Auf der Suche nach Heimat

Roman über die Entwurzelung eines Siebenbürger-Sachsen durch den Krieg

Geschichte erleben: Als Kind lauschte Arnim gerne den Geschichten seines Großvaters, der im gleichen Haus wohnte.
Foto: Markus Emrich

Mit dem Alter sammeln sich Geschichten an. Geschichten über die Kindheit und das Erwachsenwerden. Geschichten über Sehnsüchte, Hoffnungen, aber auch zerplatzte Träume. Leider bleiben diese Erzählungen nur allzu oft ungehört, verschwinden wieder mit den Menschen, die sie erlebt haben. Arnim Emrichs Großvater sagte seinem Enkel immer, seine Vergangenheit, die Flucht vor den Russen, der unerfüllte Traum, nach Obereidisch/Ideciu de Sus bei Sächsisch-Regen/Reghin in Siebenbürgen zurückzukehren und sein Kampf um eine Heimat müsse aufgeschrieben werden. Anfang September erscheint jetzt seine Geschichte als Roman – Arnim, tätig im Finanz- und Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg, hat den Wunsch seines Großvaters erfüllt. Arnim selbst lebte etwa ein Jahr in Bukarest und lernte in dieser Zeit die rumänische Lebensweise kennen.

Damals hatte er sich noch nicht dazu entschlossen, die Erlebnisse seines Großvaters in einem Buch zu verarbeiten. Vielmehr fand er einfach die Chance spannend, in dem Land zu leben, das einst die Heimat seiner Familie war. In dem Jahr fand er auch den ersten Baustein für eine eigene Familie – er lernte seine jetzige Frau, Daniela, kennen. Insgesamt sei das Jahr eines der schönsten seines Lebens gewesen – er sei ein großer Fan Rumäniens, so Arnim, und er schwärmt vom Wetter, vom Wein und den wunderbaren Karpaten. Wieso sein Großvater in dieses Land nicht zurückgekehrt ist? Schon als kleiner Junge erzählte dieser Arnim immer wieder den Traum von einer Bauernwirtschaft. Damals war das für den bürgerlich aufwachsenden Autor eine fremde Welt. Erst mit der fortschreitenden Entwicklung des Romans verstand Arnim den Grund für die Sehnsucht nach dem Leben in Siebenbürgen und auch weshalb sein Großvater diesen Wunsch letztendlich aufgab.

Die Hoffnung auf eine Rückkehr in die alte Heimat zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Arnims Großvater. Nachdem der Zweite Weltkrieg die Grenze Rumäniens erreichte, wurde die Idylle in Obereidisch zunehmend zerstört. Thomas’ Brüder zogen in den Krieg, er selbst musste früh viel Verantwortung auf dem Hof übernehmen. Viele Dinge, die ansonsten nur abstrakt bleiben und einen höchstens im Geschichtsunterricht berühren, hat Thomas selbst miterlebt. Die Familie eines jüdischen Freundes wurde in ein Lager geschafft, das er mit der Levente, dem ungarischen Äquivalent der Hitlerjugend, bewachen sollte. Nur noch ein bisschen Brot und Schinken konnte Thomas beisteuern. Mit dem Einzug der Russen floh dann das Dorf geschlossen nach Westen und die Menschen mussten nicht nur ihre Habseligkeiten zurücklassen, sondern auch ihr Zuhause.

Schon hier zeichnet sich ab, dass Thomas’ Entscheidungen sehr stark von äußerlichen Rahmenbedingungen abhingen und er nur wenig Einfluss darauf hatte. Die Erkenntnis darüber, wie fremdbestimmt doch das Leben seines Großvaters war, berührte Arnim sehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Thomas und seine Familie in Deutschland in ein Lager gesteckt und anschließend neu verteilt. Der Weg führte den Jungen nach Steinbrücken, wo er in einer Familie arbeitete, die ihn aber wie einen Sohn aufnahm. Nach dem Hungerwinter 1946/47 musste er sich allerdings entscheiden: Will er die neu gefundene Familie und Heimat behalten oder geht er mit seinen Eltern nach Reichmannsdorf in Franken, wohin inzwischen die anderen Brüder aus dem Krieg zurückgekehrt sind?

Sein Großvater habe es in jeder Situation wieder geschafft aufzustehen und weiterzumachen, berichtet Arnim. Er war ein fleißiger, pflichtbewusster und gutherziger Mensch. Er hat sich durchgebissen und seinen Weg trotz vieler Hindernisse gefunden. Die Erzählungen haben Arnim die Bedeutung eines geraden Rückgrats und einer ordentlichen Portion Optimismus verdeutlicht. Der Roman erzählt also nicht nur eine Geschichte über Hoffnungen und Träume, sondern gibt einem auch Mut weiterzukämpfen. Eine Geschichte, die sich zum Erzählen und Lesen lohnt. Am 25. September, um 14.30 Uhr, kann man den Ereignissen bei einer Lesung im Gemeindesaal Obereidisch, im Rahmen der Einweihung des renovierten Kirchturms der evangelischen Kirche, lauschen. Davor ist der Roman schon, ab der Veröffentlichung am Septemberanfang, im Landhege-Verlag erhältlich.
Mehr Informationen gibt es auf der Website: www.arnim-emrich.de