Märchen aus dem Banat

Buch der Ethnografin Otilia Hedeşan erschienen

Vier Kinder haben vier ausgewählte Märchen in der Aula der Universitätsbibliothek Temeswar vorgelesen: Das Buch „Basme din Banat. Lecturi postcanonice“ (Märchen aus dem Banat. Postkanonische Lektüren) ist vor Kurzem im Verlag der West-Universität Temeswar erschienen. 25 Märchen hat Otilia Hedeşan in diesem Band veröffentlicht. Damit verwertet sie das Archiv, das sechs Forscher zusammengetragen haben – Ovidiu Bîrlea, Vasile Tudor Creţu, Ioan L. Hedeşan, Gabriel Manolescu, Mihai Pop und Ion I. Popa. Damit hat sie diese Erzählungen, die in der Zeitspanne 1965-1975 auf Tonband aufgenommen wurden, vor dem Vergessen und vor dem Zahn der Zeit gerettet. Es handelt sich vorwiegend um Texte, die dem Folklorearchiv der West-Universität angehören, aber auch um einige aus dem Privatarchiv. Die Forscher hatten Dorfbewohner aufgefordert, „Märchen zu erzählen“. Zusammen kamen Erzählungen, die anfangs oft für Erwachsene gedacht waren – nicht anders war es im Falle der Märchensammlung der Brüder Grimm. Die Texte wurden in acht Ortschaften aufgenommen: Armeniş, Macovişte und Sasca-Român˛ (im Kreis Karasch-Severin), Belinţ und Secaş (im Kreis Temesch) sowie Birchiş, Bodrog und Felnac (im Kreis Arad). Sie stammen aus einer Zeitspanne, als sich die Banater Dorflandschaft in einem Transformationsprozess befand, was einige der Elemente erklärt, die in den Märchen auftauchen.

Die zehn Erzähler sind: Costa Buteală, Vasile Ciosa, Costa Covaci, Mileva Damian, Rusalin Dragomir, Ioan Hedeşan, Elena Radomir, Elena Simulov, dazu kommen noch zwei unbekannt gebliebene Erzähler. Nach jedem Märchen fügt Otilia Hedeşan Kommentare an, die einen Schlüssel zur Lektüre bieten. Sie geben Aufschluss über die Personen, über moderne Elemente im Vergleich zu den alten Märchen, über das Mythisch-Magische in den Texten. Die Figuren, die diese Märchen beleben, sind die klassischen Gestalten der rumänischen Märchen, wie etwa Făt Frumos oder Feen, aber auch neue, wie Pătru aus der Erzählung „Der Mann, der zwölf Metzgereien besaß“ oder Doktor Toderaş, der so genannt wird, weil er sich neue Kleider gekauft hat und dem Märchen den Titel verleiht. Der Band spielt eine doppelte Rolle: die der Bewahrung von mündlichem Kulturgut und die der Deutung dieser Märchen für den heutigen Leser. Das Buch richtet sich an ein breites Publikum: an junge Leser, aber auch an Erwachsene, insbesondere Philologen, aber nicht nur. Es bedeutet dem Leser aus dem Banat sehr viel, denn er findet hier die Mundart wieder, aber zugleich auch für den Leser aus anderen Regionen, der an der Welt der Märchen interessiert ist.