Die evangelischen Kirchen in der Blumenau (II)

Die Formulierung „Kirchen-Reparatur“ weist darauf hin, dass das Toleranzpatent von 1781 noch nicht erschienen war und bis dahin wurde der Bau von neuen nicht-katholischen Kirchen vom Wiener Hof nicht genehmigt. So hielt man sich an das Hofreskript von 1755, wo nur  eine Erweiterung der bestehenden Kirche gestattet worden war.

Das Gesuch der Blumenauer wurde in der Magistratssitzung vom 3. Juli 1777 „in der Behausung und unter dem Präsidium von Stadtrichter Joseph Traugott Edler von Schobeln“ verhandelt, also in der heutigen Klostergasse Nr. 9. Das „Conclusum“ (= der Beschluss) lautete: „Es werden für die Supplicanten (= Bittsteller) zu besagter Absicht alsbald Rfl. (=Gulden) 200 an die hiesige Stadt-Allodial-Kassa zahlbar abgewiesen“ .

In der Allodialrechnung für das Jahr 1777 finden wir bei den Ausgaben folgenden Eintrag: „Nr. 39. Denen Blumenauern eine Beysteuer zu Wiederaufbauung ihrer Kirche laut Anweisung und Quittung 200 Fl. (=Gulden)“ . Am 29. Juli 1777 bestätigten den richtigen Empfang dieser Summe: Johann Krafft, Kirchen-Vater; Petrus Schuller, Nachbar-Vater¸ Johann Schwarz, Kirchen-Vater und Georg Paul, Nachbar-Vater .

Am Sonntag, dem 4. September 1977 wurde vom Blumenauer Pfarrer Burghard Morscher die 200-Jahrfeier des Bestehens der Blumenauer Kirche veranstaltet, an der auch der damalige ungarisch-evangelische Stadtpfarrer Zsolt Raduch teilnahm.

In dem Tagebuch des Neustädter Pfarrers Petrus Roth finden wir die Eintragung:
„1778, 19. Juli wurde die neue Kirche in der Blumenau vom Herrn Stadtpfarrer (Georg Preidt) eingesegnet“.

Joseph Teutsch schrieb darüber „Die neuerbaute Kirche war anfänglich auch dazu bestimmt, daß Ungarn und Sachsen wechselweise darinnen ihren Gottesdienst halten sollten“. Es kam aber in dieser „Simultankirche“ zu Unstimmigkeiten, und die Ungarn suchten deshalb um eine eigene Kirche an, die nach dem Toleranzpatent des Kaisers Joseph II. vom 8. November 1781 auch bewilligt wurde. Dazu wurde den evangelischen Ungarn ein Bauplatz neben dem katholischen Friedhof näher an der Stadt zugewiesen. Die Seele des Kirchenbaues war der Pfarrer János Gödri, der mit seiner Familie mehr als die Hälfte der Baukosten beisteuerte. Die neue Kirche wurde im Jahre 1783 in nur sieben Monaten und 20 Tagen errichtet. Aus der späteren Geschichte erwähnen wir nur, dass im Jahre 1846 anstelle der früheren Blanken eine Umfassungsmauer um das Gelände errichtet wurde.

Wir möchten auch darauf hinweisen, dass die Blumenauer ungarisch-evangelische Kirche auf mehreren alten Kronstädter Ansichten, die der Zeichenmeister Sigismund Rosa in Kupfer gestochen hat, gut zu sehen ist. Die ältere Ansicht befindet sich auf dem Formular für einen Gesellenbrief der Schmiedezunft von 1790, eine weitere aus dem Jahre 1796 auf einem ähnlichen Formular für die Tischlerzunft.

Auf dem Formular eines Gesellenbriefes der Kronstädter Leineweberzunft aus dem Jahre 1825 befindet sich eine Stadtansicht, auf der auch die Blumenauer ungarisch-evangelische Kirche dargestellt ist .

Im Jahre 1886 schied die Kronstädter ungarische evangelische Gemeinde aus dem Verband der Kronstädter Stadtpfarrgemeinde – zu der sie bis dahin gehört hatte – aus und schloss sich der Ungarisch-Evangelischen Kirche des Theißgebietes an.

Der Friedhof neben der Kirche musste im Jahre 1960 auf Anordnung des Stadtvolksrates aufgelassen werden. Seit damals hatten die evangelischen Ungarn in Kronstadt keinen eigenen Friedhof mehr. Im Jahre 1960 beschloss die Honterusgemende, dass auf ihren Friedhöfen auf Empfehlung des ungarisch-evangelischen Stadtpfarrers die evangelischen Ungarn begraben werden können. (Dies geschah in der Amtszeit der Stadtpfarrer Raduch György und Raduch Zsolt).

Im Jahre 1987 nach einem „Arbeitsbesuch“ des Präsidenten Nicolae Ceauşescu im September 1986 wollte die damalige Kreisparteiführung  die neben dem Staatstheater gelegenen Friedhöfe – der eine katholisch und der andere ungarisch-evangelisch – auflösen. Der katholische Friedhof wurde tatsächlich abgeschafft. Beim ungarisch-evangelischen Friedhof gelang es zu erreichen, dass „nur“ die Grabdeckel und Umfriedungen aus Beton von 300 Gräbern entfernt wurden, ebenso die Grabsteine von denjenigen Inhabern, die damit einverstanden waren.   

In den Jahren 1992 – 1998 wurde bei der Kirche ein neues Gemeindezentrum nach den Plänen des Architekten Edmund Olsefszky errichtet.