„Von Anfang an war mir Transparenz äußerst wichtig”

Gespräch mit dem Abgeordneten seitens des DFDR Ovidiu Ganţ, Mitglied der Abgeordnetenkammer des Rumänischen Parlamentes

Eine Stimme, die in der Abgeordnetenkammer des Rumänischen Parlamentes nicht zu überhören ist, ist die des Parlamentariers Ovidiu Ganţ, der das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien nun in seinem vierten Mandat darin vertritt. Besonders in dieser Zeitspanne hat er gegen die Verleumdungen gegen Forum und deutsche Minderheit gekämpft, wurde zu deren Sprachrohr. Geboren am 18. August 1966 in der Banater Gemeinde Detta, hat er Mathematik an der West-Universität von Temeswar studiert, in diesem Fach anschließend in Lugosch und Temswar auch unterrichtet. Von 1988 bis 2001 stand er als Direktor dem Nikolaus-Lenau-Lyzeum in der Begastadt vor. Anschließend wurde er bis 2004 zum Unterstaatssekretär im Departement für interethnische Beziehungen der Rumänischen Regierung berufen. Seit 2004 vertritt er das DFDR als Abgeordneter im Parlament.  Auch war er für kurze Zeit Mitglied des EU-Parlaments. Er setzt sich besonders für die Problematik der deutschen Minderheit, für die Beziehungen Rumäniens mit Deutschland ein. Für seine Verdienste wurde ihm 2008 das Verdienstkreuz am Band, dann 2015 das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Das Siebenbürgenforum ehrte ihn  2008 mit der Honterus-Medaille, zwei Jahre später wurde ihm die Ehrennadel des Banater Forums überreicht. Mit Ovidiu Ganţ führte der Journalist Dieter Drotleff folgendes Gespräch.  

Seit Dezember 2016 sind Sie nun für ein 4. Mandat in die Abgeordnetenkammer des Rumänischen Parlaments gewählt worden. Sie blicken somit auf eine reiche politische Erfahrung zurück. Trotzdem, wie haben Sie die Verleumdungen gegen das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) aufgenommen, die durch einige Medien gingen und einzigartig durch ihre Vehemenz  in der neueren Geschichte des Landes sind?

 Diese Verleumdungen haben 2014 begonnen, als Klaus Johannis für das Amt des Staatspräsidenten kandidiert hat. Sie wurden als Argument vom Wahlkampfteam seines Gegners hervorgebracht. Ich habe damals schon den amtierenden Premierminister Ponta aufgefordert, sich öffentlich von diesen Verleumdungen zu distanzieren. Er hat es halbwegs durch eine fast nichts sagende Erklärung in Bistritz im September 2014 getan. Infolge des „dreckigsten” Wahlkampfs in der Geschichte Rumäniens nach der Wende hatte ich de facto keinen politischen Dialog mehr mit dem noch ein Jahr regierenden Premierminister. Das Thema wurde neulich wieder aufgenommen. Ich habe darauf sowohl politisch im Parlament durch eine Erklärung wie auch öffentlich (Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen, Sozial-Media) reagiert. Durch meine Erklärung hatte ich Premierminister Grindeanu aufgefordert, offiziell Position gegen diese Verleumdungen zu beziehen, als Bedingung einer möglichen weiteren politischen Zusammenarbeit. Dies ist noch nicht erfolgt, also gibt es im Moment meinerseits keine Zusammenarbeit mit der Regierung Grindeanu.

Damit wurde nicht nur das Forum betroffen, sondern die gesamte deutsche Minderheit des Landes. Es wurde kein Einhalt auch bezüglich der Evangelischen Landeskirche A.B.  gemacht. Sind diese Angriffe gezielt auf die deutsche Bevölkerung, auf deren Institutionen oder einer bestimmten Person – oder Personen – zu werten?

 Es ist eine typisch stalinistisch-securistische Methode, die man ja schon nach dem Zweiten Weltkrieg benutzt hat. Offensichtlich gibt es noch immer Menschen in Rumänien, die sich von der Securitate und der kommunistischen Partei inspirieren lassen. Ich vermute, dass es mehrere Interessen dahinter gibt: Einerseits den Staatspräsidenten bzw. das Forum, vor allem dort wo es an der Kommunalverwaltung beteiligt ist, anzugreifen. Anderseits gibt es auch dubiose Personen, die an manchen Immobilien, die der Minderheit oder der Kirche gehören, direkt interessiert sind. Wir wissen ja alle, wie viele Prozesse laufen, weil den ehemaligen rechtmäßigen Eigentümern die Immobilien nicht rückerstattet, sondern dem Staat oder anderen zugesprochen worden sind.

Welches war Ihrer Meinung nach der Grund, dass diese Angriffe zu diesem Zeitpunkt gemacht wurden, und wer oder was war deren Auslöser?
 
 Es gibt keinen speziellen Grund und auch keinen  besonderen Zeitpunkt. Die Angriffe gegen Klaus Johannis werden bis zur nächsten Präsidentschaftswahl anhalten und die gegnerische Propaganda wird immer wieder nationalistisch-chauvinistische Argumente vorbringen. Es ist deren politische Ader, die wie schon gesagt, auf securistisch-kommunistische Methoden zurückführt.

Sie gehören der Minderheitenfraktion im Parlament an und sind auch deren stellvertretender Vorsitzender. Welches war die Reaktion Ihrer Kollegen aus der Fraktion?

 Ich wurde am Anfang dieser Sitzungszeit zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden einstimmig gewählt und vermute, dass diese Entscheidung meiner Kollegen darauf beruht, dass ich dieses Ehrenamt schon mal sehr erfolgreich im Namen der Fraktion ausgeübt habe. Allerdings, als ich feststellte, welche Art und Weise Politik zu führen die Regierungsmehrheit und die Regierung praktizieren (Eilverordnung Nr. 13!) und die Fraktion nicht bereit war, sich öffentlich dagegen zu positionieren, habe ich das Amt gekündigt. Die Freiheit, als DFDR-Abgeordneter gegen jedes Vorgehen der Regierung, welches mit meinem Mandat nicht vereinbar ist, zu reagieren, war mir wichtiger. Die Zwänge eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, im Namen der Fraktion zu handeln, hätten mich in dieser Konjunktur zu Kompromissen geführt, die ich nicht eingehen wollte.

Allgemein erfreuen Sie sich im Parlament großer Wertschätzung für Ihre vielseitige Tätigkeit. Sie wurden sogar zum gewissenhaftesten Parlamentarier mit 99,56 Prozent Anwesenheit erklärt. Wie verläuft einer Ihrer Arbeitstage?

 An einem Arbeitstag im Parlament gibt es Sitzungen im Plenum, dem Ausschuss für Außenpolitik oder in der Fraktion. Ich tue mein Bestes, um bei diesen eigentlich zwangsläufigen Aktivitäten dabei zu sein. Es ist ja letztendlich meine Arbeit. Zusätzlich formuliere ich politische Erklärungen oder parlamentarische Fragen an Minister. Die letzten sind Teil der Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Regierung. Ich habe auch unterschiedliche Termine: mit deutschen Politikern, die zu Besuch kommen, mit dem deutschen Botschafter oder seinen Mitarbeitern, mit Vertretern der deutschen politischen Stiftungen oder der deutschen Wirtschaft, rumänischen Politikern, Studenten usw. Manchmal beteilige ich mich auch an Veranstaltungen außerhalb des Parlaments, falls sie meine Tätigkeit tangieren.

Sie haben über 130 Ansprachen, politische Erklärungen, über 30 Gesetzesinitiativen, weit über 100 Fragen und Interpellationen gestellt oder vorgelegt. Bezogen sich diese auf die Problematik unserer Minderheit oder auch auf Bereiche  von allgemeinem Interesse für das Land?

 Die von Ihnen genannten Zahlen beziehen sich ausschließlich auf die vorletzte Legislaturperiode. Auf der Website des Parlaments www.cdep.ro kann man meine gesamte parlamentarische Tätigkeit einsehen. Ich habe die Politik der deutschen Minderheit und des DFDR immer so verstanden, als eine der Öffnung gegenüber der Mehrheit und der anderen Minderheiten wie auch der Beteiligung am gesamten Sozialleben. Also keine „Enklavisierung”, dementsprechend ist auch mein politisches Handeln. Natürlich stellt die Problematik der deutschen Minderheit die absolute Priorität dar. Sie werden aber bei der Betrachtung der Wortmeldungen, Gesetzesinitiativen und Interpellationen feststellen, dass mich das allgemeine Wohl immer beschäftigt hat. Das Paradebeispiel wäre die Unterstützung meinerseits der bilateralen Beziehungen zwischen Rumänien und Deutschland auf politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Ebene. Es ist offensichtlich, dass die konkreten Folgen dieses Einsatzes positive Auswirkungen für alle Bürger unseres Landes haben.

Über Ihre Tätigkeit ist vor allem in Ihrer Agenda  in der „Banater Zeitung” nachzulesen. Informieren die deutschsprachigen Medien des Landes  Ihrer Meinung nach  ausreichend  über das politische Geschehen, konkret auch über Ihre Tätigkeit und Einsatz als Abgeordneter seitens des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien?

 Von Anfang an war mir Transparenz äußerst wichtig. Ich glaube, dass ich gegenüber meiner Gemeinschaft bzw. Wählerschaft rechenschaftspflichtig  bin. Am Anfang meiner Tätigkeit hatte ich der damaligen Redaktionsleitung der ADZ die parlamentarische Agenda angeboten. Man hat mir erklärt, dass kein Interesse bestünde. Dementsprechend habe ich sie der „Banater Zeitung“ als  Beilage der ADZ angeboten, wohl wissend, dass eigentlich alle Leser Zugang zu dieser Information haben werden. Gleichzeitig habe ich dankend das Angebot der Rundfunkredaktion in deutscher Sprache in Temeswar angenommen, jeden Dienstag zu aktuellen politischen Themen Rede und Antwort zu stehen. Die Temeswarer Redaktion stellt dann diese Materialien über das Funkforum auch den Redaktionen in deutscher Sprache in Bukarest und Neumarkt zur Verfügung. Regelmäßig gibt es Beiträge in der Sendung „Akzente“ des TVR1 über meine Tätigkeit. Obwohl ich kein Fan von Social Media bin, habe ich die Notwendigkeit erkannt, darüber zu kommunizieren und eine Facebookseite eingerichtet, auf der ich ab und zu politische Informationen poste, ohne aber mit Usern zu debattieren.

Sie reisen viel im Land, beteiligen sich an Festlichkeiten, Begegnungen in Ortsforen, besuchen Schulen, Kulturinstitutionen. Kommen dabei die Leute  mit konkreten Anliegen an Sie heran, beantragen diese Ihre Unterstützung bei der Lösung der eigenen Probleme? 

 Selbstverständlich. Obwohl ich keine exekutiven Aufgaben habe, leite ich diese Anliegen entweder an die Regierung (Interpellationen und Fragen) oder an den DFDR-Landesvorsitzenden Dr. Paul-Jürgen Porr weiter. Dieses ist auf der Website des Parlaments festzustellen. Wenn es forumseigene Themen sind, veranlasst der Landesvorsitzende, dass man über die Geschäftsstelle die passende Maßnahme trifft.

Wie sehen Sie den Kampf gegen die Korruption unter den jetzigen Voraussetzungen?

 Er muss konsequent weitergeführt werden. Ein Garant dafür ist auch Staatspräsident Klaus Johannis, der ja unsere Unterstützung im Rahmen der Möglichkeiten genießt. Diese wird auch durch das Abstimmungsverhalten im Parlament ersichtlich sein. Ich bin grundsätzlich gegen Amnestie oder Begnadigung. Schließe solche Entscheidungen für Korruption völlig aus. Wenn wir als Land eine europäische Perspektive und ein normales Leben haben wollen, so ist die Bekämpfung der Korruption eine Sine-qua-non-Bedingung.

Staatspräsident Klaus Johannis hat Sie auch in die Präsidialkommission zur Erarbeitung eines Projektes für Rumänien berufen. Was wurde bisher von dieser unternommen?

 Nach Tagungen im Plenum gab es eine Einteilung in vier Arbeitsgruppen. Ich wurde der Gruppe zum Thema Bildung, Kultur, Soziales zugeteilt. Leiter dieser Gruppe ist der Rektor der Babeş-Bolyai-Universität Klausenburg, Prof. Dr. Ioan Aurel Pop. Wir haben dem Leiter unsere Vorschläge bezüglich Erarbeitung unseres Kapitels geschickt. Vermutlich geschah das Gleiche in allen Gruppen. In der letzten Zeit wurde nicht mehr getagt, bedingt durch die politischen Ereignisse. Wir werden wieder zusammenkommen und die vorgeschlagenen Textvorschläge besprechen, darüber entscheiden und das endgültige Dokument erarbeiten. So stelle ich mir die weitere Arbeitsweise vor.

Schließlich eine letzte Frage. Im Vorjahr wurden die traurigen Vorfälle verzeichnet, als die Kirchtürme von Radeln und Rothbach im Kronstädter Kreisgebiet, zum Teil bzw. ganz einstürzten. Sie selbst waren einige Male vor Ort. Gibt es für deren Wiederaufbau und der Vorbeugung weiterer derartiger Situationen noch Unterstützung seitens der Regierung oder des Kulturministeriums? 

 Als ich davon erfuhr, habe ich mich sofort an den zuständigen Minister gerichtet. Prof. Dr. Vasile Dîncu, der ja auch Minderheitenminister war. Er hat den Ernst der Lage sofort erkannt und dementsprechend gehandelt. Die ihm untergeordneten Strukturen haben die ersten Maßnahmen finanziert und durchgeführt. Dadurch wurden zum Beispiel die Glocken und der Turmuhrmechanismus aus Radeln gerettet und meines Wissens in Reps aufbewahrt. Die evangelische Kirche wird sicherlich darüber entscheiden, was in Radeln und Rothbach geschehen wird. Falls sie seitens der rumänischen Regierung Unterstützung brauchen wird, so werde ich selbstverständlich diese Anträge politisch begleiten wollen.

Auch im Namen der Leser danken wir Ihnen für diese aufschlussreichen Ausführungen!