Kontroversen regen zu Diskussionen an

Iulian Cătălui stellt dazu acht Essays und Studien bereit

Der 1962 in Fogarasch geborene, heute als Bibliograph an der Kronstädter Kreisbibliothek tätige Iulian Cătălui, legt mit „Mari controverse literare“ (Große literarische Kontroversen), 2014 im „aldus“-Verlag erschienen, sein drittes Buch vor. Bereits sein erstes („Biserici fortificate din judeţul Braşov. O sinteză şi un dic]ionar“ Kronstadt, Orator-Verlag, 2005) überraschte die Öffentlichkeit da ein sogenannter Laie sich der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen im Kreis Kronstadt anzunehmen wagte. Trotz gewisser Anfeindungen lässt sich das Werk sehen – ein Beweis für die Gründlichkeit, Arbeitskraft und Begeisterung des Verfassers. 2011 folgte der im Verlag der Kronstädter Transilvania-Hochschule erschienene Band „Avangarda literară românească şi visul“.

Die literarische Avantgarde der rumänischen Literatur in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts ist eines der Lieblingsthemen von Iulian Cătălui. So war es keine Überraschung, dass er über die Kontroversen schreibt für die seinerzeit Schriftsteller wie Urmuz oder Tristan Tzara, der Schöpfer des Dadaismus, sorgten oder Verbindungen und Vergleiche zu einem anderen bekannten russischen Avantgardisten Daniil Charms („der Theologe des Absurden“) macht.

Am Beispiel zweier Gedichte aus dem Werk von George Bacovia und Gottfried Benn („Plumb de iarnă“ bzw. „Nachtcafé“) werden Vergleiche gezogen, Ähnlichkeiten und Unterschiede analysiert. Bacovia, allerseits als Symbolist bekannt, weist auch einige expressionistische Details auf, was ihn aber lange nicht als Vorläufer dieser Strömung legitimiert, wie das die rumänischen „Protochronisten“ gerne glauben lassen wollten. Benn selber, als Dichter, war umstritten – Cătălui zitiert dazu Meinungen von Wolf Aichelburg aus seinem Briefwechsel mit dem Literaturkritiker Ion Negoiţescu.

Außer der Lyrik und dem literarischen Manifest behandelt Cătălui auch andere literarische Gattungen in seinen „Kontroversen“. Eines davon ist das Pamphlet, das Caragiale 1907 über den Bauernaufstand geschrieben hatte und das Mite Kremnitz ins Deutsche übersetzt hatte. Ein erster Teil davon ist am 3. April (Nr.1624, 6. Jahr) in Wien in der Publikation „Die Zeit“ erschienen mit dem Untertitel „Rumänien, wie es ist, von einem rumänischen Patrioten“, allerdings ohne der Unterschrift des rumänischen Schriftstellers. Überraschend ist die Haltung, die Caragiale da einnimmt und die von den russischen Narodniki beeinflusst ist, wobei man das beim „alten“ Caragiale am wenigsten erwartet hätte.

Der größte Teil der von Cătălui behandelten literarischen Kontroversen gilt dem Bild des Juden in der rumänischen Literatur. Es geht dabei um die rumänische Literatur des 19. Jahrhunderts und jene der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dabei wird auch auf den historischen Kontext eingegangen und darauf hingewiesen, dass in den rumänischen Fürstentümer und später im Königreich den Juden viel später als in anderen Staaten die vollen Rechte eines Staatsbürgers anerkannt wurden. Klischees und Stereotypen gab es genügend in der Literatur, selbst bei großen Namen wie Eminescu, Alecsandri, Sadoveanu. Die Juden, oft abwertend als „jidani, jidovi“, bezeichnet tauchen oft als fremde, nicht integrierte Elemente auf, zudem sind sie ängstlich, feige, geizig usw. Das Verhältnis Juden - Rumänen wird auch auf Grund der Tagebücher von Mihai Sebastian und Mircea Eliade untersucht und das ermöglicht auch eine interessante Perspektive – wie sich die Juden selber beschreiben im „Jurnal“ von M. Sebastian.

Iulian Cătălui wurde bei der Buchvorstellung von den Kronstädter Schriftstellern Mircea Brenciu, Adrian Lesenciuc und Ion Popescu-Topolog nicht nur eine Begabung zur Schilderung komplexer Sachverhalte und eine gründliche Dokumentation becheinigt,  sondern auch Mut, Themen anzusprechen die oft umgangen oder einfach ausgelassen werden. Der Kronstädter Bibliothekar habe durchaus das Format sich als Literaturkritiker zu bewähren und sollte nun bald mit seiner dritten Fachveröffentlichung auch die Bedingung erfüllen, als Mitglied der Kronstädter Filiale des rumänischen Schriftstellerverbandes aufgenommen zu werden. Sein Buch zu den literarischen Kontroversen sei ein willkommener Beitrag zu weiterführenden Diskussionen.