Ein Fest der Diversität

Das Internationale Filmfestival „Transilvania“ (TIFF) an seinem 17. Geburtstag (I)

Hommage an Ingmar Bergman: Maia Morgenstern und Oana Pellea auf dem Remake des Filmplakats von „Persona“

Die französische Schauspielerin Fanny Ardant erhielt beim diesjährigen Festival den Preis für die gesamte Karriere.

TIFF 2018: ein voller Filmsaal gehört immer dazu.
Fotos: Nicu Cherciu/TIFF

Klausenburg, ein Montagvormittag Anfang Juni. Vor dem Kino Florin Piersic reißt eine Putzfrau ein Plakat herunter. Auf dem schwarz-weißen Poster sind zwei Frauenprofile zu sehen: die beiden Schauspielerinnen Maia Morgenstern und Oana Pellea. Es ist ein Remake des berühmten Films „Persona“ von Ingmar Bergman und eine wunderschöne Hommage an den schwedischen Filmemacher, der in diesem Jahr hundert Jahre alt geworden wäre. Seine wichtigsten Filme wurden während der 17. Auflage des internationalen Filmfestivals „Transilvania“ (TIFF), das zwischen dem 25. Mai und dem 3. Juni in Klausenburg stattfand, gezeigt.

Rund um die Welt feiern in diesem Jahr dutzende Theaterproduktionen, Bücher, Ausstellungen und Aufführungen von klassischen Bergman-Filmen das Jubiläum. Auch Klausenburg machte mit. Nicht nur im Kino, sondern auch im Theater wurde der Kultregisseur in dieser Woche gefeiert – das Ungarische Staatstheater bot gleich mehrere Bühnenadaptationen von Bergmans Werken an.


Der Montag danach


Zehn Tage lang drehte sich alles nur um Kino - Tausende von Zuschauern drängten sich in die Säle, auf der Straße, im Bus und in Cafes  diskutierte man eifrig über Filme, Schaufenster wurden mit dem rot-weiß-schwarzen Logo des Festivals geschmückt, Bars trugen bunte Aufkleber mit dem Text „Wir unterstützen TIFF“. Doch am Montag, dem 4. Juni, ist alles vorbei.

Die rot-weißen Logos verschwinden, auch die Persona-Banner, niemand unterhält sich mehr auf der Straße über Filme. Man läuft nicht mehr um 9 Uhr morgens mit einem Kaffee-Pappbecher ins Kino. Man verbringt nicht mehr den ganzen Tag im Dunkeln. Man trifft nicht mehr Fanny Ardant auf der Straße. Alles kehrt wieder zum „Normalen“ zurück.  Und die Kinos sind viel leerer. Der erste Montag nach dem „TIFF“ ist der traurigste Tag.


Eine Gemeinschaft bilden


Vor der Wende gab es in Rumänien etwa 450 Staatskinos. Nach 1990 mussten Hunderte davon ihre Pforten schließen. Viele Kinosäle wurden in Bingo-Clubs, Discos, Pfandhäuser, Nachtclubs oder sogar Kirchen verwandelt. In den letzten Jahren tzten Jahren saniert und wieder geöffnet - inzwischen gibt es im ganzen Land 90 Kinosäle. Das sind 20% mehr als vor fünf Jahren. Und das haben wir auch TIFF zu verdanken, einem Festival, das sich seit 17 Jahren  konstant für eine wunderschöne Idee einsetzt: Filme sieht man nicht auf Laptopbildschirmen zu Hause, sondern im Kino. Dafür müssen nicht nur Kinosäle renoviert werden, sondern auch Personal ausgebildet werden.

In diesem Sinn bereitet das „Transilvania Talent Lab“ jedes Jahr während des Festivals selbstständige Kino-Manager vor. „Viele Leute glauben, dass man, um ein Kino aufrecht zu erhalten, nur den Projektor anschalten und auf die Play-Taste drücken muss. Das ist nicht so“, meint Boglarka Nagy, Managerin des Kinosaals „Elvira Popescu“ aus Bukarest, die im Rahmen des Talent Lab mehrere Workshops geleitet hat. Die angehenden Kulturmanager  sollen verstehen, wie man um ein Kino eine Gemeinschaft bilden kann, wie das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit funktionieren müssen, damit man die Leute in der Ära von  Online-Streaming und Netflix  wieder in den Kinosaal lockt.


Man sollte sich überraschen lassen


„Je mehr ihr über die Filme im Festival wisst, desto kleiner ist die Freude einer Überraschung. Also schlage ich euch vor, alle meine Tipps beiseite zu lassen und wenigstens einen Film aus dem Programm mit geschlossenen Augen auswählen. Vielleicht wird dieser die wichtigste Erinnerung über TIFF 2018 sein“, schreibt Mihai Chirilov, künstlerischer Leiter des Festivals, in der Zeitschrift „Dilema Veche“. Das Interview mit Chirilov oder der Artikel, den er immer in der oche vor dem Festival verfasst, ist ein Muss für alle Filmliebhaber, die TIFF besuchen. Hier stellt er nämlich die interessantesten Filme im Festival vor - das hilft viel, denn immer hat man die Qual der Wahl. Doch manchmal ist man müde, preisgekrönte Filme und umstrittene Werke berühmter Regisseure zu „jagen“. Chirilov hat Recht: manchmal sollte man sich überraschen lassen.


Horror-Kurzfilme, Spinat und ein wenig Regen


TIFF ist in diesem Jahr 17 Jahre alt geworden: ein Teenager, der im Jahr 2019 volljährig wird. Auch seine Fans sind inzwischen erwachsener geworden: sechs Filme am Tag sehen - das macht inzwischen fast keiner mehr. Der loyale TIFF-Fan ist auch nicht mehr frustriert, weil er dauernd etwas verpasst. Er genießt die Festival-Atmosphäre und die Vormittage im vollen Kinosaal, er geht zu Diskussionen und Konzerten aus dem Rahmenprogramm.

(Fortsetzung folgt)