Volkstum stiftend, fördernd und stärkend (II)

Die heimatkundlichen Beiträge der Karpatenrundschau

Die mit Historikern in der Redaktion geführten Rundtischgespräche legten den Grundstein zur Ausarbeitung der „Geschichte der Deutschen in Rumänien“, deren erster Band erschien, deren zweiter nicht mehr gestattet wurde.

Die Karpatenrundschau hat sodann zu mehreren Themen zusammenhängende Übersichten in Fortsetzungen gebracht. Es sind dies:
1. „Heimatkunde in Daten“. Bietet in Stichwortform (Jahreszahl und das dazu gehörende Ereignis) eine Chronologie der wichtigsten Ereignisse aus der Geschichte der Siebenbürger Sachsen in 72 Folgen vom 4. März 1973 bis 20. Oktober 1974.
2. „Das schöne Bild der Heimat“, reproduziert Graphiken von   siebenbürgischen Städten und Gemeinden.
3. Kleines KR-Lexikon, enthält Kurzbiographien von namhaften Siebenbürger Sachsen.
4. Liste der wichtigsten Veröffentlichungen der rumäniendeutschen Nachkriegs- historiographie bis 1976.
5. Vergilbte Blätter berichten (1978-79). Reproduktion von alten Urkunden.
 6. Zeugen der Zeit. Kommentierte 74 historische Quellen.
Diese Übersichten sind in jeder Ausgabe gleichgroß und eingerahmt. Dadurch sollten die Leser angeregt werden, die Beiträge aus der Zeitschrift auszuschneiden und zu einem Büchlein zu vereinigen.
Bemühungen um Einführung der Geschichte der Deutschen Rumäniens in den Unterricht

 Die Karpatenrundschau hat sich besonders bemüht, die Geschichte der Deutschen Rumäniens in den Lehrplan und in die Geschichtslehrbücher aufzunehmen und  mit der vaterländischen Geschichte in den deutschen Schulen zu unterrichten. Vorgeschrieben mit entsprechendem Lehrbuch war nach der Schulreform von 1948 die „Istoria României“ (Geschichte Rumäniens). Sie umfasste nicht etwa die Geschichte aller Völkerschaften des Landes, wie der Titel verstanden werden konnte, sondern bloß die idealisierte „glorreiche Geschichte“ der Rumänen, beginnend mit den Dakern und Römern bis in die Gegenwart. Die sächsischen Schüler erfuhren so zum Beispiel, wer Avram Iancu war, aber nicht wer Stephan Ludwig Roth gewesen war. Die Geschichte der nichtrumänischen Minderheiten war in die Lehrbücher nicht aufgenommen worden.
Der erste zaghafte Vorstoß gegen diesen Zustand erfolgte 1956 durch die Zeitung „Neuer Weg” (Bukarest), die in einem Artikel die mangelhafte Behandlung der Geschichte der Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen in der „Istoria României” von Mihail Roller beanstandete und Ergänzungsvorschläge machte. Es tat sich aber nichts, da die Assimilierung der nationalen Minderheiten  das Ziel des sozialistischen Regimes war und diesem Ziel sollte auch die Geschichte Rumäniens dienen.

Nachdem offensichtlich wurde, dass für die nationalen Minderheiten durch Ergänzungen der bestehenden Geschichtslehrbücher nichts zu erreichen war, wurden in deutschen Journalisten- und Lehrerkreisen andere Wege versucht. Auf dem Plenum des Rates der Werktätigen deutscher Nationalität vom Februar 1971 hatte Partei- und Staatschef Nicolae Ceauşescu in seiner Ansprache zugegeben, dass die Kritiken „an der Art und Weise, wie das Problem der Geschichte der Bevölkerung deutscher Nationalität behandelt werde“, berechtigt seien und „diese Frage sei tatsächlich nicht entsprechend” in den Lehrbüchern behandelt. Unter Berufung auf diesen Hinweis unterbreitete die Karpatenrundschau dem Unterrichtsministerium den Vorschlag, die bestehenden Lehrbücher durch einen speziellen Anhang für deutsche Schüler zu ergänzen. Als zuständiger Redakteur wies ich 1976 in einem Vorschlag darauf hin, dass das allgemeine Lehrbuch für alle Schüler die besonderen Informationsbedürfnisse der deutschen Schüler über ihre eigene Geschichte nicht befriedigen könnte, infolge dessen sollte das Lehrbuch der 8. und 12. Klasse  durch je einen Anhang mit 7 Lektionen als Zugabe ergänzt werden. Dieser Anhang sollte die folgenden wichtigen Aspekte der Geschichte der Sachsen und Banater Schwaben enthalten:

I. Die Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen und ihre sozial-ökonomische Struktur im Mittelalter;
II. Überblick über die politische Geschichte der Siebenbürger Sachsen im Mittelalter;
Ill. Die Entwicklung der siebenbürgisch-sächsischen Kultur im Mittelalter;
IV. Die Ansiedlung der Banater Schwaben und ihre sozial-ökonomische Struktur bis 1848;
V. Die Siebenbürger Sachsen und die Banater Schwaben in der Revolution von 1848/1849:
VI. Die Banater Schwaben und die Siebenbürger Sachsen in der Zeit von 1848–1918;
VII. Aspekte der Geschichte der deutschen Bewohner Rumäniens in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen.

Dieser Vorschlag wurde dem Unterrichtsministerium zugeschickt. Obwohl das Ministerium aufgrund des Pressegesetzes verpflichtet gewesen wäre, dazu Stellung zu nehmen, ist nie eine Antwort erfolgt. Eine negative Antwort hätte es sich aus propagandistischen Erwägungen nicht leisten können, während eine positive Lösung nicht erwünscht war. Man griff folglich zu der oft gehandhabten Methode, auf unliebsame Fragen einfach nicht zu antworten.
Eine weitere Gelegenheit, auf diese Frage zurückzukommen, ergab sich, als im Herbst 1976 aufgrund eines „Maßnahmenprogramms“ der Rumänischen Kommunistischen Partei der Unterricht der vaterländischen Geschichte beträchtlich erweitert wurde. In zwei Stellungnahmen erfolgten seitens des Heimatkunde-Ressorts der Karpatenrundschau konkrete Vorschläge. Als Sprecher der Geschichtslehrer beanstandete die Eingabe beim Unterrichtsministerium vor allem die Tatsache, dass die Lehrbücher nach wie vor „kaum auf die Geschichte der mitwohnenden Nationalitäten eingingen”, dass die paar Sätze, die sie über die Ungarn und Sachsen oder einige ihrer Kulturschaffenden enthielten, den Anforderungen nicht entsprächen, dass alle diesbezüglichen Verbesserungsvorschläge bis dahin beim Unterrichtsministerium leider „keine positive Verwendung” gefunden hätten. Angesicht der Tatsache, dass nun die Geschichte Rumäniens auf drei Schuljahre, von der 8. bis 10. Klasse, aufgefächert wurde,  wurde vorgeschlagen, es sollten in das neue Lehrprogramm und Lehrbuch für alle rumänischen Schüler auch Themen aus der Geschichte der nationalen Minderheiten eingebaut werden, für die deutschen und ungarischen Schüler hingegen sollten Zusatzlektionen über ihre eigene Geschichte vorgesehen werden und dafür ein ergänzender Anhang zum Lehrbuch erstellt werden.
Leider folgten auch jetzt den propagandistischen Versprechen keine Taten. Das Ministerium blieb weiterhin stumm, und es blieb alles beim alten Zustand bis zur politischen Wende von 1989.

Man muss immer wieder feststellen, dass zwischen dem, was die sozialistischen Machthaber propagandistisch versprachen und der Wirklichkeit eine große Diskrepanz bestand. Damit musste man leider leben. Das heißt konkret für die Deutschen in Rumänien, dass sie angesichts der nun einmal gegebenen Umstände nicht umhin konnten, als sich den Bedingungen anzupassen, um daraus das Brauchbare möglich zu machen. So wurden parallel zu den oben geschilderten Bemühungen auch andere Möglichkeiten ausprobiert. Es ging dabei vor allem darum, die deutschen Lehrer zu ermutigen, auch ohne lehrplanmäßigen Auftrag sich der Geschichte der Deutschen im Unterricht  anzunehmen. Um das zu erreichen, musste zunächst dieses Vorhaben als „patriotische Erziehung” in den Augen der rumänischen Aufsichtsbehörden legitimiert und motiviert werden und zweitens autorisiertes Informationsmaterial zur Verfügung gestellt werden. Beide Vorhaben wurden durch die rumäniendeutschen Zeitungen, Zeitschriften und Verlage in zufriedenstellender Weise gelöst. Bereits seit Ende der fünfziger Jahre erschienen   Beiträge zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen, der Banater Schwaben und der anderen deutschen Volksgruppen in der Presse sowie eine Reihe von Büchern mit heimatkundlichem Inhalt. Dabei wurde immer wieder betont, dass sich diese Veröffentlichungen als Unterrichtshilfe für die Lehrer verstanden. So ist im Vorwort der „Sächsisch-schwäbischen Chronik” wörtlich zu lesen:

„Schon lange besteht in breitesten Kreisen unserer Bevölkerung der Wunsch nach einem Lesebuch zur Geschichte der Rumäniendeutschen. Ein solches Heimatbuch für jedermann, das sich bemüht, vor allem die heranwachsende Generation mit dem Bild unserer an Ehren und Leiden so reichen Vorzeit, mit dem Volksleben und Kulturerbe unserer Altvorderen, im Kontext der allgemeinen Entwicklung des Landes und seiner Geschichte, vertraut zu machen, wird vor allem von unseren Lehrern schon lange erwartet – als willkommenes Hilfsmittel zur patriotisch-heimatkundlichen Erziehung sowohl im Schulunterricht als auch für die deutschen Vorträge an den Volksuniversitäten“.

In der Karpatenrundschau wurden regelrechte Geschichtslektionen abgedruckt. Als solche verstanden sich beispielsweise die 33 „Beiträge zur Geschichte der Heimat”, die 1969 und 1970 erschienen, sowie die 1977/1978 in mehreren Ausgaben veröffentlichte „Zusatzlektüre zum Geschichtslehrbuch der 4. Klasse”. Es hieß dazu einleitend: „Da das für alle Schüler des Landes ausgearbeitete Lehrbuch der Geschichte des Vaterlandes für die IV. Klasse auf die spezifischen Fragen der rumäniendeutschen Geschichte zu wenig eingehe, beabsichtige die „Kleine Karpatenrundschau“ (d. h. die Spezialseite für Schüler) gelegentlich eine Zusatzlektüre zu diesem Themenkreis zu drucken“. So wurden in der „Kleinen Karpatenrundschau“ für die Schüler der 4. Klasse  vom 7. Oktober 1977 bis 26. Januar 1978 Zusatzlektionen in mehreren Ausgaben veröffentlicht. Und es erschienen u. a. folgende Lektionen:  „Wer sind die Siebenbürger Sachsen?“ „Der Goldene Freibrief“, „Der Rumeser Student“, „Die Schlacht von Marienburg“. Ob diese Lektionen gehalten wurden, hing vom jeweiligen Lehrer ab. Da die rumänischen Schuldirektoren meistens dagegen waren, wird so mancher deutsche Lehrer aus Angst die deutschen Lektionen nicht gehalten haben.

Ähnliche Heimatkunde-Hilfen wie die Kronstädter Zeitschrift veröffentlichten  der „Neue Weg“ („Bedeutende Momente aus der Geschichte des Vaterlandes”, 1973; „Aus der Geschichte der deutschen Bevölkerung Rumäniens”, 1982), die Hermannstädter Zeitung „Die Woche” („Siebenbürgisch-sächsische Historikerpersönlichkeiten”, 1976) und die „Neue Banater Zeitung” (Verschiedene Beiträge zur banatschwäbischen Geschichte). Einige dieser Fortsetzungsfolgen wurden in erweiterter Form als Bücher herausgegeben, wie „Taten und Gestalten” in 2 Bänden von Dieter Drotleff. Auch er sprach einleitend die Hoffnung aus, „dass dieses Buch von der jungen Generation gelesen sowie als ergänzendes Material für den heimatkundlichen Unterricht in den Schulen verwendet werde.“

Diese historischen Veröffentlichungen leisteten trotz der regimebedingten Kompromisse dennoch den  ihnen zugedachten Beitrag zur Stärkung des nationalen Selbstverständnisses und zur Erhaltung des Deutschtums in Rumänien.
Die deutschen Publikationen und Verlage stellten der Lehrerschaft nicht nur Unterrichtsmaterial zur Verfügung, sondern veranstalteten sogar Besprechungen und Umfragen zu methodischen Fragen, deren Ergebnisse anstelle von sonst fehlenden Anleitungen veröffentlicht wurden. Eine erste Beratung dieser Art wurde von der Karpatenrundschau am 30. November 1974 abgehalten. Ihr wichtigstes Fazit lautete, „es sei Aufgabe jedes Geschichtslehrers, der an deutschen Schulen unterrichte, das Lehrprogramm schöpferisch anzuwenden”, um zusätzlich „Aspekte der rumäniendeutschen Geschichte als Bestandteil der Geschichte Rumäniens zu behandeln”. Fortfahrend wurden konkrete Empfehlungen für die verschiedenen Klassen gegeben.