Wie viele Stadtviertel hat Kronstadt heute? (III)

Der Wandel von Quartalen zu Stadtteilen Kronstadts im Zeitraffer

Leider gibt es bis heute keinen offiziellen Stadtplan von Kronstadt, in dem die Abgrenzungen der 12 Viertel angegeben sind. Wir haben deshalb auf einen digitalen Stadtplan eine farbige Hervorhebung aufgetragen: braun = Innere Stadt, gelb = Verwaltungszentrum, dunkelbraun = Bartholomä Nord, grau = eigentliches Bartholomä, blau = Astra, grün = Kreiter, orange = Noua und Dirste, Gewerbegebiet Ost, schwarz = Obere Vorstadt, rot = Tractorul, Bahngleise = Rangiergelände der Eisenbahn - Honigberger Straße, rosa= Burggrund
Bearbeitung: der Verfasser

In den ersten Nachkriegsjahren machte sich auch in Kronstadt noch ein Drang der Stadtbewohner nach dem Bau von Familienhäusern bemerkbar, oft mit einem großen Anteil an Eigenleistung errichtet. Doch um die Hälfte der 50er Jahre wurde dieser Wunsch auf eigenen Besitzt mehr und mehr gebremst. Trotzdem sind auf diese Weise ganze Straßenzüge entstanden, die meisten davon in Randgebieten, dort wo Ackerboden als Baugrund der Stadt übernommen wurde. Heute bilden kleine Häuserblocks einsame Inseln, umgeben von Hochhäusern: im Norden der Stadt, jenseits des Bahngleises, von der Ausfahrt in Richtung Hermannstadt bis zu der in Richtung Schäßburg.

Bis zum Verlegen des Bahngleises von dem heutigen Griviţei-Boulevard auf das freie Feld zwischen der ehemaligen Gummifabrik und den damals ganz abseits liegenden Reparaturwerkstätten der Eisenbahn im Nordosten der Stadt, wurden Straßen wie die Aurel Vlaicu und ihre Neben- und Querstraßen ausgebaut oder neu angelegt. In diesem Teil gab es noch bis Mitte der 70er vereinzelte Grundmauern von Häusern, die Bomben abbekommen hatten.

1962 ist der neue Bahndamm, der das Tractorul-Viertel halbiert, aufgeschüttet worden und mit der Ruhe in dem entlegenen Viertel war es endgültig vorbei, zumal damals auch die Bahn-Überführung der Petersberger Straße entstand. Die Brücke gegenüber der Gummifabrik folgte und der Transitverkehr durch Kronstadt verlagerte sich in die Aurel Vlaicu-Straße, wo er bis nach 2000 bleiben sollte. 

Die meisten Privathäuser wurden aber im Kreiter/Craiter, beiderseits der Bahngleise gebaut, im gesamten Abschnitt zwischen der Honigberger und der Zajzoner Straße. 

Der große Bauboom der Plattenbauten, der die heutige Stadtaufteilung in Viertel prägt, wurde nach 1970 durch die Wohnblocks entlang des Victoriei-Boulevards, des Saturn-Boulevards und dem Vordringen in den Burggrund/Ragado richtig bemerkbar. Stadtteile, aus denen man noch bis kurz vorher „in das Zentrum“ kommen musste, um z.B. die Telefonrechnung in dem heute verlassenen Gebäude an den Marmortheken zu begleichen, hatten nun eigene Postämter: „beim Cosmos“ oder „neben den Gemeni“ hieß es in der Alltagssprache.

Während die Änderungen besonders sichtbar wurden die den „alten“ Schiel-Platz verschwinden ließen und das „neue Verwaltungszentrum“ anzudeuten begannen, blieben selbst radikale Erweiterungen des Wohngebietes in entlegeneren Stadtteilen nur den Anrainern/Bewohnern bekannt. Wer in den 80er Jahren in der Oberen Vorstadt wohnte, hatte oft keine Vorstellung von dem Ende der Buslinien im Burggrund oder in dem damals noch unfertigen „Triaj“-Viertel.

Dass die Häuser in der Bukarester Straße samt den Pappeln nach und nach bis  Ecke zur Toamnei-Straße den Plattenbauten weichen mussten, sah man aus dem Bus im Vorbeifahren, ebenso wie die Neubauten in der Honigerberger Straße,  die sich über das Gelände des nunmehr „alten“ Bahnhofes mit denen der Verlängerung des G²rii-Boulevards getroffen hatten. Mehrere Straßen verschwanden um dem Vlahuţă-Boulevard Platz zu machen, doch dass zeitgleich die Noua mit der Dirste und über das LKW-Werk mit der Stadt verbunden wurden, ging fast unbemerkt unter. „Dort wo einmal ….... war“, wurde öfters verwendet.  
 
Gab es bis 1990 noch eine vage Orientierung anhand der im Volksmund verpassten Namen/Spottnamen/Spitznamen, so wurde diese nach 1990 unmöglich. Mündlich vorgebrachte Beschreibungen in der Art: „hinter der Micşunica“, „gegenüber von Făget“ (cheia franceză war für Eingeweihte, die das verlängerte „F“ an der Fassade der Kneipe genauso verspotteten, wie einst das Lamm Ecke Langgasse zu einem weiteren Festpunkt definiert worden war) setzte man anstelle der nicht bekannten/eindeutig definierten Namen von Stadtteilen ein.      

Der gesetzliche Rahmen der bis 1989 Verwaltungsbeschlüsse regelte, war noch gültig. Doch die Sorgen des Stadtrates waren nach 1990 ganz andere als das Definieren von Stadtteilen und die  Namensgebung: Erstmal mussten Lösungen her, um den Verkehr flüssiger zu machen, die Fernheizung und vor allem die Fertigstellung von (Schätzung von 1991) knapp 1.000 Wohnungen, die sich in verschiedenen Baustadien befanden.

2002 trat ein Regierungserlass (Nr. 53/16. August) in Kraft der den Rahmen festlegte, innerhalb dessen sich eine Stadt eine eigene Satzung ausarbeiten darf. Laut Gesetz 351/2001, Absatz IV-a, galt Kronstadt schon als Munizipium des I. Ranges und hatte den Status einer Rechtsperson. Unter diesen Voraussetzungen beschloss der Stadtrat schon 2002 das von ihm verwaltete Areal in drei Einheiten aufzuteilen: die eigentliche Stadt, Biengärten/Stupini und die Schulerau. Laut dieser Satzung, die seit 2002 gültig ist, wird Kronstadt in folgende Stadtviertel eingeteilt: 1) Innere Stadt/Centrul Vechi, 2) Verwaltungszentrum/Centrul Nou, 3) Bartholomä, nördlich des Bahngleises/BartolomeuNord, 4) eigentliches Bartholomä/Bartolomeu, 5) ehemaliges Steagul Ro{u/Astra-Viertel, 6) Kreiter/Florilor – Craiter, 7) Noua und Dirste gemeinsam/Noua – Dârste, 8) Gewerbegebiet Ost/Platforma Industrială Est – Zizin, 9) Obere Vorstadt/Prund – Schei, 10) Tractorul, 11) Rangiergelände der Eisenbahn - Honigberger Straße/Triaj – Hărman, 12) Burggrund/Valea Cetăţii,also zwölf Stadtviertel.

Biengärten und Umgebung, in der Satzung als „Zona Stupini“ definiert, ist das 13. Viertel des Munizipiums. Laut dem Gesetz Nr. 2/1968 (Legea administraţiei teritoriului) bilden die drei Einheiten gemeinsam das Munizipium Kronstadt.
 
Hinzuzufügen nach dieser Übersicht wären vielleicht noch welches die aktuellen Entwicklungen  wären. Seit etwa 2010 bieten mehrere Immobilienentwickler im Norden der Stadt, von Batholomä-Nord bis zum Gelände vor dem geschlossenen Kugellagerwerk, Wohneinheiten unterschiedlicher Größe an - von zwölfstöckigen Hochhäusern über Einheiten für 6-8 Appartements bis zu Einfamilienhäusern nach Vorlage oder Planung des Kunden. Konkret bilden diese heute Ressorts wie „Avantgarden“ in Bartholomä, oder den Auslöser dieses Beitrages, „Tractorul V“ (Bezeichnung, die  eigentlich nur einen begrenzten „Immobilien-Block“, d.h. -gruppe, innerhalb des Viertels betrifft).

Und sollten Sie selbst einen Blick auf dieses im Augenblick neueste Viertel werfen wollen, so suchen Sie sich einen Fensterplatz in einem Bus der Linie 2 und fahren Sie einmal von einem Ende zum anderen (Postwiese - Rulmentul). Sie werden die Stadt vielleicht nicht mehr erkennen.