationen, das Originalrezept eine Woche länger. Ein großer Unterschied im Vergleich zu den industriell hergestellten Bieren, die dank Zusatzstoffen, Enzymen oder Konservierungsmitteln viel schneller verkaufsbereit sind.

Es sei toll, dass immer mehr Menschen den Geschmack und die Qualität des handwerklich gebrauten Getränks suchen. So entdecken sie auch Czell. „Besonders qualitätsorientierte Leute trinken „Czell“”, ein Bier, das in Bars und Restaurants zwischen 15 und 17 Lei kostet. „Und dann sind es noch junge Leute, die der Geschmack überzeugt. Sportler, insbesondere Fahrradfahrer konsumieren es in der warmen Jahreszeit zur Hydration. Und für die Vitamine B 6 und B 12“. Zur Zielgruppe der wiederbelebten Marke zählen auch Nostalgiker, „die über das Unternehmen der Sachsenfamilie wissen und durch das Bier an alte Zeiten erinnert werden“, sagt Christian Simon erfreut.

In Kronstadt, sowie landesweit ist mit der Nachfrage nach einem herberem, malzigen Geschmack und nach Qualität auch die Anzahl der handwerklichen Biermarken gestiegen – ein Trend, der im Ausland bereits seit Jahren existiert. Mehrere Dutzend Mikrobrauereien bestehen bereits landesweit, in Siebenbürgen sind es mehr als zehn. In Kronstadt hat beispiels-weise die vor fünf Jahren ins Leben gerufene Marke „Musta]²“ in Bars, Restaurants und Geschäften Fuß gefasst. Landesweit gibt es zahlreiche Marken, die sich durchschlagen. All diese lassen die einheimische Industrie wieder aufleben.

Die Czell-Rockefeller
„Es ist Platz für alle am Markt“, meint der Vertreiber. Das hatten die Brüder Czell vor Jahrzehnten anders gesehen. 1892 gründeten sie neben der in Dârste gekauften Spirtuosenfabrik „Quittner“ eine Bierfabrik, wo anfangs 14.000 hl, vier Jahre darauf 45.000 hl produziert wurden – eine bedeutende Produktion für die Zeit. Das Geschäft blühte, sodass „Friedrich Czell&Söhne“ sich zu einem der erfolgreichsten siebenbürgischen Unternehmer in diesem Bereich entwickelte. Es war bereits für den erfolgreichen Wein- und Textilhandel bekannt – dieser stellte die materielle Grundlage für die spätere Erweiterung dar. Die Firma produzierte auch Likör und andere alkoholische Getränke und war auch im Zuckergeschäft involviert.

Um den Konkurrenzkampf zu entschärfen, begann das Unternehmen, andere Fabriken aufzukaufen: 1898 wurde die berühmte Kronstädter Fabrik von Johann Habermann aufgekauft. Es folgte die Bierfabrik „Bragadiru“ aus Bukarest, die vom bayerischen Bierbrauer Erhardt Luther gegründet worden war. 1907 gehörte auch die Klausenburger Bierfabrik „Fra]ii Sigmond“ den Brüdern Czell. Die Expansion konnte, trotz der schweren Schäden nach dem Ersten Weltkrieg, weitergeführt werden. So kamen 1920 die „Romfeld“-Fabrik aus Miercurea Ciuc und 1929 die Bierfabrik aus Temeswar in den Besitz des Konzerns. Diese Erweiterung brachte der Firma Czell die Bezeichnung „Czell-Rockefeller“. Bis zur Nationalisierung 1948 hatte der Familienkonzern eine leitende Position auf dem Biermarkt.

Czell-Museum und Brauerei
Bei der Recherche über das Bier des Unternehmens Czell, stieß Lorand Toth auf zahlreiche Objekte, die von den alten Bierfabriken stammen, darunter Emailplatten, Deckel, Flaschen, Kisten und auch ein Holzfass. Diese sollen in der kleinen Bierbrauerei ausgestellt werden, die die Investoren zu gründen planen. „Um ein gesamtes Bild über das Bierbrauen zu schenken, wollen wir im Rahmen der Brauerei einen offenen Raum einrichten, wo alles beobachtet und dann auch verkostet werden kann“. Man arbeitet auch an neue, den Zeiten angepassten Etiketts, sowie an neuen Biersorten. 

Das Bier, das derzeit in einigen Bars, Restaurants und spezialisierten Getränkeläden oder Geschäften in Kronstadt und Neustadt erhältlich ist, wird auch in Lokalen und Läden in Bukarest und Constan]a vertrieben werden, allerdings erst nachdem es in Siebenbürgen bekannt wird. Nur in Supermärkten soll „Czell“ nicht verkauft werden, „da wir nicht neben minderwertigen Bieren stehen wollen“, unterstreicht Christian Simon.