Bayreuth – Stadt der Festivals

Ein Buch über die Beteiligung von Künstlern aus Rumänien an den Jugend-Festspielen

Dass in Bayreuth alljährlich im Sommer die Wagner-Festspiele stattfinden, weiß wohl jeder einigermaßen Gebildete. Weniger bekannt ist, dass, seit 1950, im August, also zeitgleich, die Jugend-Festspiele im gleichen Ort stattfinden. Darum der Plural im Titel. Mit den Jugend-Festspielen beschäftigt sich Gheorghe Mușat in seinem neuen Buch „Bayreuth – oraș al festivalurilor. Prezențe românești“ (Bayreuth – Stadt der Festivals. Rumänische Teilnahmen), erschienen im Verlag Ecou Transilvan, 2019.

Gheorghe Mușat, erster Trompeter der Klausenburger Philharmonie und Dozent an der Musikakademie „Gheorghe Dima“, hat nach seiner Pensionierung sechs Bücher verfasst, darunter zwei über den Dirigenten Erich Bergel und eines über den Altmeister der Dirigenten, Antonin Ciolan, dessen bekannteste Schüler Sergiu Celibidache und Erich Bergel waren.

Mușat hat, zwischen 1975 und 1983, wiederholt an den Jugend-Festspielen in Bayreuth teilgenommen, zunächst als erster Trompeter in dem von Erich Bergel geleiteten Jugendorchester, dann als Dozent für Blechbläser-Kammermusik. Da sein Bruder im Westen blieb, konnte er dann nicht mehr ins Ausland reisen. Sein Interesse an diesem Festival blieb jedoch wach, und in den Jahren seiner Teilnahme sammelte er Programme, Zeitungskritiken, Briefe, Plakate usw., die er in seinem neusten Buch verwerten konnte. Jedoch kontaktierte er auch zahlreiche andere rumänische Musiker, die in verschiedener Eigenschaft – als Orchestermusiker, Chorsänger, Kammermusiker oder Dozenten – nach Bayreuth gereist waren und ihm jetzt Berichte, Fotografien, Programme u. a. zur Verfügung gestellt haben. So entstand ein hervorragend dokumentiertes Buch, vor allem über die Jahre zwischen 1975 und 1985, aber auch über die Anfänge des Festivals und seine allmähliche Entwicklung bis in die heutige Zeit.

Im ersten Teil des Buches stellt Gheorghe Mușat zunächst das große Wagner-Festival auf dem Grünen Hügel vor, seine Entstehungsgeschichte, die Sicherung der Festivalleitung durch die Familie Wagner (von Richard bis zur Urenkelin Katharina) und, unter den großen Wagner-Interpreten, den Sänger Dimitrie Popovici-Bayreuth.

Die Entstehungsgeschichte des Jugend-Festivals geht auf Herbert und Grete Barth zurück, die von Beginn an und dann jahrelang die Gesamtleitung hatten, Grete Barth auch die künstlerische Organisation. Interessant ist zu erfahren, dass das Festival ursprünglich als ein pures Musikfestival, 1950 unter der Schirmherrschaft des großen Komponisten Jean Sibelius, begann. Allmählich weitete es sich aus und erfasste auch die Gebiete Tanz, Theater, bildende Künste, Literatur u. a. Grete Barth, aus Schäßburg gebürtig, hatte in Bukarest das Konservatorium absolviert und war bei der Organisation des Festivals sehr darauf bedacht, junge Musiker aus Osteuropa in Bayreuth zu haben, zumal diese musikalisch sehr gut vorbereitet waren. Dass bis zu ihrem frühen Tod (1984) besonders viele Musiker aus Rumänien eingeladen wurden, war sicher vor allem ihr zu verdanken, aber auch Erich Bergel, der die Orchesterkurse zwischen 1974 und 1980 leitete und, als ehemaliger Dirigent in Klausenburg, besonders junge Musiker aus Rumänien förderte. Auch der bekannte Dirigent Cristian Mandeal kam über diese Schiene nach Bayreuth und dirigierte zusammen mit Bergel eines der Abschlusskonzerte. Gerade diese Konzerte waren unter der Leitung von Bergel aufsehenerregende Musikereignisse, die von der Presse entsprechend gewürdigt wurden. So ist es nicht verwunderlich, dass der Autor den Musikern Grete Barth, Erich Bergel und Cristian Mandeal besonderes Augenmerk schenkt und auch Auszüge aus dem Briefwechsel veröffentlicht. Unter den Dozenten wird dann besonders der deutsche Trompetenvirtuose Adolf Scherbaum gewürdigt, der 1976 die Kammermusikkurse für Blechbläser geleitet hatte und Gheorghe Mu{at als seinen Assistenten annahm. Im nächsten Jahr übernahm dann Gheorghe Mușat selbst die Leitung dieses Kurses. Scherbaum konzertierte wiederholt in Rumänien und war Träger der „Albert-Schweitzer-Friedensmedaille“.

Im Buch gibt es zahlreiche Listen mit den Beteiligten an den Jugendfestspielen, der Orchester, Chöre und Kammermusikenembles, die im Laufe der Zeit in Bayreuth aufgetreten sind, darunter, aus Rumänien, das Voces-Streichquartett, Musikensembles unter der Leitung von Paul Staicu, Ovidiu Bălan, Sabin Pautza, Ion Baciu, zahlreiche Kammermusikensembles u. a. Hervorzuheben ist noch, dass Grete Barth in Franken auch Konzerttourneen vor allem für die osteuropäischen Musikensembles organisiert hat, sodass diese in zahlreichen Städten auftreten und ihre Kunst zeigen konnten. Diese Tourneen, sowie die Tatsache, dass bei jedem Jugend-Festspiel Hunderte junger Künstler aus West- und Osteuropa, aber auch aus Amerika, Afrika und Asien, teilgenommen haben und teilnehmen, unterstreiche die völkerverbindende Rolle dieser Treffen.

Das reich bebilderte Buch, mit einem Geleitwort von Hans Bergel, gibt, durch die zahlreichen Programme und Namenslisten, dem interessierten Leser auch die Möglichkeit, selbst Statistiken zu erstellen und sich selbst ein Bild vom Wert dieses Festivals der Jugend zu machen.