Dokumentarfilmfestival „One World Romania” jährt sich zum sechsten Mal

„Shoah“ wird in Anwesenheit des Regisseurs Claude Lanzmann in Bukarest gezeigt.

Die sechste Auflage des Dokumentarfilmfestivals „One World Romania” beginnt am 11. März und dauert eine Woche. Das in Bukarest stattfindende Festival ist den Menschenrechten gewidmet und wird heuer im Andenken an Vaclav Havel organisiert, dem tschechischen Schriftsteller und Politiker, der vor 16 Jahren das Festival in Prag initiiert hat.

Die Produktionen beinhalten als Hauptthema Hass und Intoleranz. Die ungefähr 50 Dokumentarfilme, die zumeist erstmalig in Rumänien gezeigt werden, wurden thematisch in Sektionen eingeteilt, wie zum Beispiel Rechtsstaat, Propaganda und Manipulation, Diskrimination von Behinderten in der Gesellschaft beziehungweise deren Integration in diese.

Abgesehen von den Filmvorführungen werden im Rahmen des Festivals auch Workshops über die Produktion von Dokumentarfilmen und Debatten organisiert. Als Redner eingeladen ist unter anderem Andrea Kuhn, Leiterin des Filmfestivals in Nürnberg und Präsidentin der Organisation Human Rights Film Network, die ein Seminar zum Thema Vermarktung der Dokumentarfilme hält. Der spezielle Gast des diesjährigen Festivals ist der dänische Dokumentarfilm-Regisseur Jon Bang Carlsen.

Mehr als die Hälfte seiner Filme (unter anderem „Ich bin auch ein Berliner”, „How to invent reality”, „Addicted to solitude”, „Purity beats everything”) werden im Rahmen einer Rückschau gezeigt. Außerdem erhält das Publikum auch die Gelegenheit, sich über die ausgestrahlten Produktionen mit dem Regisseur auszutauschen.

Ein anderer Höhepunkt des Festivals ist die Projektion des Dokumentarfilms „Shoah“ (Regie Claude Lanzmann, 1985) an zwei Abenden, eine 550-minütige Produktion, in der Zeitzeugen der Judenvernichtung befragt werden. „Shoah“ wurde in einer Zeitspanne von elf Jahren (1974 bis 1985) gefilmt und gilt als der wichtigste Film aller Zeiten über den Holocaust. Am 9. und 10. März wird er in Anwesenheit des Regisseurs im Elvira-Popescu-Saal des Französischen Instituts gezeigt.

Dieses Jahr wird zum ersten Mal ein symbolischer Preis vergeben. Eine aus Jugendlichen gebildete Jury entscheidet über den Gewinner. Es ist eine erzieherische Initiative seitens der Organisatoren, die den Zweck hat, die Jugendlichen zu ermutigen, ihre eigene Meinungen zu äußern und aktiv in der Gesellschaft zu werden, damit sie staatsbürgerliche Kompetenzen entwickeln.

Im Rahmen des Festivals zeigt das Goethe-Institut drei deutsche Produktionen und Koproduktionen: „Revision”, „Sofia’s last ambulance“ und „Anatomie des Weggehens“. Der Dokumentarfilm „Revision” (2011) des Regisseurs Philip Scheffner erzählt die Geschichte von zwei aus Rumänien stammenden Roma, die 1992 in Deutschland bei der Überquerung der Grenze erschossen wurden, da sie anscheinend von Jägern mit Wildschweinen verwechselt wurden.

Das Urteil des Prozesses lautet „nicht schuldig” und Filmemacher Philip Scheffner versucht zwei Jahrzehnte danach die Tat zu analysieren. „Sofia’s last ambulance“ (2012, Regie Ilian Metev) ist eine bulgarisch-deutsch-kroatische Koproduktion, die innerhalb dreier Jahre gefilmt wurde und drei Ambulanzärzte in Sofia vorstellt. „Anatomie des Weggehens“ (2012, Regie Şerban Oliver Tătaru) ist ein autobiografisch geprägter deutsch-rumänischer Dokumentarfilm, dessen Regisseur seine Ausreise 1989 aus Rumänien und deren Folgen thematisiert.

Des Weiteren wird in der Sektion „Aufstand Tag für Tag“ der Film „Forbidden Voices“  der Zürcher Regisseurin Barbara Miller gezeigt. Es handelt sich um drei repräsentative Bloggerinnen, die mutig genug sind, die Misshandlungen ihrer Regierungen bekannt zu machen.

„Geschäfte in Bruxelles“ (2012, Friedrich Moser, Matthieu Lietaert) ist ein österreichisch-belgischer, politischer Doku-Thriller, der Machtstrukturen und -beziehungen unter die Lupe nimmt. Dargestellt wird eine spannende Geschichte über die Entwicklung der korporatistischen Lobby im Inneren der EU-Institutionen.

In der Sektion „Wer manipuliert wen?“  wird der Film „Big Boys gone Bananas!“ (Regie Fredrik Gertten, 2011) vorgeführt, der die Aggressionen gegen die Dokumentarfilmmacher zum Thema hat. Betont werden auch Aspekte wie Markenschutz, korporatistische Gewalt und die Einschüchterungsstrategien der Öffentlichkeitsarbeit.

Ausgestrahlt wird auch „Odessa“ (Regie Florin Iepan, 2013) ein deutsch-rumänischer Dokumentarfilm, der sich des im Jahre 1941 stattgefundenen Massakers in Odessa widmet, bei dem mehr als 20.000 Menschen (die meisten davon Juden) von rumänischen Soldaten ermordet wurden.

Eröffnet wird das Festival im Patria-Kino. Organisiert wird es vom Verein „One World Romania” und dem Tschechischen Zentrum Bukarest in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und mit der Unterstützung verschiedener Botschaften und Instituten. Die Vorführungen finden in den Kinos Eforie, Union, Corso, NCRR (Bauernmuseum) und Elvira Popescu (Französisches Institut) statt. Eine Eintrittskarte kostet acht Lei, das Abo für alle Vorführungen 70 Lei. Weitere Informationen zu den Filmen und dem Zeitplan sind auf www.oneworld.ro zu finden.