Eventreihe bringt Weltraum zum Anfassen nah

Schüler, Lehrer und breite Öffentlichkeit erkunden den Kosmos

Der Leiter des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF) Dr. Gernot Grömer hat sich mit Lenau-Grundschülern zum Thema „Weltall“ unterhalten. Foto: Andreea Oance

Ein Meteorit geht von Hand zu Hand. „Das ist vielleicht das älteste Material, das ihr jemals mit euren Händen bisher angefasst habt“, sagt der österreichische Astrophysiker Gernot Grömer, Leiter des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF), Analog-Astronaut und Fernsehmoderator. Am heutigen Vormittag ist er zu Gast in der großen „Nikolaus Lenau“-Schule. Im Festsaal sitzen, voller Aufregung, mit funkelnden Augen und zahlreichen Fragen, Viertklässler der deutschsprachigen Lenau-Schule und ihre beiden Lehrerinnen.

Der Astrophysiker erzählt über das Weltall, über Sternschuppen, Mond und Mars sowie interessante Fakten zum Leben in der Weltraumstation. Er hat den Schülern aber auch ein Stück „Weltraum zum Anfassen“ mitgebracht. Er lässt somit das Stück Meteorit durch die Runde im Saal gehen und zwei Schüler versuchen, sich mit speziellen Testhandschuhen, die Teil eines Raumanzugs sind, ihre Schnürsenkel zu binden.
„Gibt es Wasser auf dem Mond?“ „Wie sind denn die Löcher auf dem Mond entstanden?“ „Wie trainiert ein Astronaut für eine Mission?“ „Warum wollen wir auf den Mars?“ „Wie isst oder schläft man in einer Rakete?“ „Woher nehmen sich die Rover ihre Energie?“ „Waren

Sie, Herr Grömer, denn schon auf einem anderen Planeten?“ – Die Kinder haben Hunderte von Fragen. Mit viel Geduld und Humor gibt Dr. Gernot Grömer allen eine Antwort. Der Wow-Effekt seiner Erzählungen, der vermittelten Fakten und tastbaren Objekte ist im Festsaal der Lenau-Schule garantiert. Die Stunde scheint zu kurz, um die vielen Fragen der kleinen Neugierigen zu beantworten. Ob sie noch mehr über den Weltraum erfahren wollen? „Ja, klar! Ich stelle mir sogar vor, daraus einen Beruf zu machen“, sagt die Viertklässlerin Sofia Maria Ciorica fest überzeugt. 

„Ich berühre die Zukunft, weil ich unterrichte – das ist ein tolles Zitat von Christa McAuliffe. Sie war Lehrerin und Austronautin in den USA, ist aber in den 80ern bei der Challenger-Katastrophe ums Leben gekommen. Das ist genau die Situation, die wir hier haben. Wir gehen davon aus, dass der Mensch, der einen ersten Schritt auf den Mars setzt, jetzt schon geboren ist, das heißt vielleicht jetzt gerade in die Grundschule in Temeswar geht, vielleicht sogar heute in der Gruppe anwesend ist. Wer weiß? So gesehen darf ich den jungen Menschen ein kleines Sneak-Preview anbieten, auch für die Zukunft. Und vielleicht resoniert das bei dem einen oder dem anderen, wenn sie später bei der Wahl ihres Studiums, ihres Berufes, dann vielleicht in diese Richtung gehen, sich im Weltraum zu engagieren“, sagt Dr. Gernot Grömer, der Leiter des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF), im Anschluss an das Treffen mit den Lenau-Schülern. 

Valeria Staszny ist Grundschullehrerin der Klasse 4 A an der Lenau-Schule. Sie nimmt ebenfalls gespannt an der Begegnung mit Gernot Grömer teil. „Als ich die Einladung bekam, wusste ich nicht, was ich erwarten sollte, war aber sehr gespannt. Es gehört ja nicht zum Alltag, einem Astrophysiker zu begegnen. Es war sowohl für die Kinder, als auch für mich sehr spannend, interessant und sehr lehrreich. Die Art und Weise, wie Herr Grömer auf die Kinder zugegangen ist, war faszinierend und die Kinder konnten die Informationen gut verstehen und verarbeiten. Man merkte an ihren Fragen, dass er ihr Interesse und ihre Neugier geweckt hat. ´Der Weltraum´ ist ein Thema, das wir schon in der Vorbereitungsklasse ansprechen, und dann jährlich darauf aufbauen. Dank des Treffens mit Herrn Grömer wird das Thema schon ungeduldig erwartet und einige Schüler haben schon ins Buch ´Unterwegs im Weltraum: Ein Reiseführer durch das Sonnensystem´ von Gernot Grömer hineingeschnuppert“, erzählt die Lehrerin.

ÖWF ist eine private Forschungsinstitution im Weltraumsektor, ein Netzwerk für Raumfahrtspezialisten, Wirtschaft/Industrie und Weltrauminteressierte. „Sie ist die wichtigste dieser Art in Österreich, wenn es um den Bereich ´Marsforschung´ bzw. ´Mars-Simulationen´ geht.

Wir fliegen inzwischen auch eigene Satelliten, haben 250 Kolleginnen und Kollegen aus über 20 Nationen, die bei uns engagiert sind, das heißt, das Österreichische im ÖWF ist eher historisch konnotiert“, erzählt ÖWF-Leiter Grömer. „Wir sind Grundlagenforscher, wir gehen in Mars-ähnliche Wüsten auf der Erde  und simulieren dort zukünftige Mars-Expeditionen. Das heißt aber auch, dass wir gerne diese Geschichten im Narrativ bringen möchten, die Erfahrungen gemeinsam mit den wissenschaftlichen Kenntnissen auch einer ganz breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, deswegen gehen wir in Schulklassen, in Kindergärten, wir betreuen Abschlussarbeiten an Universitäten, an Schulen, an Fachhochschulen u.a.; das heißt, wir versuchen, auch die Dinge, die uns selber mit Leidenschaft erfüllen, weiterzugeben. Wir sind nicht nur in Österreich tätig, sondern auch darüber hinaus, so diese Tage in Temeswar“, setzt der Astrophysiker fort. 

Dr. Gernot Grömer ist bereits zum zweiten Mal in der Bega-Stadt anwesend. Der ÖWF-Leiter war im Vorjahr von einer Gruppe von engagierten Lehrerinnen, die sich mit Herzblut in die Thematik hineingearbeitet haben, um das Thema „Weltraumforschung“ in die Schulen zu tragen, eingeladen worden. Die Mitglieder des Vereins „Inițiativă în educație“ (kurz: inEdu) haben in diesem Jahr das Projekt „Spațiul de cultură“ (Raum der Kultur) ins Leben gerufen. Das Projekt ist Teil des nationalen Kulturprogramms „Temeswar – Europäische Kulturhauptstadt 2023“ und wird durch das Förderprogramm „Grow Timișoara 2023“ vom Projektezentrum Temeswar mit Geldern vom Kulturministerium finanziert. Das Projekt setzt sich gerade damit auseinander, Kultur und Weltraumforschung den Schülern und Lehrkräften in der Bega-Stadt näher zu bringen. Eine Reihe von Veranstaltungen, interdisziplinäre Bildungskontexte mit kulturellen, künstlerischen und wissenschaftlichen Inhalten, wurden bisher in diesem Jahr organisiert. „Das Thema des Projekts ist der kosmische Raum, der uns zur Entdeckung eines wahren kulturellen Universums führt. Somit haben wir neulich zum Anlass der internationalen Weltraumwoche vom 4. bis zum 10. Oktober auch die Ausstellung für Groß und Klein „Cosmoteca de Semne spa]iale“ im Banater Nationalmuseum eröffnet und zum Anlass des Banater Lehrertags eine Begegnung mit Lehrkräften innerhalb der internationalen Konferenz `Teach with Space´ zu diesem Thema organisiert“, sagt Andrada Mazilu, die Vorsitzende des inEdu-Vereins.

Die internationale Konferenz bedeutet auf Deutsch so viel wie „Mit Weltraum unterrichten“ und wurde vom inEdu-Verein zusammen mit der West-Universität Temeswar in die Wege geleitet. Das Ereignis fördert Konzepte in der Weltraumwissenschaft, die darauf abzielen, das Interesse an MINT-Aktivitäten (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) durch die Entdeckung von Bildungsmethoden und -ressourcen, Kurse und den Austausch von nationalen und internationalen besten Praktiken zu steigern. „Die Teilnehmer hatten dabei die einmalige Gelegenheit, mit inspirierenden Wissenschaftlern in Kontakt zu treten, die dazu beitragen, naturwissenschaftliche Disziplinen in rumänischen Schulen auf praktische Art und Weise zu integrieren, was dem Alter und den Bedürfnissen der Schüler gerecht wird“, erzählt die Lehrerin Andrada Mazilu, Koordinatorin des Projekts. 

Die internationale Konferenz umfasste somit Plenarvorträge, Panels, Diskussionen und Bildungsworkshops für Lehrerinnen und Lehrer aus Vorschulen, Grundschulen, Sekundarschulen und Lyzeen. Die Teilnehmer konnten sich mit Fachleuten und Wissenschaftlern aus verschiedenen Bereichen aus dem In- und Ausland austauschen und an den von ihnen geleiteten Workshops teilnehmen, darunter auch mit Gernot Grömer vom Österreichischen Weltraumforum, mit Rosa Doran, Präsidentin von NUCLIO – dem „Interactive Centre for Astronomy and Innovation in Education“ in Portugal, Adelina Machado und Cristina Stancu von den „European Space Education Ressource Offices“ (ESERO) Portugal und Rumänien oder Sarah Roberts, Direktorin von „Education Faulkes Telescopes“ im Vereinigten Königreich.

„Von der Schule zum Mars - eine Bildungsreise“ hießt der Workshop, den Dr. Gernot Grömer in deutscher Sprache für Grundschul-/Allgemeinschul-/Lyzeumsschullehrerinnen der „Nikolaus Lenau“-Schule gehalten hat. Die rund 280 Teilnehmer am Projekt „Teach with Space“, die aus vielen weiteren Schulen gekommen sind, konnten sich auch an weiteren Workshops beteiligen, darunter an: „Der Weltraum - Experimente im Klassenzimmer“, „Das Universum im Klassenzimmer erforschen“ oder „Teach with Space from Earth“, d.h. „Von der Erde aus mit dem Weltraum unterrichten“.

Gernot Grömer hat Astrophysik in Innsbruck studiert. Mit einem Background als Sanitäter beim Roten Kreuz war er der perfekte Kandidat für die amerikanische Mars Society, die 2002 eine weltweite Ausschreibung lanciert hat. Unter dem Titel „Hard Work, No Pay, Eternal Glory“ („Harte Arbeit, kein Lohn, ewiger Ruhm“) hat man einen Astrophysiker mit einem notfallmedizinischen Background gesucht. So wurde Gernot Grömer in die Crew aufgenommen. 2003 hatte er schon die erste Mission. Seitdem hat er 14 Expeditionen entweder geleitet oder war Teil der Crew. 

 

*** Dieser Beitrag wurde durch die Finanzierung „Energie! Kreative Stipendien”, die von der Stadt Temeswar über das Projektezentrum im Rahmen des nationalen Kulturprogramms „Temeswar - Kulturhauptstadt Europas 2023” gewährt wurden, verfasst. Die Erstellung gibt nicht unbedingt den Standpunkt des Projektezentrums der Stadt Temeswar wieder und das Zentrum ist nicht verantwortlich für den Inhalt des Beitrags oder für die Art und Weise, wie dieser verfasst wurde.