Hightech zum Schutz der osmanischen Teppiche

Forschungsprojekt zur Dekontamination historischer Textilien in siebenbürgisch-sächsischen Kirchen

Die Teppichsammlung der Schwarzen Kirche ist weit über die Grenzen des Landes bekannt. Foto: Árpád Udvardi

Die berühmte Sammlung von 365 osmanischen Teppichen der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien ist Gegenstand eines innovativen Forschungsprojekts. Die evangelische Kirchengemeinde in Kronstadt und die PAZ Laboratorien für Archäometrie (Bad Kreuznach/Deutschland) entwickeln in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut IPK (Berlin) ein zerstörungsfreies und materialschonendes Verfahren, durch das die wertvollen Teppiche von umwelt- und gesundheitsgefährdenden Schadstoffen befreit werden. Das Projekt wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt mit 120.000 Euro gefördert und hat eine Laufzeit von 18 Monaten.

In der ersten, zwischen Herbst 2013 und Sommer 2014 durchzuführenden Projektphase werden die Teppiche auf den Schadstoffgehalt, z. B. unter Anwendung der mobilen Röntgenfluoreszenzanalyse, untersucht. Darauf aufbauend, soll ein praxisreifes Verfahren entwickelt werden, durch das die historischen Textilien von Schadstoffen und anthropogen verursachten Verschmutzungen befreit werden können, ohne dass das Kulturgut selbst beschädigt wird.

Das Projekt hat für Konservierungswissenschaften und Denkmalpflege auf internationaler Ebene hohe Relevanz. Biozide wie Pentachlorphenol (PCP), Hexacyclohexan (Lindan) oder Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) gehören zu einer Gruppe chemischer Wirkstoffe, die seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in der vorbeugenden Konservierung verwendet wurde, um Kulturgüter in Museumssammlungen vor Ungeziefer, Schadinsekten und Mikroorganismen zu schützen. Zu ihrer Zeit als unbedenklich eingestuft, ist die lange Wirkungsdauer ihrer gesundheits- und umweltgefährdenden Eigenschaften inzwischen nachgewiesen. Besonders Objekte aus organischen Substanzen, wie sie größtenteils in ethnologischen und naturkundlichen Museen vorliegen, wurden während des 19. und 20. Jahrhunderts mit Bioziden behandelt und stellen für die Gesundheit des Museumspersonals eine akute Gefahrenquelle dar. Einige der Schadstoffe gehen im Lauf der Zeit in ihre kristalline Form über und schädigen die Materialienstruktur. Seit die Problematik verstärkt in das Bewusstsein der Fachwelt gerückt ist, haben zahlreiche Museen Untersuchungen zur Schadstoffbelastung an den eigenen Sammlungsobjekten angestoßen, um adäquate Maßnahmen für den Arbeitsschutz und den Erhalt der Objekte zu treffen.

Das Kronstädter Projekt ist Teil der traditionsreichen Bemühungen der Evangelischen Kirche A. B. Kronstadt um den professionellen Erhalt ihres Kulturerbes. Bereits in den 1980er Jahren waren hier zwei Restaurierungswerkstätten der evangelischen Landeskirche A. B. angesiedelt: eine für Altarretabel, die andere für die osmanischen Teppiche. Osmanische Teppiche des 16. bis 18. Jahrhunderts haben sich nicht nur in Kronstadt, sondern auch in zahlreichen anderen Kirchengemeinden der Siebenbürger Sachsen in erheblicher Zahl erhalten. Es handelt sich um den größten außerhalb der Türkei existierenden Bestand dieser Art. Die Teppiche gelangten zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert als Stiftungen der Gemeindemitglieder und Zünfte in die Kirchen und wurden dort als Repräsentationsobjekte im Rahmen von Kasualhandlungen wie Hochzeits- und Begräbnisfeiern benutzt. Zum überwiegenden Teil dauerhaft in den Kirchenräumen ausgehängt, wurden sie zum Schutz gegen Schädlingsfraß mit Bioziden behandelt.

Seit 2008 gingen von der Kronstädter Kirchengemeinde wieder verstärkt Initiativen zum Erhalt der osmanischen Teppiche aus. In den Jahren 2009-2010 wurde eine Zustandsaufnahme aller 365 Teppiche in siebenbürgisch-sächsischen Kirchengemeinden durchgeführt. In deren Rahmen wurde die Biozidkontamination der Teppiche durch das Studium von Archivdokumenten festgestellt. Anschließend wurde ein Konzept zur landesweiten Pflege und zum Erhalt der Teppiche in den evangelischen Kirchen entwickelt. 2010 lud die Kronstädter Kirchengemeinde zu einer Fachkonferenz ein, in deren Rahmen die Erhaltungsproblematik einem Gremium aus international anerkannten Experten vor Ort bekannt gemacht wurde. Seitdem unterstützen diese Spezialisten die Kirchengemeinde bei der Erarbeitung und Umsetzung von Konservierungsmaßnahmen. Zu den erarbeiteten Maßnahmen gehört auch das aktuelle Forschungsprojekt.