„Advent wie damals“

Im Salzkammergut ist der Advent noch besinnlich

Die lebensgroßen Krippenmandl von Bildhauer Matthäus Mayrhauser haben charaktervoll geschnitzte Gesichter.

Gablonzer Schmuck mit Glasseide

Die Miazel mit der Henn

Das Friedenslicht, Wahrzeichen Sankt Wolfgangs und die größte schwimmende Laterne Österreichs

Christkind in Gablonzer Christbaumschmuck

Die Klosterkellerei hat Schmackhaftes zu bieten.

Der Lampltroga

Die Tratschweiber

Unterer Teil des Adventmarktes in Sankt Wolfgang Fotos: Mag. Ignazius Schmid

Die Birnentraudel und die Walek Traudel

Schon vor Jahrtausenden versuchten die Menschen, der kalten Jahreszeit den Schrecken zu nehmen und sie mit Licht und Wärme zu füllen – ein Anliegen, das sich auch in christlichen Bräuchen widerspiegelt. In welchen Gegenden Österreichs die schönsten Advents- und Weihnachtsbräuche gepflegt werden, wird schwer festzustellen sein, das Salzkammergut aber gehört in jedem Fall dazu.

In der klein strukturierten Landschaft haben sich verschiedene Ortschaften zusammengeschlossen und zeigen gemeinsam traditionelles Brauchtum. Rund um den Wolfgangsee haben Strobl, St. Gilgen und St. Wolfgang alte Traditionen, überlieferte Handwerkskunst und einheimische Melodien aufgenommen und besonders stilvolle Adventsmärkte gestaltet. Jetzt danken 300.000 Marktbesucher pro Jahr die Mühe.

Weltbekanntes in St. Wolfgang

Wohl kein Kunstfreund, dem der weltberühmte Flügelaltar nicht bekannt ist, der 1471 Michael Pacher in Auftrag gegeben wurde. Er steht in der Pfarr- und Wallfahrtskirche von St. Wolfgang, die sich auch heute noch regen Zustroms erfreut. Ein anderes Genre ist Ralph Benatzkys ebenfalls weltberühmte Operette „Im Weissen Rössl am Wolfgangsee“; das Hotel gleichen Namens steht unweit der Kirche direkt am Ufer des Wolfgangsees.

Zwischen dem gotischen Pacher-Altar und dem Weissen Rössl ist jedoch eine ganze Menge Platz für den Wolfgangseer Advent.

Das Jahr 2003 war die Geburtsstunde eines der schönsten und erfolgreichsten Adventsprojekte Österreichs. Die Initiatoren haben von Anfang an erkannt, dass der Erfolg in der Authentizität liegt: nicht von anderswoher Bekanntes zu kopieren, sondern mit den Besuchern Einheimisches zu teilen. Die Qualitätskriterien sind sehr hoch und werden auch streng überwacht. Es werden nur echte, unverfälschte Produkte aus der Region Wolfgangsee – Salzkammergut auf dem Markt zugelassen, seien es landwirtschaftliche, kulinarische, handwerkliche oder künstlerische Produkte; Ramsch und Plunder haben keine Chance. Die Häuser sind mit Girlanden, Kränzen und Lichtern geschmückt. Heimatliche Weisen der

Adventszeit werden von Musikern und Sängern in kleinen Gruppen an den schönsten Plätzen der drei Wolfgangsee-Ortschaften live dargeboten – oder leise adventliche Hintergrundmusik, aber nirgendwo ein Lautsprecher, der wochenlang „Stille Nacht“ in die Atmosphäre scheppert. Die Dekoration entspricht dem heimatlichen Brauch, 600 natürlich im Wald gewachsene Christbäume und 200 Riesenchristbäume von über zehn Metern Höhe säumen die Gassen, die Beleuchtung kommt großteils von Fackeln, Riesenkerzen in mannsgrossen Laternen und Feuerkörben.

Althergebrachtes aus dem Salzkammergut

150 Verkaufsstände sind im Stil einheimischer Holzhütten gebaut, und der Duft von Punsch verspricht in der Nase, was er im Mund hält: der beste Punsch ist gerade gut genug, sagt man hier. Ein ganz typisches Gebäck darf natürlich nicht fehlen: das Kletzenbrot – mit Rosinen, Nüssen, Arrancini, Zitronat und den Kletzen, den getrockneten Birnen, duftet es mit dem Punsch um die Wette. Es wird übrigens auch genau darauf geachtet, dass die Zahl der Verpflegungs- und Getränkehütten begrenzt bleibt, zur Unterstützung der besinnlichen Stimmung, aber nicht als Hauptanliegen. Dafür dürfen die künstlerisch gestalteten Punschhäferl zur Erinnerung sogar mit heimgenommen werden …

Vielfältige und liebevoll gestaltete Dekorationen bilden den optischen Rahmen – ein märchenhaftes Gesamtkunstwerk. Die neun Meter hohe Adventskerze in St. Gilgen und der sechs Meter grosse Lichter-Komet in Strobl haben sich bereits den Status als Wahrzeichen des Wolfgangseer- Advents erobert. Das Wahrzeichen von St. Wolfgang, die grösste schwimmende Laterne Österreichs, 19 Meter hoch und aus Holz gebaut, schwimmt draussen auf dem See, umgeben von auf dem Wasser tanzenden Sternen und Lichtern. Nachdem sie vor einigen Jahren ein orkanartiger Herbststurm zur Strecke gebracht hatte, wurde sie schöner als je zuvor wieder neu gebaut. Im Salzkammergut ist nicht der Weihnachtsmann, sondern das Christkind daheim. Die Helfer des Christkinds sind die Engel, sie werken auf dem Engerl-Postamt, unterstützen die Kinder beim Aufschreiben ihrer Herzenswünsche und leiten diese per Adresse der Eltern an das Christkind weiter.

Herzstück Krippe

Das Salzkammergut ist ein „Krippenland“ und die Weihnachtskrippe in jeder Kirche stellt das Herzstück des Geschehens dar. In St. Gilgen dürfen die Kinder unter Anleitung ihre eigenen Krippe basteln. In St. Wolfgang ist eine Krippe mit etwa 80 lebensgrossen Holzfiguren aufgestellt – geschnitzt von Bildhauer Matthäus Mayrhauser. Jedes Jahr kommen zu diesen Kripplmandln ein oder zwei Figuren dazu, sie stellen meistens bekannte Persönlichkeiten aus der Region dar, aber auch typische Figuren aus dem Alltagsleben, wie ein Hochzeitspaar, die Trüföweiber (Tratschweiber), der boatade Hirt, der Lampltroga, das Apfelmädl, der Zwetschkentroga oder die Birnentraudl. Jeden Mittwochabend in der Adventzeit, „wenns dumpa wird im Dorf“, werden bis auf die weihnachtliche Beleuchtung in St. Wolfgang alle Lichter gelöscht. In dieser mystischen Stimmung kommen die Krippenfiguren besonders gut zur Geltung.

Bad Ischl – immer noch aristokratisch angehaucht

Zu den bekanntesten Orten im Salzkammergut gehört das dem Wolfgangsee nahe gelegene Bad Ischl. Hierher kam Kaiser Franz Joseph zur Jagd und auf Sommerfrische. Im Hotel Austria hat er mit seiner Sisi sogar Verlobung gefeiert. Heute ist das Stadtmuseum im Gebäude untergebracht und beherbergt einen grossen Kunstschatz in seinen Mauern: die Kalss-Krippe. Den Grundstock zu dieser Ischler Heimatkrippe legte 1838 der Salinenbeamte Franz Oberleitner, der den Bau einer großen Weihnachtskrippe gelobte, wenn sich in seiner bis dahin kinderlosen Ehe der ersehnte Kindersegen einstellen würde. Nach der Geburt seines Sohnes begann er unverzüglich, sein Gelübde einzulösen. Als er die Krippe im hohen Alter an den Kaufmann Johann Kalss verkaufte, umfasste sie 300 Figuren und war die große Sehenswürdigkeit von Ischl. Kalss ergänzte sie um viele bewegliche Figuren und um die Darstellungen der Herbergssuche und der Heiligen Drei Könige. Er brachte auch eine zusätzliche Perspektive in den Aufbau der sechs mal zwei Meter großen Krippe: die vorderen Figuren waren bis zu 30 Zentimeter groß, die im Hintergrund entsprechend kleiner. Sein Sohn brachte die Krippe an seinen Wohnort Frankenburg, wo sie als „Frankenburger Riesenkrippe“ bekannt wurde. Nach seinem Tod fand seine Tochter keine Möglichkeit, die grösste und schönste Krippe Österreichs aufzustellen und verkaufte sie 1952 an den Ischler Heimatverein, der sie im Stadtmuseum unterbrachte und mit Licht und Ton ausstattete. So wurde die wieder heimgekehrte Kalss-Krippe erneut zur grossen Weihnachtsattraktion von Bad Ischl.

In einem weiteren traditionsreichen Gebäude Ischls, im Salzfertigerhaus, wo schon seit 1550 die Salzschiffer Maut bezahlen mussten, ist nun echter Gablonzer Christbaumschmuck zu sehen. Jedes Jahr werden die fragilen, fein bemalten Glaskunstwerke direkt aus der böhmischen Stadt Gablonz in das Ausstellungsgewölbe an der Traun gebracht. Schon der Kaiser hatte Gablonzer Schmuck.

In der Trinkhalle ist der Christkindlmarkt der Ischler Handwerker untergebracht. Auch hier stellen Unternehmer aus, die schon zu Kaisers Zeiten ihr Handwerk ausübten, etwa der Trachtenhersteller Schauer oder der Hutfabrikant Bittner, der wie eh und je die Hüte aus Hasenhaarfilz herstellt. Große Bewunderung ernten die wunderbaren Produkte aus der Schnitzwerkstatt und aus der Drechslerei.

Und dann war da noch der im März 2023 verstorbene Sepp Aitenbichler, der – wie weiland die Gebrüder Grimm – seinerseits im Salzkammergut den Sagenschatz aufzeichnete, „bevor niemand mehr da ist, der darüber Bescheid weiß“. Bis ins 15. Jahrhundert lässt sich die Familie Aitenbichler zurückverfolgen, und der Heimatforscher Sepp hielt in seinen Büchern das Vermächtnis ungezählter Generationen fest. Wo ließe sich Tradition eindrucksvoller erleben als im Salzkammergut!