Der siebenbürgische Alpenverein (Karpatenverein)

Vor 150 Jahren im Mai 1873 in Kronstadt gegründet

Die Neustädter Bürgermeister von überall stellten sich zu einem gemeinsamen Foto.

Der Delegation des Burzenländer Neustadt gehörten Bürgermeister Gicu Cojocaru und Pfarrer i.R. Kurt Boltres an.

Einem dringenden  Bedürfnis der damaligen Entwicklung in der Kronstädter sächsischen Gesellschaft entsprechend, gründete eine erlesene Gruppe von Kronstädter Naturfreunden am 10. Mai 1873 - vor 150 Jahren – den Siebenbürgischen Alpenverein in Kronstadt. Die  Konstituierung erfolgte einige Monate später am 31. August 1873.

Der Vorsatz der Gründung dieses ersten Touristenvereins in Kronstadt stammte aus dem Vorjahr 1872, als auf dem historischen Ausflug vom  21. – 22. September auf den Königstein bei Kronstadt der königliche Gerichtsnotär Josef W. Filtsch den Vorschlag machte, in nächster Zukunft einen Kronstädter Alpenverein (eigentlich Karpatenverein) zu gründen.

Durch gute Beziehungen zu namhaften Kronstädter Persönlichkeiten, auch dank der Bekanntmachung  und Werbung durch die „Kronstädter Zeitung“ konnten in kurzer Zeit 19 Gründungsmitglieder angeworben werden. Für die Statuten des zukünftigen Kronstädter Alpenvereins hatte man sich an jenen des nur zehn Jahre zuvor, 1862, gegründeten Österreichischen Alpenvereins orientiert und vieles von diesem einfach übernommen. Der Zweck des Vereins war die Erweiterung und Verbreitung der Kenntnisse von den Siebenbürgischen Karpaten, die Erleichterung ihrer Bereisung und die Pflege froher Geselligkeit in der freien Natur.

Da Siebenbürgen damals  zu Österreich-Ungarn gehörte, hätten die Kronstädter Wanderfreunde auch dem Österreichischen Alpenverein beitreten können, doch da dieser von Wien aus verwaltet und gesteuert wurde, war die Distanz zwischen Wien und Kronstadt zu groß.
Am 28. Juli 1873 wurden die für den Kronstädter Alpenverein behördlich genehmigten Statuten noch einmal vorgestellt und bei der ersten Generalversammlung im Kronstädter Schützenhaus am 28.August 1873 erfolgte dann die Konstituierung des Vereins. Der umtriebige königliche Gerichtsnotär in Kronstadt Josef W. Filtsch hatte binnen  eines  Jahres die 19 Gründungsmitglieder einberufen können. Die Vereinsleitung bestand aus drei Personen, an der Spitze als Vorstand  der Kronstädter Rechtsanwalt Carl Schnell. Sechs Ausschußmitglieder bildeten
die Führung des Vereins, unter ihnen zwei Rumänen: Penciu Nicolau, königlicher Bezirksrichter in der Ortschaft Zărnești und der Rechtsanwalt Josif Pușcariu aus Törzburg.

Durch die Gebührenordnung von je zwei Gulden (örtliche Währung) jährlich verfügte der Verein am Ende des ersten Jahres seines Bestehens über 168 Fl., mit welcher Summe es sich bescheiden wirtschaften ließ.

Am Ende des ersten Jahres 1873/74 hatte der Kronstädter Alpenverein insgesamt 58 Mitglieder, darunter 11 Kronstädter Rumänen; unter ihnen gab es  bekannte Persönlichkeiten der Kronstädter Kulturelite wie der Gymnasialdirektor Ioan Meșotă und der Kulturschaffende George Dima.
Der Beginn der eigentlichen Tätigkeit des noch recht jungen Vereins war jedoch erst der Sommer 1874, denn im Herbst 1873 wurden  aus Anlaß der Weltausstellung  in Wien   in Siebenbürgen  alle Veranstaltungen verschoben. 

Der Kronstädter Alpenverein (Karpatenverein)  hatte nun eine seit lange bestehende Lücke der Kronstädter Bergfreunde geschlossen: Man hatte nun die Möglichkeit, Wanderungen, wie sie in der Vergangenheit in der um Kronstadt liegenden Bergwelt schon längst unternommen worden waren, in kleinen und größeren Gruppen zu organisieren, und man konnte die Personen- und Gepäckbeförderung ab jetzt professioneller, der neuen Entwicklung der technischen Verkehrsmittel Rechnung tragend, neu gestalten. Über die Wanderungen wurden nachträglich schriftliche Berichte verfaßt und veröffentlicht, es fanden zum Anlaß der Generalversammlungen interessante wissenschaftlich geprägte Vorträge und Berichte von Teilnehmern und Gastvortragenden statt. Man war bestrebt,  „das Führerwesen für die größeren Gebirgspartieen“ (Erster Jahresbericht des Siebenbürgischen Alpenvereins, 1874)  in den Kronstädter Karpaten neu zu gestalten. Vor allem war man bestrebt, kompetente und verläßliche Persönlichkeiten aus der rumänischen Bevölkerung aus den gebirgsnahen  Ortschaften zu rekrutieren, angemessene Bezahlungen auszuhandeln und für die Touristen öffentlich zu machen.

Man war weiterhin bestrebt, für die Touristen Hütten und Unterkünfte im Gebirge zu bauen, neue Wanderpfade zu erschließen sowie  die alten in Stand zu halten. Die Markierungen der Touristenwege waren zu jener Zeit nicht wie heute durch Farbstreifen auf Bäumen oder Steinen/Felsen aufgetragen, sondern es wurden am Wegrand eigens zur Markierung angefertigte Holzstäbe mit einem Farbcode  eingepflanzt. Die Gebirgsquellen wurden mittels beschrifteten Schildern auf Stäben kenntlich gemacht.

1874, also im ersten Jahr seines Bestehens waren 5 Partien (Ausflüge) geplant und auch ausgeführt: Am 1. und 2. August 1874 wurde ein Ausflug auf den Csukas (heute Ciucaș) organisiert, am 18. August auf den Kronstädter Hausberg Schuler, vom 10. bis 14. September 1874 auf den Kamm des Fogarascher Gebirges über Zărnești-,Plaiul Foii-,Comis-, Lerescu-, Podragu und zurück, am 27. September dann schließlich auf den Zeidner Berg.

Einige Details dieser ersten Partien sollen aus dem Bericht zum 4-tägigen Ausflug auf den Kamm des Fogarascher Gebirgs entnommen werden.
An diesem Ausflug unter Leitung des Königlichen Gerichtsrates Michael Arzt nahmen  9 Touristen teil. Der königliche Bezirksrichter aus Zărnești  und Ausschußmitglied des Vereins Nicolau Penciu  hatte ab der Ortschaft Z²rne{ti, durch Pferde, Wagen und Personal den kilometerlangen Zufahrtsweg bis zum Aufstieg bestens organisiert. Leider setzte schon am 2. Tag schlechtes Wetter ein und die Ausflügler sahen sich zur Umkehr gezwungen, ohne den Podragu zu erreichen. In Z²rne{ti hatte der Rechtsanwalt Penciu die Kronstädter Touristen in seinen Hallen freundlichst empfangen und nach einer festlichen Bewirtung zu einem Spaziergang in die nahe liegende Königstein-Klamm („Prăpăstiile Zărneștilor“) eingeladen. Die damals touristisch noch völlig unbekannte Klamm, mit einem durchs Wasser kaum erkennbaren Fußweg, weckte Erstaunen bei den Teilnehmern. Man bedankte sich bei Herrn Penciu, indem eine bis dahin noch unbenannte Quelle den Namen „Penciu-Quelle“  versah.

Der „Siebenbürgische Alpenverein in Kronstadt“ bestand acht Jahre lang unter diesem Namen; 1881 trat er schließlich mit einer stattlichen Anzahl von Mitgliedern und einem Guthaben von 300 Fl. dem neu gegründeten „Siebenbürgischen Karpatenverein“ (Sektion Kronstadt) SKV bei.