Ein kurzes Leben voller Musik

Abschied vom Banater Konzertmeister und Violinlehrer Harald Christian

Harry Christian als Dozent der Musikwoche Löwenstein

Am 18. September 2015 ist nach kurzer schwerer Krankheit der Augsburger Geiger und Musikpädagoge Harald Christian viel zu früh im Alter von 56 Jahren gestorben. Christian, ein gebürtiger Banater, hinterlässt eine große Lücke an den Orten seines Wirkens: der Augsburger Musikschule, dem Domorchester, als langjähriger Dozent der Musikwoche Löwenstein, als Kammermusiker, der sich in zahllosen Konzerten nicht zuletzt um die Pflege der deutschen Musikkultur Südosteuropas verdient gemacht hat.

Dass er tiefe Spuren in der Musikwelt – nicht nur Augsburgs – hinterlassen hat, sah man schon beim Requiem im Augsburger Dom, wo alle Plätze belegt waren. Darunter viele seiner ehemaligen Schüler, Freunde und auch zahlreiche Banater Landsleute, so auch von der Heimatortsgemeinschaft Neubeschenowa, bei deren Treffen Harald Christian samt seiner Familie regelmäßig für die musikalische Umrahmung sorgte.

Harry Christian wurde 1959 in Neubeschenowa (Banat) geboren. In Temeswar ist er in die berühmte Violinistentradition eines Josef Brandeisz und Eugen Cuteanu hineingewachsen und erhielt ein Jahr lang Unterricht von Dr. Hans Fernbach. Nach seiner Auswanderung verbrachte er die Zeit seines Musikstudiums an der Musikhochschule München bei Professor Gerhard Hetzel sowie an der Musikschule Stuttgart bei Professor Susanne Lautenbacher. Nach dem Studium wurde er beim Kammerorchester Aix-en-Provence in Frankreich Konzertmeister und war seit 1987 als Geigenlehrer und Orchestermusiker in Augsburg tätig. Ab 1995 unterstützte er jährlich als Dozent die Löwensteiner Musikwoche und engagierte sich als Konzertmeister der „Neuen Schwäbischen Symphonie“.

Harald Christian war 30 Jahre Mitglied des „Augsburger Streichquartetts“, mit dem er an zahlreichen Tourneen in wichtige Kulturzentren Europas teilnahm. Neben Film- und Rundfunkproduktionen wirkte er bei Uraufführungen und Einspielungen zahlreicher zeitgenössischer Werke mit. So erklang auch u. a. das große Streichquartett des Temeswarer Komponisten Franz Limmer im Rahmen eines Konzertes in Löwenstein. Bei mehreren Konzerten und Kulturveranstaltungen der Landsmannschaft der Banater Schwaben hat er als Musiker gemeinsam mit seiner Familie mitgewirkt. 2005 gründete und leitete er einen jährlich stattfindenden Kammermusikkurs für Jugendliche in Montemassi in der Toskana. Er war auch als Juror beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ tätig. Schüler seiner Violinklasse sind Preisträger im Regional-, Landes- und Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“.

Die Aufzählung dieser Lebensstationen, die lediglich Schlaglichter eines reichen Musikerlebens sind, machen nur ungenügend deutlich, wie sehr Harald – Harry – Christian Menschen und das Musizieren in seiner Umgebung geprägt hat. Als er 1995 mit seiner Frau, der Pianistin Liane Christian, als Dozent zur Musikwoche Löwenstein der Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa stieß, war das für die traditionsreiche Veranstaltung, die mittlerweile 30 Mal stattgefunden hat, ein großer Glücksfall.

Bei Kammerkonzerten etwa in Heilbronn und Gundelsheim brachte das Ehepaar zu zweit oder mit anderen Dozenten der Musikwoche eine große Zahl von Werken deutscher Komponisten aus dem Südosten Europas zur Aufführung. Harry Christian war Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa und bei der Vorbereitung auf die großen Abschlusskonzerte der Musikwoche eine unersetzliche Stütze der wechselnden Dirigenten. Seine Musik lebt in seinen unzähligen Schülern und seinen beiden Kindern weiter: Sarah Christian ist inzwischen eine gefeierte Violinsolistin (sie trat u. a. auch gemeinsam mit den philharmonischen Orchestern in Temeswar und Hermannstadt auf), Oliver Christian ein sehr talentierter Trompeter, der zurzeit an der Musikhochschule in Hamburg studiert. Harald Christian war mit seinem freundlichen, entspannten und doch stets voll der Sache verschriebenen Wesen ein Vorbild für viele Menschen.