Erfolgstrend des rumänischen Films hält an

Rückblick auf die Retrospektive „Filmland Rumänien in Berlin“

Die aus Bukarest stammende Berlinerin Irene Rudolf (l.), Kuratorin der Filmreihe: „Rekonstruktion: Filmland Rumänien“, mit Bianca Oana, Produzentin des auf der BERLINALE 2019 ausgezeichneten Films „Touch Me Not“ im „Zeughauskino“. Foto: Berndt Brussig

Im März war Rumänien mehrfach präsent in Berlin, sowohl touristisch als auch auch filmkünstlerisch: Auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin ITB Berlin, wo 45 rumänische Tourismusunternehmen, darunter allein 12 aus Siebenbürgen, ihre neuesten Angebote den internationalen Tourismusexperten sowie den Reiseinteressierten vom 6. bis 10. März vorstellten. Und den gesamten März über war das Filmland Rumänien mit rund 20 Filmen im „Zeughauskino“ im Herzen Berlins im Rahmen der Retrospektive „Filmland Rumänien in Berlin“ präsent. Es war bereits die 4. Edition dieser Filmreihe im „Zeughauskino“, das kein kommerzielles Großkino ist, sondern ausschließlich künstlerisch anspruchsvolle deutsche und ausländische Filmwerke aufführt.

Erstmals fand diese Filmreihe 2009 statt, aus der Taufe gehoben vom Rumänischen Kulturinstitut Berlin (RKI) auf Initiative von dessen Direktor Claudiu M. Florian in Kooperation mit dem „Zeughauskino“, das eine Einrichtung des Deutschen Historischen Museums ist und sich am berühmten Boulevard „Unter den Linden“ in Nachbarschaft des Berliner Doms und des im Wiederaufbau befindlichen Berliner Schlosses befindet.
Über vier Jahre gingen ins Land, seit sich das „Zeughauskino“ das letzte Mal dem rumänischen Film zugewandt hat. Seitdem ist der Trend aufregender Filme aus Rumänien nicht erloschen. Ganz im Gegenteil: Die rumänische Kinematografie hat an Vielfalt sogar noch gewonnen.

Neben Regisseuren des ersten Aufbruchs, deren Filme nach wie vor auf den großen internationalen Festivals ihre Weltpremiere feiern und in der Filmbranche heiß begehrte Preise einheimsen, sind neue Filmemacherinnen und Filmemacher getreten. Allerdings: Leider unverändert ist nach wie vor die eingeschränkte Präsenz des rumänischen Films in kommerziellen Kinos und auf TV-Sendern, sodass sich die eigentliche Brisanz und der Reichtum sowie Originalität und Vitalität des Filmlandes Rumänien in Deutschland nicht voll erschließt.

Deswegen war das Inte-resse der Besucher der Retrospektive „Filmland Rumänien“ besonders groß, außergewöhnliche Produktionen der letzten vier Jahre zu sehen, die in den ersten drei Editionen dieser Filmreihe begonnenen Werk-, Stil- und Motivgeschichten zu erschließen.

Die neuerliche Filmreihe brachte zum Beispiel die beiden Fußballfilme des Regisseurs Corneliu Porumboiu, „Al doilea joc“ (Das zweite Spiel), die Gedanken- und Stilexperimente eines großen Spielstrategen, mit seinem 2015 entstandenen Spielfilm „Comoara“ (Der Schatz) zusammen.

Der Regisseur und Drehbuchautor Radu Jude war mit vier Filmen vertreten, die einen für die rumänische Gegenwartskultur bedeutsamen Positionswechsel prägnant vollziehen: Vom historischen Western „Aferim“ führt eine konsequente Auseinandersetzung zum aufkommenden Faschismus mit den Filmen wie „Inimi cicatrizate“ (Vernarbte Herzen) und seinen historischen Dokumentarfilm „Țara moartă“ (Das tote Land). Nicht zuletzt zu erwähnen die Reenactments der jungen Theaterregisseurin Mariana Marin, großartig gespielt von Ioana Iacob, im Film „Imi este indiferent dacă vom intra în istorie ca barbari“ (Es ist mir egal, wenn wir in die Geschichte als die Barbaren eingehen). Sie stellt den offiziell gefeierten nationalen Mythos zu Lasten verdrängter Historie in den Fokus der spannenden Filmhandlung, die am Filmende ins grotesk Politische kippt.

Alle mit der jüngsten Filmreihe präsentierten Werke sind es wert, in diesem Bericht hervorgehoben zu werden, einschließlich des Engagements Filmschaffender Rumäniens, die extra nach Berlin angereist waren, um unmittelbar nach der Filmaufführung in einen Dialog mit Zuschauern zu treten, etwa die Produzentin des in Rumänien kontrovers diskutierten und auf der BERLINALE 2018 ausgezeichneten Films „Touch Me Not“ (Berühre mich nicht) in der Regie von Adina Pintilie. Die Zuschauer applaudierten herzlich, waren sich aber nicht sicher, ob man Intimität und Sexualität so direkt darstellen könne. Die Produzentin Bianca Oana plädierte dafür, dass Offenheit und Ehrlichkeit in den Beziehungen zwischen den Menschen und für deren Glücksanspruch auch in dieser Form filmkünstlerisch dargestellt werden sollten. Damit auch kommerzielle Kinos und TV-Sender diesen freizügigen Film in das Programm aufnehmen können, werde das Studio demnächst eine „kreative Schere ansetzen“, also einige Sequenzen der Schere opfern. Überhaupt werde an diesem Filmprojekt, das 2010 begann und Prozesscharakter habe, weitergearbeitet. In diesem Sinne dürfen sich die Berliner Fans des Filmlandes Rumänien auf neue Filmwerke der 5. Edition dieser Filmreihe, die hoffentlich schon in zwei Jahren wieder stattfindet, freuen.