Hohe künstlerische Qualität in Ingolstadt

„OrgelMatinee um Zwölf“ in der Asamkirche Maria de Victoria

Christian Fuss, Christian Ledl, Hans-Paul Fuss. (v.l.n.r)

Im bayerischen Ingolstadt gibt es seit 1990 eine sehr beliebte Musikreihe: die OrgelMatinee um Zwölf. Von April bis Oktober findet jeden Sonntag um Punkt zwölf Uhr in der mit einem berühmten Deckengemälde von Cosmas Damian Asam (1686 - 1739) ausgestatteten Kirche Maria de Victoria, ein ehemaliger Betsaal der Marianischen Kongregation (Ingolstadt war  Zentrum der Gegenreformation), ein Konzert mit geistlicher und weltlicher Musik statt. Auch Hora staccato war schon zu hören.

Im Programmheft 2003 schrieb der heute noch amtierende Kulturreferent Gabriel Engert: „Die ‘OrgelMatinee um Zwölf’ ist nicht nur ein Treffpunkt für Musikliebhaber, sie bietet einheimischen, nationalen wie internationalen Organisten, Instrumentalisten und Sängern ein zentrales Podium.“ Ergänzend kann man hier erwähnen, dass auch oft junge und sehr junge Musiker auf hohem künstlerischem Niveau musizieren.

An Christi Himmelfahrt 2003 stand auf dem Programm ein Themenkonzert unter dem Titel „Kirchenmusik aus dem Banat“. Leonore Laabs (Sopran), Ralph Klepper (Violine) und Franz Metz (Orgel) spielten Werke von Karl Ditters von Dittersdorf (1739 – 1799), Johann Michael Haydn (1737 – 1806), Franz Limmer (1808 – 1857) und Gustav Hazslinszky (1855 – 1918). Ralph Klepper und Franz Metz stammen aus dem Banat.

Es traten in den zurückliegenden Jahren aber auch andere aus Rumänien stammende Musiker auf: Bärbel Danek (Querflöte – Kronstadt), Daniela Mayer (Cello – Kronstadt), Costea Kiss (Viola – Klausenburg), Raluca-Diana Bădescu (Violine – Temeswar), Valer Barna-Săbăduş (Countertenor – Arad).
Fast auf den Tag genau nach der „Kirchenmusik aus dem Banat“, nur neun Jahre später und an einem anderen Feiertag, nämlich an Pfingstmontag 2012, stand wieder ein Siebenbürger auf der Orgelempore der Kirche Maria de Victoria. Er hatte seine Trompete mitgebracht und seinen Sohn.

Hans-Paul Fuss ist ein Großscheurer. Er hat in Klausenburg Trompete studiert und war Solist an der Staatsphilharmonie Hermannstadt. Heute lehrt er an der Städtischen Musikschule Rottenburg an der Laaber. Auch sein Sohn, Christian Fuss, bereits ein Ingolstädter Gewächs, hatte seine Trompete dabei.

Im April des letzten Jahres titelte das Ingolstädter Lokalblatt DONAUKURIER „Mit der eigenen Komposition zum Erfolg – Das Duo Fuss erzielt ersten Preis beim Lions-Kammermusikwettbewerb“. Doch handelte es sich mitnichten um das Trompetenduo Fuss. Noch im selben Monat konnte man einen anderen Artikel unter dem Titel „Hast du Töne – Im Leben der beiden Ingolstädter Geschwister Katrin und Christian Fuss spielt Musik die erste Geige“ lesen. Und unter einer Großaufnahme – übrigens vom lokalen Starfotografen Herbert – stand der Fototext: „Mit einer Eigenkomposition zum Bundeswettbewerb ‚Jugend musiziert’: ‚Flumpet’ heißt das moderne Stück, das Christian Fuss für sich und seine Schwester Katrin geschrieben hat. Für die Kombination Trompete und Querflöte gibt es bisher nämlich so gut wie keine Werke“.

Alles nur Schlagzeilen, aber sie geben Kunde von einer Talentsaat, die auf sehr fertilen Boden gefallen ist und wunderschöne Früchte trägt. Dabei fällt besonders ins Gewicht, dass Ingolstadt Woche für Woche Ensembles und Solisten von Weltniveau aufbietet. Audi sei’s gedankt. Hier die Aufmerksamkeit der Presse auf sich zu ziehen, setzt hohe künstlerische Qualität voraus.

Am Pfingstmontag waren nur die Blechbläser des Musikerdreigestirns Fuss im Einsatz. Den Orgelpart für dieses Konzert hatte Christian Ledl übernommen. Der Kirchenmusiker ist Organist an der St. Moritz Kirche, der älteste sakrale Bau der Stadt, und leitet auch den dortigen Chor - ein Musiker mit sehr viel Einfühlungsvermögen, der die hohe Kunst des Zusammenspiels besonders gut beherrscht. Das Programm dieser „OrgelMatinee um Zwölf“ beinhaltete zwei Orgelwerke des Bach-Schülers Johann Ludwig Krebs (1713 – 1780), sowie drei Konzertstücke für zwei Trompeten und Orgel von Francesco Manfredini (1684 – 1762), Jean-Baptiste Loeillet (1653 – 1728) und dem zeitgenössischen Komponisten Enjott Schneider (*1950).

Die zahlreichen Zuhörer, die Kirche war fast voll, wohnten einem sehr abwechslungsreichen Konzert bei, das sie musikalisch durch das Generalbasszeitalter führte und einen kurzen Einblick in die aktuelle deutsche klassische Musik gewährte.

Das Spiel der drei Musiker auf der Empore war von technischer Sicherheit, präzisen Einsätzen und gefühlvollen Melodieführungen geprägt und vor allem von einem sehr guten Aufeinanderhören. Der stürmische Applaus zum Ende des Konzertes war der Lohn dafür. Auch einige Großscheurer Hände trugen ihr Scherflein dazu bei. (Sogar wörtlich, denn am Kircheneingang steht seit eh und je ein Körbchen bereit. Eintrittslose Konzerte sollten nicht wirklich kostenlos sein.)

Nach dem Konzert sagte Hans-Paul Fuss, auf die nicht alltägliche Duobesetzung Vater & Sohn angesprochen, lapidar und mit dem natürlichsten Allerweltston in der Stimme: „Man muss doch die Jungen ein wenig unterstützen.“ Wer dabei die erste und wer die zweite Stimme geblasen hat – für Musikanten immer eine interessante Frage –, erübrigt sich im Falle Fuss bei dieser Antwort des Vaters. Der Filius, Jahrgang 1991, ist auf dem besten Weg ein ganz Guter zu werden, vielleicht sogar ein Star.

Auf jeden Fall wird es niemand verwundern und alle Musikliebhaber freuen, wenn in Zukunft auch die von der Fuss-Tochter meisterhaft gespielte Blockflöte wieder in öffentlichen Konzerten zum Einsatz kommt. Dass beide Fuss-Kinder auch hervorragend Klavier spielen, ist in Ingolstadt hinlänglich bekannt. In Konzertbesprechungen der Presse klingt das dann so: „Katrin Fuss (16) kann fast alles auf der Querflöte. (...) Sie begleiteten sich gegenseitig am Klavier. Christian (Trompete) blies tadellos ein schwieriges Stück von Händel.“ (DONAUKURIER, 15. März 2010)