„Die Sachsen fehlen uns“

Gespräch mit dem Brenndorfer Bürgermeister Paul Cernat

Paul Cernat (PNL) ist, mit einer vierjährigen Unterbrechung (2008-2012), seit 1996 Brenndorfer Bürgermeister. Foto. Ralf Sudrigian

Im Büro des Bürgermeisters aus Brenndorf, Paul Cernat, hängt auch ein historisches Foto der Grundsteinlegung am 29. Mai 1900 des neuen Rathauses. Das sei nicht zufällig, sagt der heutige Bürgermeister, der 2012 als PNL-Mitglied sein viertes Mandat antrat. Der 66-jährige, aus Turnu Măgurele an der Donau stammende ehemalige langjährige Warenprüfer bei der Brenndorfer Zuckerfabrik versichert uns des öfteren seine Achtung für alles was die Sachsen da geleistet haben, mit dem man sich nun brüsten könne. Brenndorf sei gewachsen, in Richtung Petersberg entsteht ein neues Viertel. Kanalisation, Gasversorgung, Beleuchtung, Asphaltbelag auf drei Vierteln der Straßen verschönern die Gemeinde.

Parkplätze, Spielplätze für Kinder, gepflegte Wasserrinnen in der Kirch- und der Schulgasse sollen Brenndorf eher als Städtchen erscheinen lassen und nicht als staubiges Dorf. Nicht alles ist aber idyllisch in der Gemeinde, die landesweit durch ihre Zuckerfabrik bekannt wurde – wie auch die Radio-Sendeantennen ein Brenndorfer Erkennungszeichen. Die Fabrik sei insolvent und zahle nichts mehr ins Gemeindebudget, klagt Cernat. Man müsse sich unter diesen Umständen zurechtfinden. Im Gemeinderat ist die Nationalliberale Partei mit vier Ratsmitgliedern vertreten. Sie kann leider nicht immer auf die Unterstützung der drei Mitglieder der Demokratliberalen Partei rechnen die sich ja in der neuen PNL wiederfinden müssten. Ebenfalls im Stadtrat: drei Sozialdemokraten und drei Mitglieder der da überraschend starken Union für den Fortschritt Rumäniens (UNPR).

Brenndorf ist auch eine Ortschaft, in der heute kleinen sächsischen Kirchengemeinde (rund drei Dutzend Mitglieder), in der  Grund und ehemaliges Vermögen inzwischen praktisch vollständig rückerstattet wurde. Im nachfolgenden Gespräch geht Bürgermeister Cernat auf die Beziehungen zu den ausgewanderten aber auch den verbliebenen Brenndorfer Sachsen ein.

Wie haben Sie Ihre ehemaligen sächsischen Mitbürger in Erinnerung?

Ich persönlich hänge sehr an der sächsischen Gemeinde. Die Sachsen fehlen uns. Sie waren gute Landwirte, ausgeglichen, besondere Menschen. Leider für Brenndorf, und das ist meine Meinung, sind sie weggegangen. Das ist ein Verlust. Die wenigen Sachsen, die geblieben sind, sind ältere Leute, manche auch krank. Leute, die sich inzwischen an Stelle der Sachsen in Brenndorf niedergelassen haben, konnten sie nicht ersetzen und haben auch nicht zur Entwicklung der Ortschaft beigetragen.

Gibt es Beziehungen zu den ausgewanderten Sachsen?

Sie kommen manchmal zu Gemeindefeiern in ihrer Kirche. Ich werde dazu auch eingeladen und folge diesen Einladungen mit großer Freude. Zuletzt war das am 26. Juli der Fall, anlässlich der Wiedereinweihung des Kirchturms nach Renovierungsarbeiten. Ich habe großen Respekt für die sächsische Gemeinde.

Das sächsische Gemeindevermögen wurde rückerstattet.

Das gesamte Vermögen wurde der evangelischen Kirchengemeinde auf deren Antrag rückerstattet. Leider ist zum Beispiel die deutsche Schule, die wir ausgebessert und auch mit einer Heizzentrale ausgestattet hatten, sehr heruntergekommen. Wenn Sie gesehen haben, wie sie heute aussieht …

Bitte beschreiben Sie das für jene die nicht in Brenndorf waren oder sind.

Was soll ich sagen... Nicht nur die Heizzentrale ist weg, auch Fenster sind eingeschlagen. Nur das Gebäude steht noch. Soviel ich weiß, diejenigen,, die sich jetzt um die Schule kümmern, haben vor, das Gebäude zu verkaufen.

Zwischen 2008 und 2012, als ich nicht Bürgermeister war, gab es Gespräche mit Vertretern der ehemaligen Eigentümer. Sie bestanden darauf, dass die Schule, gegen Auszahlung einer Miete, weiter als solche genutzt werden sollte, was ja sehr vernünftig war. Leider hat der Ex-Bürgermeister (Claudiu Liliac, PSD – Anm. der Red.) sich an den Verhandlungen nicht beteiligt. Den Prozess haben die Sachsen gewonnen. Das war abzusehen und ist auch normal, denn die Schule gehörte ihnen.  

Was geschieht nun mit der Schule?

Ich weiß nicht: sie wird vermietet, sie wird verkauft. Ich kann mich da nicht einmischen. Ich bekomme zwar Vieles zu hören; aber weil ich nichts Näheres darüber weiß, will ich mich dazu auch nicht weiter äußern.

Wie haben Sie das Problem der fehlenden Schule lösen können?

Wir mussten ein anderes älteres Schulgebäude instandsetzen. Das bedeutete weitere Investitionen, die viel Geld kosteten.

Außer der Schule, was wurde noch rückerstattet?

Alles. Das Rote Haus, der Kirchhof, der ehemalige Kindergarten, das Gebäude wo die Lokalpolizei ihren Sitz hatte. Was die alten und neuen Eigentümer, die sächsische Kirchengemeinde, inzwi-schen vermietet oder verkauft hat, betrifft nur sie und da halte ich mich heraus.

Die Kirche als Sehenswürdigkeit könnte besser zur Geltung kommen, wenn sie über Nacht angestrahlt wird...
Wir haben selber mit öffentlichen Geldern die Kirchengemeinde unterstützt, z.B. für das Glockenläuten. Selbstverständlich unterstützen wir jede Initiative, um die evangelische Kirche als Sehenswürdigkeit unserer Gemeinde zu promovieren.

Vielen Dank für dieses Gespräch!

Die Fragen stellte
Ralf Sudrigian