„Not und Leid vergangener Zeiten dürfen nicht vergessen werden“

Michael Weiß Gedenkfeier in Marienburg

An der Gedenkfeier beteiligten sich unter anderen der Kronstädter Stadtpfarrer Christian Pajer, der Bürgermeister von Marienburg Sorin Taus, Wolfgang Wittstock, Vorsitzender des Kreisforums Kronstadt, und Helmuth Wagner, Direktor des Honterus-Lyzeums (v.l.n.r)
Foto: Elise Wilk

Ein kalter Wind blies am Nachmittag des 16. Oktober auf der Wiese in Marienburg, wo sich das Studentendenkmal befindet. Die Kälte ließen sich die Menschen, die sich auf der Wiese versammelt hatten, nicht anmerken. Es hat auch Jahre gegeben, wo es am 16. Oktober schon geschneit hat. Und trotzdem waren sie angereist, aus Kronstadt oder aus den benachbarten Orten. So wie auch in diesem Jahr.

403 Jahre sind vergangen, seitdem an diesem Ort im Kampf gegen den siebenbürgischen Fürsten Gabriel Báthory, der Kronstädter Stadtrichter Michael Weiß sowie Hunderte von Kronstädter Bürgern und Bewohnern der Burzenländer sächsischen Gemeinden, darunter auch Schüler („Studenten“) des Honterusgymnasiums, ihr Leben lassen mussten. Zum Gedenken an den 16. Oktober 1612 wurde an diesem Ort im Jahr 1913 ein Studentendenkmal errichtet.

Die vom Demokratischen Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt (DFDKK), der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt und dem Johannes-Honterus Lyzeum veranstaltete Michael-Weiß Gedenkfeier fand traditionsgemäß am Freitag, dem 16. Oktober statt. Die Zeremonie beim Studentendenkmal mit geistlicher Handlung, Kranzniederlegung und Ansprachen wurde von der Burzenländer Blaskapelle unter der Leitung von Vasile Glăvan und Schülerinnen des Honterus-Lyzeums mitgestaltet.

Der Andacht, die von Stattpfarrer Christian Plajer gehalten wurde, folgten die  Ansprachen von Sorin Taus, Bürgermeister von Marienburg, und  Wolfgang Wittstock, DFDKK-Vorsitzender, der ein Grußwort des DFDR-Ehrenvorsitzenden Paul Philippi vorlas. Nach der  Kranzniederlegung erklärten zwei Schülerinnen der 10.A Klasse des Honterus-Lyzeums, Ana Bodea-Căliţoiu und Ioana Alexandra Niţă, den historischen Kontext der Schlacht von Marienburg zweisprachig deutsch und rumänisch in einem Referat.

Die Rede der beiden Schülerinnen endete mit der Erwähnung eines anderen wichtigen Mahnmals, das sich in Marienburg befindet. „Not und Leid vergangener Zeiten dürfen nicht vergessen werden, damit sich Derartiges nicht wiederholen kann. So gesehen, ist das Studentendenkmal vor dem wir heute stehen, ein Mahnmal- nicht das einzige hier in Marienburg. Bei der Ausfahrt Richtung Rotbach, rechter Hand, steht ein großes Kreuz. Dort befindet sich eine Gedenkstätte, die einerseits an in der Kriegsgefangenschaft verstorbene Sowjetsoldaten erinnert, andererseits daran, dass das Marienburger Kriegsgefangenenlager im Herbst 1944 in ein Internierungslager umfunktioniert wurde, in das Tausende von Menschen, hauptsächlich Ungarn und Deutsche, gesperrt wurden. Die Lebensbedingungen waren derart grausam, dass dort rund 300 Häftlinge den Tod gefunden haben. Sie alle, Kriegsgefangene und Zivilisten, wollen wir heute in unser Gedenken einschließen“.

Die Michael Weiß Gedenkfeier hat sich im Laufe der Jahre zu einem Volkstrauertag der Burzenländer Sachsen entwickelt. Es wird somit nicht nur an die Opfer der Schlacht von 1612 gedacht, sondern an alle Vorfahren, die in den mehr als acht Jahrhunderten dokumentarisch belegter Burzenländer Geschichte in der Heimat oder in der Fremde als Opfer von Terror und Gewaltherrschaft, von Diktatur, Krieg und Deportation ihr Leben lassen mussten. Diese Opfer zu ehren ist eine wichtige Pflicht.