Ein Komponist bietet Einblick in sein Leben

Ein unterhaltsamer Abend mit Vasile Şirli in Temeswar

Vasile Şirli bezauberte sein Publikum mit Wort und Klang. Foto: Constantin Duma

Mit Ştefan Câlţia verbindet ihn eine alte Freundschaft, aus der Schulzeit in Temeswar. So kam vor Kurzem das Frage-Antwort-Spiel des gebürtigen Warjascher Komponisten Vasile Şirli, der sich im Ausland vielleicht noch größerer Bekanntheit erfreut als in Rumänien, im Rahmen der Ausstellung „Ştefan Câlţia – Orte“ nicht von ungefähr. Der barocke Prunksaal des Temeswarer Kunstmuseums bot einen edlen Rahmen dazu.
Der Komponist erwies sich als ein wahrer Hexenmeister des Wortes, der sein Auditorium mit Erzählungen aus dem eigenen Leben und musikalischen Untermalungen im Banne hielt, mit Fragmenten, die aus seiner fürs Theater geschriebenen Musik entstammten.

Erinnerungen an Kindheit und Jugend in Warjasch/Variaş, dann in Temeswar, die Jahre in Bukarest und schließlich der Entschluss, sich in Frankreich niederzulassen – Vasile [irlis Biografie hat alle 18-19 Jahre einen entscheidenden Wandel erfahren, eines vereint aber alle Etappen: die Leidenschaft zur Musik. Klänge und Geräusche haben den Banater schon in der Kindheit beschäftigt: das Surren der elektrischen Drähte, das beim Öffnen des Fensters im Pendlerzug hörbar war, hat ihn auch später verfolgt, der Komponist nahm es mit und fädelte es Jahre später in die Inszenierung „Platonov“ in der Regie von Alexandru Dabija in Hermannstadt/Sibiu ein. Auch die in Temeswar besuchten Opernvorstellungen haben Spuren hinterlassen: „Es waren immer Bilder von ganz oben, alle schienen so klein auf der Bühne.“

Die Erinnerungen an den Kommunismus waren ungeschminkt: „Die Musiklehrerinnen waren in den Anfangsjahren des Kommunismus oft Frauen, die eine edle Erziehung erfahren hatten und deren Männer nun im Gefängnis waren, also mussten sie das Geld verdienen. Später brachten die LKW-Fahrer uns die Musik aus dem Ausland“, erinnert sich Şirli. Aber auch die Freude an dem Radio und vor allem an Hörspielen ist in Erinnerung geblieben, es waren eben die „Radio Days“.

Die sechs Monate Militärdienst sind überraschenderweise eine sehr fruchtbare Periode gewesen: „Ich habe damals zig Lieder komponiert, für alle Gedichte, die mir in die Hand fielen, habe ich Melodien geschrieben“.
Die Jahre in Bukarest waren noch mehr vom Kommunismus geprägt: die Zensur war der sehr konkrete, eisige Einschnitt in die Kreativität der Theaterleute. Aber die Zusammenarbeit mit großen Regisseuren des Moments und die nicht wenigen Versuche, durch das Theater dem Regime eines auszuwischen, machten den Genuss der damaligen Zeit aus.

„Die Musik kann ein virtuelles Dekor entstehen lassen, kann einen an die Hand nehmen und irgendwohin führen. Die Möglichkeit, ein Bild aus Klängen entstehen zu lassen, ist nicht theoretisch, sondern durchaus praktisch. Die Musiksprache muss man jedoch beherrschen, um daraus das zu machen, was man will.“ Aus [irlis Aussagen sprach immer wieder die Beschäftigung mit der Musik auf einem ganz hohen Niveau, auch wenn er nach einer Selbstanalyse sagt: „Als Komponist bin ich ein großer Mogler.“

Als Musikdirektor des berühmten „Disneyland Paris“ ist Vasile Şirli ganz in eine bunte und sehr dynamische Welt eingespannt. Das Wichtigste bei seiner Arbeit für Disneyland ist aber, seiner Ansicht nach, „die Genauigkeit im Detail, die Erfüllung der hohen Ansprüche“: „Es gilt nicht: Lass nur, es geht auch so! Es geht um die Selbstachtung. Warum cremt man sich die Schuhe ein, bevor man nach draußen in den Dreck geht? Weil ich mich selbst respektiere!“

In diesem Herbst ist Şirli nach Temeswar gekommen, um mit dem Starregisseur Silviu Purcărete an der jüngsten Premiere am Deutschen Staatstheater Temeswar zu arbeiten, einer Koproduktion mit dem Ungarischen Theater „Csiky Gergely“: „Moliendo Café“. „Die Musik habe ich in diesem Falle vor den Proben geschrieben, aber das ist von einem Projekt zum anderen unterschiedlich“, erklärte Şirli. Die Zusammenarbeit mit den Regisseuren besteht aus einer Interaktion, die „Fragen und Antworten wie auch Momente der Ruhe“ beinhaltet.

Şirli könnte man vielleicht bald wieder in Temeswar antreffen: „Ich kehre oft nach Rumänien, nach Temeswar zurück, nicht weil der Domplatz, sondern weil die Menschen hier sehr schön sind.“